Willst du dein Herz mir schenken
einer Bucht stehend. Es war ihr Vater. Klatschnass und ganz still auf das Wasser blickend. Sie eilte auf ihn zu, ihn immer wieder rufend, doch offenbar konnte er sie im Sturm nicht hören. Als sie schließlich neben ihm stand, zerrte sie ihn am Ärmel. »Was machst du denn hier? Wir suchen dich überall!«
Mit einem erstaunten Lächeln sah Dieter Langmuth seine Tochter an. »Ich wusste gar nicht, dass hier ein Fluss ist«, sagte er ruhig.
»Was?« Fassungslos blickte seine Tochter auf den See.
»Hier ist ein Fluss«, wiederholte ihr Vater.
»Das ist ein See, ein Fluss fließt nur hindurch«, sagte sie, immer noch perplex über seine Aussage.
Er lächelte, als er sie in ihrem Kleid betrachtete. »Du siehst ganz nass aus. Das weiße Kleid ist völlig ruiniert. Das zieht man ja aber auch nicht im Wald an.« Felicitas Hellwig, geborene Langmuth, starrte ihren Vater entsetzt an. Was sagte er denn da? Und auf einmal kroch die Angst wie eine kalte Hand hoch in ihr. Die Angst stellte ihre Nackenhaare zu Berge und ließ ihr Herz wie gelähmt eine Spur langsamer schlagen. Ihr Vater redete schon länger seltsames Zeug. Gestern wusste er nicht, wie ihr Verlobter hieß, heute Morgen hatte er vergessen, dass die Ringe im Safe lagen, und jetzt schien er nicht einmal mehr zu wissen, dass heute ihre Hochzeit war. Irgendetwas war nicht in Ordnung mit ihm.
»Lass uns zurück gehen, Papa«, sagte sie leise. Ihr Vater nickte, dann liefen sie zusammen zurück zur Burg.
Der Rest der Feier verlief nicht mehr so ausgelassen, wie er begonnen hatte. Aber da sich unter den Gästen auch zwei Mediziner befanden, einer davon ein Neurologe, begab sich der Brautvater in deren Hände und erhielt glücklicherweise eine einigermaßen beruhigende vorläufige Diagnose. Doch Genaues würde man erst in der kommenden Woche bei ausführlichen Untersuchungen erfahren.
Als Teresa nach Mitternacht etwas Ruhe hatte und die Gäste sich selbst überlassen konnte, ging sie die Stufen zu Christophers Wohnung hinunter. Sie hatte ihm Unrecht getan und wollte diesen Fehler gern wieder rückgängig machen. Er öffnete ihr auch die Tür, obwohl er sich offensichtlich gerade schlafen legen wollte. Sein Hemd war bereits ausgezogen.
»Ich hoffe, ich störe dich nicht«, begann Teresa und versuchte dabei, seinen nackten Oberkörper zu ignorieren.
Christopher schüttelte den Kopf. »Nein, ich wollte nur gerade zu Bett gehen. Was gibt es denn? Läuft alles gut da oben?«
Er klang neutral, etwas zurückhaltend und ruhig, als würde er mit einer fremden Person sprechen. Teresa sah ihn mit einem reumütigen Blick an. »Es tut mir leid, dass ich dich verdächtigt habe. Aber das war die erste Schlussfolgerung, die mir einfiel. Du warst weg und die Ringe auch. Das war ein Fehler, ich weiß. Es tut mir leid.«
Er schwieg und sah sie lediglich mit einem Blick an, aus dem Teresa überhaupt nichts lesen konnte. Sie ging einen Schritt auf ihn zu. »Ich werde dir nie wieder misstrauen. Ich verspreche es dir. Jetzt weiß ich, dass du es wirklich ehrlich meinst und dein Versprechen hältst.«
Er lächelte. »Du versprichst, dass du mir mein Versprechen glaubst? Das klingt überzeugend.«
Sie nickte und lächelte ebenfalls. »Ganz großes Ehrenwort.« Sie ging noch weiter auf ihn zu, bis sie ganz dicht vor ihm stand, beugte sich zu ihm hinauf und küsste ihn. Er nahm sie fest in seinen Arm und erwiderte ihren Kuss. Als sie sich von ihm löste, flüsterte er in ihr Ohr: »Du hast ein sehr schönes Kleid an. Ich mag Blau.«
Sie küsste seine nackte Schulter. »Ich weiß. Ich habe es auch nur für dich angezogen.«
Er zog sie etwas fester an sich. »Und es betont deinen schlanken Körper«, flüsterte er, dann küsste er ihren Hals. Teresa antwortete nicht, sondern genoss das Gefühl seiner Lippen auf ihrer Haut. Seine Hand strich über die Rundungen ihres Körpers. »Willst du ein Glas Wein?«, fragte er leise in ihr Ohr. Teresa nickte.
In diesem Moment ertönte ein lautes Klopfen an der Burgtür. Kam etwa noch ein verspäteter Hochzeitsgast?
Statt zur Hausbar gingen Teresa und Christopher also nach oben zum Eingang, wo eine Frau mit zwei großen Koffern stand. Sie hatte ein knallenges, ebenfalls blaues Kostüm an, trug ihre pechschwarzen Haare in einem Knoten im Nacken. Sie sah umwerfend aus, soweit Teresa das in der Dunkelheit aus der Entfernung erkennen konnte.
»Das scheint ja wirklich noch ein Gast zu sein«, sagte Teresa erstaunt, als sie die Koffer erblickte.
Weitere Kostenlose Bücher