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Wilsberg 06 - Schuss und Gegenschuss

Wilsberg 06 - Schuss und Gegenschuss

Titel: Wilsberg 06 - Schuss und Gegenschuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
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die beiden an!«, wandte ich mich an den Nachtportier.
    Er tat es. Beide meldeten sich nicht.
    Ich ließ mir seine Taschenlampe aushändigen und bestellte Dieter zu meinem Begleitschutz.
    »Warum ich?«, sträubte sich der Autor. Wahrscheinlich sah er sich mehr in der Rolle des Leibwächters von Katinka Muschwitz.
    Statt einer Erklärung schob ich ihn zur Treppe.
    Mega Art hatte zwei komplette Hoteletagen gemietet, und so war es auf dem Flur ruhig, total ruhig, totenstill, abgesehen von unseren Atemzügen, die wie Dieselloks rasselten. Der Strahl der Taschenlampe fingerte die Zimmernummern ab, bis er die 25 im Visier hatte.
    »Das ist das Zimmer von Charly Rommersberger«, flüsterte Dieter.
    »Warum flüsterst du?«, flüsterte ich zurück.
    Wir klopften an die Tür, und als keine Antwort kam, drückten wir auf die Türklinke. Die Tür war unverschlossen. Vorsichtig tasteten wir uns ins Zimmer hinein. Und sofort hörten wir ein dickes, sattes Schnarchen.
    »Dem geht’s gut«, wisperte ich. »Gehen wir weiter zu Wildkat!«
    Wildkats Zimmer lag in der oberen Etage. Durch das positive Erlebnis moralisch gestärkt, schritten wir etwas forscher voran.
    Wildkat reagierte ebenfalls nicht auf unser Klopfen. Und seine Tür war ebenfalls unverschlossen. Aber im Gegensatz zum Zimmer des Regisseurs hörten wir kein Schnarchen, nicht mal den leisesten Schnaufer.
    »Vielleicht ist er nicht da«, hauchte Dieter.
    Der Kegel der Taschenlampe wanderte über das Mobiliar. Etwas raschelte lautstark. Wir zuckten simultan zusammen.
    »Wo war das?«, fragte ich.
    »Da, da, am Fenster«, japste Dieter.
    Und da war sie auch schon, die Übeltäterin, eine Topfpflanze im Luftzug des weit geöffneten Fensters.
    »Scheiße, ich steh das nicht durch«, jammerte Dieter.
    Ich richtete die Taschenlampe auf das Bett. Der Redakteur lag drin, ohne Bettdecke, aber im gestreiften Pyjamaoberteil. Seine Backen waren aufgeblasen wie die eines Jazztrompeters. Dafür gab es einen einfachen Grund. Ein rundes Interview-Mikrofon steckte in seinem Mund.

XIII
    Diesmal kam nicht nur die ehrgeizige Kommissarin Tecklenburg, sondern auch mein alter Kumpel, Hauptkommissar Stürzenbecher.
    Das Licht brannte wieder, aber das Filmvolk hockte immer noch, wie paralysiert, in der Hotelhalle.
    Man sah Stürzenbecher an, dass der Mord seinen wohlverdienten Staatsdienerschlaf empfindlich gestört hatte. Er trug keine Krawatte, aus seinem geöffneten Hemd lugte das Etikett eines verkehrt herum angezogenen Unterhemds, und auf seiner Stirn lagen tiefe Falten der Skepsis. Er suchte die Menge ab, bis er mich entdeckte.
    »Los! Suchen wir uns einen ruhigeren Ort!«, sagte er ohne Vorrede. »Wo kriegt man hier einen Kaffee?« Seit unserer letzten Begegnung hatte er rund zwanzig Pfund zugenommen, wobei er schon damals nicht zu den Schlanken im Land gehörte.
    Poppelhove schob sich zwischen uns. »Brauchen Sie uns noch? Oder können wir auf unsere Zimmer gehen?«
    »Natürlich brauche ich Sie noch«, knurrte Stürzenbecher. »Ich muss einen Mord aufklären.«
    »Hören Sie mal, ich ...«
    »Ich höre nichts«, sagte Stürzenbecher und schob mich vorwärts. »Sie bleiben hier.«
    Der Nachtportier hatte ein paar Bedienstete aufgescheucht, von denen uns einer den Fürstenberg-Saal, einen kleineren Konferenzraum, aufschloss. Stürzenbecher bestellte einen Liter Kaffee.
    Ich setzte mich, Stürzenbecher setzte sich, und dann sah er fragend die Tecklenburg an, die sich uns angeschlossen hatte.
    »Ist was?«, fragte sie.
    »Was machen Sie hier?«
    »Ich möchte bei dem Verhör von Herrn Wilsberg dabei sein. Er war maßgeblich an dem Unfall vor drei Tagen beteiligt, wie ich Ihnen auf der Fahrt hierher ...«
    »Ich beabsichtige nicht, ein Verhör durchzuführen. Das hier ist ein informelles Gespräch.«
    »Aber ...«
    »Wer leitet die Ermittlungen, Frau Tecklenburg?«
    »Selbstverständlich Sie.«
    »Sehen Sie! Ich möchte, dass Sie raufgehen und sich die Leiche anschauen. Dann fragen Sie draußen mal nach, ob jemand was gehört oder gesehen hat. Außerdem dürfte bald der Staatsanwalt aufkreuzen. Dem zeigen Sie dann auch die Leiche!«
    Tecklenburg machte auf dem Absatz kehrt. Wir konnten beide deutlich verstehen, wie sie murmelte: »Ich bin doch keine Fremdenführerin.«
    »Diese ehrgeizigen Polizistinnen.« Stürzenbecher kraulte seine grauen Tränensäcke. »Demnächst sollen wir eine Frau als Vorgesetzte bekommen. Ich glaube, ich werde mich ins Archiv versetzen lassen. Und jetzt

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