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Wilsberg 05 - Wilsberg und die Wiedertaeufer

Wilsberg 05 - Wilsberg und die Wiedertaeufer

Titel: Wilsberg 05 - Wilsberg und die Wiedertaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
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trinken?«
    Sie hatte sich auf einem Sessel niedergelassen und betrachtete mich mit ausdrucksloser Miene. »Das ist kein privater Besuch. Ich bin gekommen, um mit dir zu verhandeln.«
    »Worüber?«
    »Worüber wohl?« Ein empörter Schnaufer. »Über das, was du Tobias Frank angedroht hast.«
    »Ach so.« Ich verfluchte meine Trinkerei. Gerade jetzt hätte ich etwas mehr Geisteskraft benötigt.
    »Ist das dein Ernst? Du willst ihn der Polizei ausliefern?«
    »Ja, ich meine, Tobias Frank ist mir scheißegal, es geht mir um den Jungen. Er sollte zurück nach Hause, zu seinen Eltern.«
    »Weil du einen Vertrag mit seinen Eltern hast.«
    »Nicht ich. Sigi, meine ehemalige Partnerin. Ich mach das ohne Honorar, ich meine …«
    »Und ich dachte, du stehst auf unserer Seite.«
    »Ich steh auf gar keiner Seite, höchstens auf meiner eigenen. Ich verurteile das nicht, was ihr tut, aber ich halte es für ausgemachten Blödsinn. Am Ende könnt ihr nur verlieren. Und die Kirche steht als Gewinnerin da, sie ist das Opfer, sie hat die Sympathien auf ihrer Seite.«
    »So? Natürlich, wenn alle so denken wie du.«
    »Wie denke ich denn?«
    »Defätistisch. Du bist zu lahm, um den Arsch hochzukriegen. Als ich herkam, hatte ich noch gehofft, dich als Mitkämpfer gewinnen zu können.«
    Gegen meinen Vorsatz wurde ich ungehalten. »Und wie nennst du das, was ihr mit Andreas macht? Einen Siebzehnjährigen in diesen Terrorismus-Scheiß hineinzuziehen?«
    Mareike schüttelte ihre roten Locken. »Terrorismus? Ich hör wohl nicht recht? Das sind doch nur Nadelstiche. Und was wir vom Bistum fordern, ist nur ein Bruchteil des Geldes, das den Kirchensteuerzahlern ungerechtfertigterweise abgenommen wird.«
    Wenn ich bis dahin noch geglaubt hatte, dass unsere Begegnung uns irgendwie näherbringen würde, dann war jetzt der Zeitpunkt gekommen, alle Hoffnungen aufzugeben. Ich fühlte mich mies, körperlich angeschlagen, geistig derangiert, seelisch deprimiert, mit zwei Worten: abgrundtief schlecht.
    »Was ist jetzt?«, fragte sie.
    Ich guckte hoch: »Bitte?«
    »Träumst du?«
    »Es geht mir nicht gut. Ich habe wohl gestern Abend etwas zu viel getrunken.«
    »Hhmm.«
    »Warst du das heute Nacht, am Telefon?«
    »Kann schon sein.«
    »Es ist nicht so, wie du denkst. Anna hat mich nur nach Hause gebracht, weil ich nicht mehr … fahren konnte. Wir haben …«
    »Es interessiert mich nicht«, unterbrach sie meine Ausführungen. »Lass uns endlich zur Sache kommen!«
    »Gut. Wie du meinst.«
    »Also?«
    Ich konzentrierte mich. »Es bleibt dabei. Andreas hört auf mit der Wiedertäuferei, oder ich gehe zur Polizei.«
    »Was weißt du eigentlich über Andreas?«
    »Nicht viel. Bevor er Jan van Leiden für den Größten hielt, hat er Okkultismus, Satanismus und so 'n Zeug betrieben.«
    »Eben. Ein Mitglied unserer Gruppe, ein Sozialarbeiter, wenn du's genau wissen willst, hat ihn da herausgeholt. Wahrscheinlich würde er noch heute im schwarzen Umhang über Friedhöfe streichen, wenn wir ihm nicht ein vernünftiges Ziel gegeben hätten.«
    Beschwörend hob ich die Hände. »Bitte lass uns nicht wieder ins Grundsätzliche abgleiten! Krieg ich ihn, oder krieg ich ihn nicht?«
    »Du kriegst ihn«, sagte sie leise.
    Ich entspannte mich etwas.
    »Eine reine Sicherheitsmaßnahme wegen Tobias«, fügte sie hinzu. »Das werde ich dir nie verziehen, dass du ihn da reingezogen hast.«
    »Sag mal, hat Tobias Frank eigentlich vorgeschlagen, mich als Geldboten einzusetzen?«
    Spöttisch grinste sie mich an: »Glaubst du, ich fall auf so einen Bauernfängertrick herein?«
    »Man kann's ja mal versuchen.«
    Sie stand auf. »Morgen wird Andreas bei seinen Eltern aufkreuzen.«
    »Nein, nein«, widersprach ich. »Ich möchte, dass Sigi und ich dabei sind.«
    »Ach ja. Ich vergaß, dass ihr damit euer Geld verdient.«
    Sie war so verdammt überheblich.
    » One for the money, two for the show, wie die Doors sangen. Außerdem habe ich ihm noch was zu sagen. Seine Eltern wissen, dass er bei den Anschlägen mitgewirkt hat.«
    Genervt verdrehte Mareike die Augen, aber schließlich einigten wir uns darauf, dass Andreas um zwölf Uhr am Dom sein würde.
    Als sie schon in der Terrassentür stand, erkundigte ich mich im Plauderton: »Wie steht's mit euren Forderungen?«
    »Die stellen sich stur. Und sie haben die Polizei eingeschaltet, wie du sicher bemerkt hast.«
    »Und wer soll das nächste Mal das Geld überbringen?«
    Sie lächelte. »Du nicht. Du bist zu bekannt. Verbrannt,

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