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Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern

Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern

Titel: Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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werden die Dinger in diesen Fotoateliers immer retuschiert», sagte er. «Na ja, das ist nicht meine Sache. Das Ding gibt jedenfalls einen guten Blickfang, meinen Sie nicht auch, Wimsey? Ob die uns dafür wohl einen Zweispalter auf der ersten Seite einräumen? Los, Warren, mach dich mal daran.»
    Der Fotograf, von künstlerischen oder journalistischen Überlegungen völlig unbeeindruckt, ergriff stumm Besitz von dem Bild, das für ihn schon nur noch eine Frage panchromatischer Platten und Farbfilter war. Crowder half ihm ein wenig, indem er die Staffelei in besseres Licht rückte. Ein paar Leute aus anderen Abteilungen, von ihrer Arbeit dieses Weges geführt, blieben stehen und lungerten in der Nähe des Schauspiels herum, als ob es ein Verkehrsunfall wäre. Ein melancholisch dreinblickender grauhaariger Mann, vorläufig an Stelle des verblichenen Correggio Plant zum Atelierleiter bestimmt, nahm Crowder mit einer leise gemurmelten Entschuldigung beiseite und gab ihm ein paar kurze Anweisungen, aus einem halbseitigen Sechsspalter einen ganzseitigen Dreispalter zu machen. Hardy wandte sich an Lord Peter.
    «Ganz schön häßlich», meinte er. «Ist es gut?»
    «Genial», sagte Wimsey. «Sie können alle Register ziehen. Schreiben Sie darüber, was Sie wollen.»
    «Großartig. Könnten wir vielleicht einen verkannten britischen Meister entdecken?»
    «Warum nicht? Damit bringen Sie den Mann wahrscheinlich groß heraus und verderben ihn für die Kunst, aber das ist sein Problem.»
    «Aber hören Sie mal – finden Sie, er hat sein Modell gut getroffen? Er hat ihn ja als höchst finsteren Gesellen dargestellt. Immerhin fand Plant das Bild so schlecht, daß er es nicht einmal haben wollte.»
    «Um so dümmer von ihm. Haben Sie schon einmal von dem Porträt eines gewissen Politikers gehört, das seine innere Hohlheit derart entlarvte, daß er es schleunigst kaufte und vor den Augen der Welt versteckte, damit Leute wie Sie es nicht in die Finger bekämen?»
    Crowder kam wieder.
    «Sagen Sie mal», fragte Wimsey, «wem gehört das Bild eigentlich? Ihnen? Oder den Erben des Verstorbenen oder wem?»
    «Ich nehme wohl an, es gehört wieder mir», sagte der Maler.
    «Plant – nun ja, er hat es ja mehr oder weniger in Auftrag gegeben, aber –»
    «Was heißt mehr oder weniger?»
    «Nun, sehen Sie, er hat immer wieder angedeutet, daß er mal gern von mir gemalt würde, und da er mein Chef war, hielt ich es für besser, ihm den Gefallen zu tun. Von Geld wurde nie gesprochen. Und als er es dann sah, gefiel es ihm nicht, und er wollte es abgeändert haben.»
    «Das haben Sie aber nicht getan.»
    «Hm – nein, ich hab’s genommen und weggelegt und gesagt, ich wolle mal sehen, was ich damit tun könne. Ich dachte, er würde es vielleicht vergessen.»
    «Aha. Dann ist es wahrscheinlich Ihres, und Sie können damit machen, was Sie wollen.»
    «Ich glaube, ja. Warum?»
    «Sie haben eine sehr individuelle Technik, nicht?» fuhr Wimsey fort. «Stellen Sie viel aus?»
    «Hin und wieder. Ich hatte noch nie eine Ausstellung in London.»
    «Ich bilde mir ein, einmal ein paar Meereslandschaften von Ihnen gesehen zu haben. In Manchester, nicht? Oder war es Liverpool? Bei Ihrem Namen war ich mir nicht sicher, aber Ihre Technik habe ich sofort wiedererkannt.»
    «Schon möglich. Ich habe vor zwei Jahren einmal ein paar Sachen nach Manchester geschickt.»
    «Eben. Ich war auch sicher, daß ich mich nicht getäuscht hatte. Ich möchte das Porträt gern kaufen. Hier ist übrigens meine Karte. Ich bin kein Journalist. Ich bin Sammler.»
    Crowder sah ein wenig zögernd von der Karte zu Wimsey und von Wimsey auf die Karte.
    «Wenn Sie es irgendwann ausstellen möchten», sagte Lord Peter, «überlasse ich es Ihnen gern, so lange Sie wollen.»
    «Ach, das ist es nicht», sagte Crowder. «Es ist nur – ich bin nicht besonders stolz auf das Ding. Ich würde es gern – das heißt, es ist einfach noch nicht fertig.»
    «Mein lieber Mann, das Bild ist einfach ein Meisterwerk!»
    «Nun ja, als Gemälde ist es ganz in Ordnung. Aber als Porträt ist es eben alles andere als zufriedenstellend.»
    «Du lieber Himmel, wer fragt schon danach! Ich weiß nicht, wie der verstorbene Mr. Plant ausgesehen hat, und es interessiert mich auch nicht. In meinen Augen ist das ganz einfach ein sehr gutes Gemälde, und wenn Sie daran noch herumpfuschen, können Sie es nur verderben. Das wissen Sie so gut wie ich. Was zwackt Sie noch? Doch nicht der Preis? Um den will ich

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