Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wilsberg 17 - Wilsberg und die dritte Generation

Wilsberg 17 - Wilsberg und die dritte Generation

Titel: Wilsberg 17 - Wilsberg und die dritte Generation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
Vom Netzwerk:
sah echt aus. Oder war zumindest gut gefälscht.
    »Zufrieden?« Er sammelte den Ausweis und den Brief wieder ein.
    Ich nickte. »Was ist mit Felizias Mutter?«
    »Meine Ex? Sie ist …«, er zögerte, »… Alkoholikerin. Wir verstehen uns nicht gut, nein, lassen Sie mich ehrlich sein, wir reden seit Jahren nicht mehr miteinander. Henrike hat genug Sorgen, sich ihre tägliche Menge Alkohol zu beschaffen. Das mit Feli würde sie nur unnötig aufregen. Kann ja auch sein, dass ich mich irre.«
    »Felizia wendet sich also an Sie, wenn sie ein Problem hat?«
    »Nicht unbedingt.« Fahle kraulte seine drahtigen Haare. »Unser Verhältnis ist schwierig. Sie lehnt ab, was ich mache.«
    »Was machen Sie denn?«
    »Ich bin in der Internetbranche.«
    »Klingt nicht besonders anrüchig.«
    Er zeigte seine gelben Zähne. »Fünfzig Prozent aller Seiten, die Männer anklicken, drehen sich um Sex.«
    Deshalb wohl Amsterdam.
    »Ich stelle Fotos und Filme ins Netz. Natürlich ist da ziemlicher Schweinkram dabei. Aber ohne Nachfrage kein Angebot, sage ich immer. Das ist Marktwirtschaft.«
    Ich winkte der Kellnerin und bestellte einen zweiten Cappuccino.
    »Kommen wir zum Grund Ihrer Besorgnis. Die RAF ist tot. Hat sie sich nicht aufgelöst?«
    »1998.« Das kam schnell.
    »Trotzdem verstehe ich nicht, warum es gefährlich sein soll, sich mit dem Thema zu beschäftigen.«
    Er tastete sein Hemd ab. Wie ein Nichtraucher, der sich erst vor Kurzem das Rauchen abgewöhnt hat. »Von den Mitgliedern der dritten Generation sind nur wenige gefasst worden. Andere starben durch Kugeln, wie Wolfgang Grams in Bad Kleinen. Wieder andere werden seit Jahren gesucht. Sie leben irgendwo mit falscher Identität. Ganz zu schweigen von denen, die nicht einmal namentlich bekannt sind.«
    Er sah mein Erstaunen. »Kriegt man raus, wenn man googelt. Ein bisschen hat mir auch Feli erzählt. Sie sagte, sie hätte eine Spur.«
    »Zu einem Terroristen?«
    Die Kellnerin stellte den Cappuccino vor mir ab.
    Fahle beugte sich vor. »Nicht so laut, bitte!«
    Ich machte eine entschuldigende Geste.
    »Es ist eine Frau«, redete er weiter. »Sie heißt Regina Fuchs und wohnt in New York.«
    »Das hat Ihnen Felizia erzählt?«
    »Nein.« Es war ihm peinlich. »Ich bin in ihre Wohnung eingebrochen. Als sie sich nicht meldete, dachte ich, ihr könne etwas zugestoßen sein. Bei der Gelegenheit habe ich mich umgesehen und den Namen und die Adresse gefunden.«
    Er wühlte wieder in seinen Taschen herum und legte einen Zettel auf den Tisch: Regina Fuchs, 18th St W, MH, NY.
    »18. Straße West, Manhattan, New York«, erklärte Fahle. »Lernen Sie die Adresse auswendig! Ich möchte nicht, dass der Zettel jemandem in die Finger fällt.«
    Allmählich verstand ich, worauf er hinauswollte. »Ich soll nach New York fliegen und dieser Frau Fuchs auf den Zahn fühlen?«
    »So habe ich mir das vorgestellt.«
    »Das wird nicht ganz billig.«
    Die Taschen seiner grünen Winterjacke waren unerschöpflich. Diesmal förderte er einen dicken Umschlag zutage. Ich linste hinein. Hunderteuroscheine.
    »Fünftausend Euro als Anzahlung.« Er zwinkerte komplizenhaft. »Ob Sie es versteuern oder nicht, ist mir egal. Spesen wie Flug und so weiter gehen extra.«
    »Der Internet-Schweinkram verkauft sich wohl gut?«
    »Ich kann nicht klagen. Sind Sie mein Mann?«
    »Mal angenommen, ich finde Felizia«, sagte ich. »Sie ist volljährig. Ich kann sie nicht von dem abhalten, was sie vorhat, selbst wenn sie sich dadurch in Gefahr bringt.«
    »Es würde mir genügen zu wissen, dass es ihr gut geht. Ich vertraue auf Ihre Erfahrung. Sollte Feli Hilfe brauchen, werden Sie schon das Richtige tun.«
    »Das ist alles?«
    »Ja.« Er lehnte sich zurück. »Ich bin ein besorgter Vater. Reicht das nicht?«
    »Wie kann ich Kontakt zu Ihnen aufnehmen?«
    Er gab mir eine Visitenkarte. Sein Name und eine Telefonnummer mit niederländischer Vorwahl. »Fünfmal klingeln lassen, dann auflegen und noch mal wählen.«
    Die Internetbranche war anscheinend nicht nur lukrativ, sondern auch gefährlich. »Haben Sie Angst vor Konkurrenten oder der Polizei?«
    »Das ganze Leben ist ein Risiko.« Er schaute auf seine Uhr und stand auf. »Ich muss den Zug kriegen. Rufen Sie mich nur an, wenn Sie Felizia gefunden haben oder es sehr wichtig ist.«

    Ich lief vom Prinzipalmarkt über den Domplatz in Richtung Kreuzviertel. Es war ein feuchtkalter Novembertag, Münster bereitete sich auf die heiße Phase der weihnachtlichen Kaufschlacht

Weitere Kostenlose Bücher