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Wilsberg 05 - Wilsberg und die Wiedertaeufer

Wilsberg 05 - Wilsberg und die Wiedertaeufer

Titel: Wilsberg 05 - Wilsberg und die Wiedertaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
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wie es in der Agentensprache heißt.«
    Ich nahm ihre Hand, die sich kalt und glatt anfühlte. »Tut mir leid, dass unser Gespräch so in die Hose gegangen ist.«
    Ihr Lächeln gefror. »Was hast du erwartet? Jetzt warst du der Erpresser und wir die Erpressten.«
    Aber sie zog ihre Hand nicht zurück.
    »Es ist nicht so, wie du denkst. Es geht mir nicht ums Geld. Ich glaube nur, dass ihr auf dem falschen Dampfer seid. Eure Motive, allerehrenwert, aber gegen Staat und Kirche zusammen habt ihr keine Chance.«
    »Statistisch gesehen würde ich dir recht geben. Allerdings gibt es immer Ausnahmen.«
    Ich nahm meinen restlichen Mut zusammen. »Können wir nicht noch einmal darüber reden? Ich meine, ich möchte nicht, dass du im Gefängnis landest.«
    Ihre Mundwinkel zuckten spöttisch. »Du willst mich retten? Ist es das? Die Pretty-Woman -Nummer?«
    »Seh ich aus wie Richard Gere?«
    »Nein. Aber alle Männer bilden sich ein, sie müssten Frauen vor irgendetwas beschützen.«
    Ich spürte, wie mir das Blut in den Kopf schoss. »Ich mag dich eben.«
    Plötzlich war ihr Gesicht dicht vor dem meinen. Und ihre Lippen berührten mich.
    »Ich kann selber auf mich aufpassen.« Sie sprang in den Garten. »Ich mag dich auch.«
    Ein paar Minuten lang blieb ich auf der Türschwelle stehen. Dann merkte ich, dass ich vor Kälte am ganzen Körper zitterte. Ich schloss die Tür, zog meinen Mantel an und ging zur Vordertür hinaus. An Schlaf war nicht mehr zu denken. Gott sei Dank hatte das Alcatraz bis drei Uhr geöffnet.
    Ich hatte Sigi verständigt, und schweigend warteten wir auf dem Domplatz. Wir hingen beide unseren Gedanken nach, die verpatzte letzte Nacht steckte mir noch in den Knochen.
    »Es ist schon fünf nach zwölf. Glaubst du, dass er noch kommt?«, fragte Sigi säuerlich. Sie stampfte mit den Füßen auf das Kopfsteinpflaster. Es war nach wie vor eisig kalt.
    »Warten wir bis Viertel nach zwölf, bevor wir aufgeben.«
    »Ich habe mit der Mutter telefoniert. Es wäre eine ganz schöne Blamage, wenn wir ohne ihn aufkreuzen.«
    »Garantieren kann ich für gar nichts. Ah – da kommt er ja.« Ich deutete mit dem Kopf in die Richtung, aus der Andreas Kleine-Schüttringhaus auf uns zu schlenderte. Lässig, die Jeans an den Knien aufgeschlitzt, roter Parka, Baseballkappe. Ganz dem Modediktat für Siebzehnjährige entsprechend.
    »Tach auch«, sagte er und guckte von Sigi zu mir und wieder zurück. »Alles klar?«
    »Alles klar«, bestätigte ich. »Gehen wir!«
    Wir stiegen in mein Auto, das ich vor der Post geparkt hatte, und fuhren Richtung Gievenbeck.
    »Deine Eltern wissen, dass du beim Kommando Jan van Leiden warst«, informierte ich Andreas.
    »Hat mir Marion erzählt«, kam es gelangweilt von der Rückbank.
    »Aber sie werden nicht zur Polizei gehen. Und auch du solltest möglichst deine Klappe halten, selbst guten Freunden gegenüber.«
    »Bin doch kein Anfänger. Sie können sich Ihre guten Ratschläge sparen.«
    »Deine Eltern haben sich Sorgen gemacht«, mischte sich Sigi ein. »Und du tust so, als wäre das alles gar nichts.«
    Er schnaubte. »Meine Mutter ist doch froh, dass ich weg bin. Und mein Alter, okay, der hat manchmal seine sentimentalen Anfälle.«
    »Ich habe gestern Abend vergessen, Marion zu fragen, wie ich sie erreichen kann«, sagte ich so beiläufig wie möglich. »Kannst du mir eine Adresse oder Telefonnummer geben?«
    Das Einzige, was ich zur Antwort bekam, war: »Am Arsch.« Und damit war nicht nur die Stimmung im Auto charakterisiert, sondern auch das Ende der Unterhaltung eingeläutet. Seine allerletzte Bemerkung bezog sich auf das Musikprogramm im Autoradio: »Scheiß Dancefloor-Kacke.«
    Nachdem wir Andreas abgeliefert hatten – das Wiedersehen verlief tatsächlich ziemlich emotionslos – gingen Sigi und ich noch auf einen Cappuccino in das Café neben ihrem Büro. Ich sagte, dass ich meine Meinung bezüglich des Honorars inzwischen geändert hätte. Da das Auffinden Andreas' maßgeblich auf meine Bemühungen zurückzuführen sei, würde ich einen bescheidenen Anteil der Erfolgsprämie für mich in Anspruch nehmen wollen. Sigi fragte, ob ich mit dreitausend Mark zufrieden sei, und ich war es. Dann erkundigte sie sich nach meinen weiteren Plänen. Ich wolle noch ein bisschen an der Wiedertäufergeschichte dranbleiben, erzählte ich. Die Frage, wer mich da reingezogen habe, sei nicht restlos geklärt.
    Mit einem süffisanten Lächeln führte Sigi die Kaffeetasse an den Mund. »Außerdem gibt

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