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Wilsberg 17 - Wilsberg und die dritte Generation

Wilsberg 17 - Wilsberg und die dritte Generation

Titel: Wilsberg 17 - Wilsberg und die dritte Generation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
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Risiko.«
    Sie verabschiedete sich mit einem knappen Lächeln und lief langsam, aber zielsicher davon. Wahrscheinlich hatte sie den Umgebungsplan von Bad Iburg auswendig gelernt.

XVIII
    In einem Punkt hatte Regina Fuchs recht: Bei der Polizei war niemandem zu trauen, nicht einmal der Niemeyer. Obwohl die Bösen verschwunden und die Guten inzwischen vermutlich unterwegs waren, um uns zu retten, beschloss ich, nicht zu dem Haus zurückzukehren, sondern mich, wie Fuchs, allein durchzuschlagen. Ich hatte keinen Plan, wie und wo ich die nächsten Tage verbringen sollte, aber irgendeine Schlafcouch oder Luftmatratze würde sich in Münster schon finden. Und das war allemal eine angenehmere Perspektive als ein neues Polizeiversteck.
    Im Wald war es etwas heller geworden. Die Lichtverhältnisse gaben einen ungefähren Aufschluss über die Himmelsrichtungen und ich machte mich nach Osten auf, wo ich Bad Iburg vermutete. Nach einer Viertelstunde tauchten die ersten vereinzelten Häuser auf. Ich blieb jedoch im Wald und hielt mich von Straßen und Wegen fern. Mittlerweile hatte ich einen ganz guten Laufrhythmus gefunden, der meine lädierten Zehen nicht allzu sehr belastete.
    Bald darauf verwandelte sich der Wald in eine Parklandschaft, die Baumreihen wurden lichter, es gab einen Wanderpfad und in einiger Entfernung erhob sich ein grauweißer Klotz, der wie eine Kurklinik aussah.
    Und dann hörte ich eine Stimme. Eine Stimme, die mir bekannt vorkam.
    So geräuschlos wie möglich bewegte ich mich vorwärts, bis zu einer Sträucherhecke, hinter der sich ein kleiner Parkplatz befand. Durch die Zweige konnte ich erkennen, dass Stefan Weingärtner zusammen mit einem nicht so groß gewachsenen Mann neben einem Auto stand und eine Zigarette rauchte.
    »Ich hasse Fähren«, sagte Weingärtner. »In einer engen Kabine zu hocken, womöglich unterhalb der Wasserlinie, ist für mich die Hölle. Aber Flugzeug wäre zu auffällig.«
    »Und was macht ihr mit der Journalistin?«, fragte der andere Mann.
    »Die wird sediert. Dann hält man sie für eine besoffene Finnin. Davon soll’s auf den Fähren ziemlich viele geben, habe ich gehört.«
    »Und in Helsinki?«
    Der Rotblonde drückte seine Kippe in einer kleinen, silberfarbenen Dose aus. »Ist schon alles geregelt. Heinze ist bereits drüben.«
    Weingärtners Handy machte sich mit einer lächerlichen Klingelmelodie bemerkbar. Er meldete sich mit einem knappen »Ja?«, lauschte und signalisierte seine Zustimmung. »Die Straße ist jetzt frei«, teilte er anschließend seinem Begleiter mit. »Lass uns fahren!«

    Am späten Nachmittag war ich wieder in Münster. Vorher hatte ich ein paar Stunden in einem Museum in Bad Iburg verbracht, weil ich richtigerweise annahm, dass man mich dort nicht suchen würde, dann den Bus nach Osnabrück genommen und die letzte Strecke mit dem Zug zurückgelegt.
    Jetzt trieb ich mich im Erphoviertel herum und wartete darauf, dass meine Anwältin von der Arbeit nach Hause kam. Viele Menschen gab es sowieso nicht, die ich um einen Unterschlupf bitten konnte. Und Franka würde sich am wenigsten daran stören, dass ich auf der Abschussliste der Everskirchener Rentner stand.
    Als ich ihre vertraute Gestalt vor der schmucken Jugendstilvilla vom Fahrrad steigen sah, fühlte ich mich gleich besser. Franka bemerkte mich erst, als sie bereits das Gittertor geöffnet hatte und das Rad zum Haus schob. »Georg, was …«
    »Erklär ich dir oben«, sagte ich und humpelte an ihr vorbei. »Wenn’s dir nichts ausmacht.«
    »Natürlich nicht.« Sie schloss die Haustür auf und trug ihr Gefährt über die Schwelle. »Bist du verletzt?«
    »Nur ein paar mehr oder weniger erfrorene Zehen.«
    Sie lehnte das Rad gegen die Wand des Hausflurs. »Klingt nach einer aufregenden Geschichte.«

    Eine Gemüselasagne und anderthalb Rotweinflaschen später hatte ich die Geschichte erzählt.
    »Und was willst du jetzt machen?«, fragte Franka und schaute mich über den Rand ihres Glases an. »Du kannst zwei oder drei Tage hier bleiben. Aber dann musst du dir etwas anderes überlegen.«
    »Ich will sowieso nach Helsinki.«
    »Du bist verrückt.«
    »Ich bringe die Geschichte zu Ende, so oder so.«
    »Du weißt doch nicht, welche Fähre der Typ gemeint hat. Außerdem hast du einen ganzen Tag verloren. Sie könnten Felizia Sanddorn längst zur Küste gebracht haben.«
    »Ich fliege.«
    »Unter deinem Namen? Dann wird Niemeyer mit Sicherheit davon erfahren.«
    »Unter dem Namen Gunter Wolfgram.

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