Willst du meine Liebe nicht
sein.’ Können Sie sich so viel Gemeinheit vorstellen?”
“O ja”, sagte Julie wehmütig. “Das kann ich. Hat Maria nicht um ihren Sohn gekämpft?”
“Niemand konnte sich ihm widersetzen”, erklärte Anna traurig. “Rico hat seine Mutter kaum gesehen, und am Ende hat sie resigniert. Sie begann zu trinken, und Arturo hat dafür gesorgt, dass stets genug Alkohol da war. Da sie gern Ski lief, hat er sie auf lange Winterurlaube geschickt. Sie starb bei einem Skiunfall. Vielleicht hatte sie zu viel getrunken, wer weiß.
Meiner Meinung nach hat Arturo sie umgebracht.”
Julie schwieg schockiert. Kein Wunder, dass Arturo sie so erbittert bekämpft hatte. Nachdem ihm bereits der Sohn entglitten war, hatte er bei seinem Enkel kein Risiko eingehen wollen.
“Arturo hat Rico erzählt, seine Mutter würde sich nicht für ihn interessieren”, fuhr Anna fort. “Als er älter wurde, habe ich versucht, ihm die Augen zu öffnen, und ich glaube, inzwischen versteht er Marias Schwäche.”
“Zum Glück hatte er Sie.”
Anna lächelte zärtlich. “Er hat sich immer an mich geklammert und gesagt: ,Nonna, hast du mich lieb? Versprich mir, dass du mich liebst.’ So ein trauriger kleiner Junge. Warten Sie hier. Ich will Ihnen etwas zeigen.”
Sie ging in die Küche und kam mit einem kleinen Fotoalbum zurück. Anna reichte es Julie. Diese schlug es auf - und zuckte zusammen.
Garys Gesicht blickte ihr entgegen.
“Rico war damals sieben Jahre alt”, erklärte Anna.
“Er war … niedlich.”
Julie hatte gewusst, dass Gary nach seinem Vater kam, aber dieses Bild zeigte, wie ähnlich sich die beiden tatsächlich waren.
Wie hätten sich die beiden geliebt! Wie viel hatten sie versäumt!
Um Anna nicht misstrauisch zu machen, blätterte Julie rasch weiter.
“Ich hatte gehofft, er würde ein Mädchen finden, das ihn aufrichtig liebt und glücklich macht.” Anna seufzte.
“Hat er es getroffen?” Julie konzentrierte sich wieder aufs Essen.
“Ja, vor langer Zeit. Er hielt sie für einen Engel. Als er mir von ihr berichtete, leuchtete sein Gesicht vor Freude. Er konnte nicht aufhören, über sie zu reden, wie perfekt sie sei und dass sie sein Baby erwarte. Er hatte so wenig Liebe erfahren und war daher so dankbar für ihre Zuneigung. Einmal sagte er zu mir:
,Ich würde mein Leben für sie opfern.’ Aber sie hat ihn verlassen. Seit damals ist er nicht mehr der Gleiche. Sein Herz ist versteinert. Das hat sie ihm angetan.”
“Vielleicht war es gar nicht ihre schuld”, warf Julie ein.
“Vergessen Sie nicht, wie Arturo war. Möglicherweise hat er sie zu der Trennung gezwungen.”
“Das hätte durchaus zu ihm gepasst”, räumte Anna ein. “Aber sie hat Ricos Kind weggegeben. Wie konnte sie so etwas tun, wenn sie ihn geliebt hat? Ich kenne nicht alle Einzelheiten.
Selbst vor mir hält er vieles geheim. Aber ich weiß, dass er früher ein warmherziger Junge war. Und jetzt ist er ein Mann, der niemanden liebt.” Sie sah Julie prüfend an. “Vielleicht können Sie ihn lehren, wieder zu lieben.”
“Ich?” Julie errötete.
“Ständig sehe ich in den Zeitungen Fotos von ihnen beiden.”
“Sie dürfen nicht alles glauben, was in den Zeitungen steht, Anna. Die Leute meinen, dass Rico und ich … Nun ja, es ist gut fürs Geschäft.”
“Geschäft!” Anna stieß einen verächtlichen Laut aus. “Und was ist mit Ihnen? Lieben Sie ihn?”
“Ich …” Julie zögerte.
Im nächsten Moment kam Anna ihr zu Hilfe. “Idiota!” rief sie und schlug sich mit der Hand auf die Stirn. “Wo sind nur meine guten Manieren geblieben? Ich hätte Sie das nicht fragen dürfen.
Ah, Ihr Teller ist leer. Ich hole Ihnen noch etwas.”
“Bitte nicht…”
Doch Anna war bereits in der Küche verschwunden. Julie war froh über die kleine Atempause. Sie mochte die alte Frau, fürchtete aber ihren messerscharfen Verstand.
Anna kam mit einer Platte zurück, auf der sich die Spaghetti türmten. “Essen Sie”, befahl sie. “Sie sind viel zu dünn.”
“Ich muss dünn sein”, protestierte Julie. “Wenn ich nicht mehr in meine engen Bühnenkleider passe, sage ich Rico, dass Sie daran schuld sind.”
Anna brach in schallendes Gelächter aus. Es war so ansteckend, dass Julie einstimmte. Plötzlich wurde Annas Lachen noch fröhlicher. Ein Leuchten huschte über ihr Gesicht, und im nächsten Moment sprang sie mit ausgebreiteten Armen auf. “Rico!”
Julie drehte sich um und beobachtete die rührende Begrüßungsszene. Rico
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