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Wilsberg 03 - Gottesgemuese

Wilsberg 03 - Gottesgemuese

Titel: Wilsberg 03 - Gottesgemuese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
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sofort. Da sie gerade keiner Beschäftigung nachging, engagierte ich sie auf der Stelle.
    Jetzt saß sie neben mir und starrte aus dem Fenster. »Da unten muss irgendwo der Kanal sein«, sagte sie.
    Ich guckte kurz zum Fenster, sah aber nur dichte Wolken. Seit ein paar Jahren verspürte ich eine gewisse Flugangst und ließ anderen gerne den Vortritt, wenn es um die Fensterplätze ging. Sigi dagegen war begeistert wie ein junges Mädchen, das zur ersten Reitstunde darf.
    Wir sackten in ein Luftloch, und ich konzentrierte mich darauf, gleichmäßig zu atmen.
    »Schade, dass man so wenig sieht«, sagte Sigi.
    Ich grummelte und tat so, als würde ich weiter in meinem Buch lesen. Tatsächlich hatte ich vom Abflug in Düsseldorf bis jetzt erst drei Seiten geschafft. Der Autor war ein Sektenpfarrer, der die Kirche für angewandte Philosophie aus tiefstem Herzen zu hassen schien.
    Eine Stewardess kam vorbei und warf stanniolverpackte Mittagessen aus dem Hause Mikrowilly auf unsere ausgeklappten Tischchen. Das Minikotelett mit den Kunststoffmöhren und -erbsen bot eine willkommene Ablenkung. Anschließend gab es drei Finger hoch Kaffee in die kleine Plastiktasse. Gerne hätte ich den Kaffee mit etwas Hochprozentigem verdünnt, aber da ich später am Tag noch den Kampf mit dem englischen Linksverkehr aufnehmen musste, verzichtete ich darauf.
    »Guck mal da!«, rief Sigi.
    Vermutlich die Kreidefelsen von Dover. Ich hätte sie mir lieber aus der Froschperspektive angesehen.
    Zwanzig Minuten später verkündete Sigi: »Wir sinken.«
    Als ob mein Magen und meine Ohren mir das nicht schon längst gemeldet hätten.
    Mit einigen überflüssigen Schwenkmanövern bereitete sich der Pilot auf den Landeanflug vor. Als er dann endlich hart aufsetzte, atmete ich erleichtert auf.
    »Wir sind da«, strahlte Sigi.
    Ich lächelte gequält.
    Heathrow galt anerkanntermaßen als einer der hässlichsten Flughäfen der Welt, was wohl mit seiner Größe und der Unmöglichkeit zusammenhing, einen kompetenten Menschen zu treffen, der einem sagen konnte, wo sich die Niederlassung einer x-beliebigen Autovermietungsfirma befand.
    Sigi und ich suchten eine halbe Stunde, zuerst gemeinsam und dann getrennt, bevor ich in einem versteckten Winkel im Erdgeschoss die besagte Firma entdeckte. Ich unterschrieb ein paar Formulare und erhielt dann den Autoschlüssel, verbunden mit einer komplizierten Erklärung, wo der Wagen geparkt sei.
    Eine Stunde später erreichten wir die Fernstraße, die uns durch Sussex führen würde. Der Linksverkehr machte mir erstaunlich wenig aus, aber ich fürchtete bereits den Moment, in dem ich wieder in Deutschland ein Auto steuern sollte. Zwei Umstellungen innerhalb weniger Tage waren wahrscheinlich zu viel für mich.
    »Am besten fahren wir gleich nach Portsmouth«, sagte ich. »Dann können wir morgen früh in aller Ruhe das Postamt in Augenschein nehmen.«
    Sigi war mit allem einverstanden, solange darin eine Hafenbesichtigung enthalten war.
    Das Benzin im Auto reichte für rund hundert Kilometer, die in England unsinnigerweise in Meilen umgerechnet werden. Also steuerte ich eine Tankstelle an, als das Reservelämpchen der Benzinanzeige schon eine Weile leuchtete. Erst vor der Zapfsäule fiel mir ein, dass ich vergessen hatte, Geld umzutauschen.
    Ich ging zurück und beugte mich ins Wageninnere: »Hast du englisches Geld?«
    »Nur ein paar Pfund.«
    Scheiße. Ich blätterte mein Portemonnaie auf. Wo war denn meine Kreditkarte? Ich kramte in den Seitenfächern. Kein Scheck mehr. Verdammt. Siedend heiß machte sich in meinem Kopf der Gedanke breit, dass ich Hagedorn den letzten Scheck gegeben hatte. Bei der Gelegenheit musste auch die Kreditkarte herausgefallen sein. Scheiße, Scheiße, Scheiße.
    Der Fahrer im Auto hinter uns fing an zu hupen.
    Ich zählte meine Schätze: dreißig deutsche Mark.
    »Wie viel D-Mark hast du?«, fragte ich Sigi.
    »Och, nicht viel. Ich dachte, du würdest Geld mitnehmen.«
    Entschlossen klappte ich die Wagentür zu, ging ins Innere der Tankstelle und fragte mit einem gewinnenden Lächeln den Mann hinter der Kasse: »Nehmen Sie auch deutsches Geld?«
    »Nein.«
    »Ich habe aber nur deutsches Geld.«
    »Tut mir leid, Sir.«
    Sigi hatte drei Pfund dabei, und deren Äquivalent in Benzin füllte ich in den Tank. Voller Verachtung warf ich die Scheine auf die Theke und entfernte mich grußlos.
    »Was machen wir jetzt?«, fragte Sigi, als wir wieder auf der Straße waren.
    »Wir probieren es bei der

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