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Wilsberg 17 - Wilsberg und die dritte Generation

Wilsberg 17 - Wilsberg und die dritte Generation

Titel: Wilsberg 17 - Wilsberg und die dritte Generation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
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zwangsläufig weiser und konservativer.«
    Sie streckte sich unter der Wolldecke. »Wenn ich jünger wäre, würde ich mich an den Aktionen der Globalisierungsgegner beteiligen. Mit welchem Recht besitzt Bill Gates mehr Geld als mehrere afrikanische Staaten zusammen? Warum müssen die Menschen im Irak und in anderen Ländern darunter leiden, dass die Amerikaner ihre Ölreserven sichern wollen? Wieso sterben in Afrika Millionen Menschen an Aids, obwohl es Medikamente gibt, mit denen sie überleben könnten? Die Welt ist in den letzten zwanzig Jahren nicht gerechter geworden. Und der Grund für das millionenfache Leiden ist derselbe wie damals. Nur bin ich inzwischen müde und ausgebrannt. Ich habe kapituliert.«
    Sie legte den Kopf auf die Lehne des Sessels und drehte ihn in meine Richtung. Der verbissene Ausdruck war aus ihrem Gesicht verschwunden. »Obwohl wir uns streiten, sind wir uns gar nicht so unähnlich. Im Moment ist mir die Welt egal. Es gibt nichts Wichtigeres für mich, als das Leben meiner Tochter zu retten. Und ich bin froh, dass Sie mir dabei helfen.« Sie schlug die Wolldecke zurück und stand auf. »Und jetzt muss ich ins Bett. Meine Wunde tut weh.«
    »Wie hat eigentlich Ihr Vater reagiert, als er von Ihrem Einstieg bei der RAF gehört hat?«, fragte ich.
    »Er hat erklärt, dass ich nicht mehr zur Familie gehören würde. Auch meiner Mutter und meinen Geschwistern hat er verboten, mit mir zu reden. Nach seinem Tod habe ich erfahren, dass er regelmäßig zu einer Domina gegangen ist. Das brauchte er wohl als psychischen Ausgleich für die Urteile, die er gefällt hat.«

    »Wachen Sie auf!«, sagte Regina Fuchs.
    Ich schlug die Augen auf. Fuchs stand neben meinem Bett. »Was ist los?«
    »Lütkens und Theißing sind verschwunden.«
    Ich schaute auf die Uhr. Acht. Der Schichtwechsel erfolgte immer um sieben Uhr morgens und abends. »Vielleicht haben sie sich verspätet.«
    »Nein. Ich habe sie um kurz vor sieben gesehen. Ich war schon früh wach, weil meine Wunde Ärger gemacht hat. Vor fünf Minuten sind sie zusammen weggefahren.«
    Ich schlug die Bettdecke zurück und stand auf. »Könnte sein, dass sie nach Bad Iburg gefahren sind, um einzukaufen.«
    »Das würde einer allein machen. Außerdem hatten sie schon Brötchen mitgebracht. Ich habe nachgesehen.«
    Ich zog mich schnell an und schaute aus dem Fenster. Mein Zimmer lag neben dem von Fuchs auf der Vorderseite des Hauses. Draußen war alles ruhig. Allerdings konnte man bei der einsetzenden Morgendämmerung den Waldrand nur schemenhaft erkennen. »Wie sieht’s hinten aus?«
    »Man sieht fast nichts.«
    »Was schlagen Sie vor?«, fragte ich.
    »Wir sollten abhauen.«
    »Ist das nicht ein bisschen …« Im Wald blinkte etwas. Und dann trat ein Mann auf den Weg. Groß gewachsen, schlank, rotblond. Stefan Weingärtner, Felizias angeblicher Freund.
    »Sie haben recht«, sagte ich. »Wir sollten verschwinden.«
    »Kennen Sie ihn?«, fragte Fuchs, die neben mir stand.
    »Er war in der Wohnung Ihrer Tochter in Düsseldorf.«
    Wir hasteten die Treppe hinunter.
    »Durch den Keller!«, kommandierte Fuchs atemlos. »Der Kellertürschlüssel steckt.«
    Sie war die Expertin für Fluchtwege.
    »Moment!«, zischte sie mir zu, als wir vor der Kellertür standen. Sie trat ein paar Schritte zur Seite und griff hinter ein Regal. Im nächsten Augenblick hielt sie eine Pistole in der Hand.
    »Wo haben Sie die her?«, fragte ich.
    »Einer der Typen von der Nachtschicht steht auf mich.«
    »Das gefällt mir nicht.«
    »Ist mir scheißegal«, fauchte sie mich an. »Noch einmal lasse ich mich nicht über den Haufen schießen.«
    Sie drehte den Schlüssel um, stellte sich neben den Eingang und ließ die Tür aufschwingen. Es blieb still. Wir liefen gebückt die Kellertreppe hinauf und lugten in den Garten. Niemand.
    Im Gebüsch neben dem Haus raschelte es.
    »Wir laufen geradeaus in den Wald«, kommandierte Fuchs leise.
    Laufen war eine etwas übertriebene Bezeichnung für die Bewegungen, die wir vollführten. Regina Fuchs machte kleine Trippelschritte und presste eine Hand gegen ihre verletzte Schulter, ich eierte wegen meiner tauben Zehen neben ihr her.
    Zehn Meter. Zwanzig Meter.
    »Sie hauen ab«, rief eine aufgeregte Männerstimme. Gleichzeitig ertönte hinter uns ein lauter Knall. Wahrscheinlich hatten sie die Haustür eingeschlagen.
    Noch zehn Meter bis zum Waldrand. Unter den Bäumen war es dunkel, da würde uns niemand sehen können.
    »Hinterher!«, brüllte

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