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Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern

Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern

Titel: Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Seine Lordschaft affektiert.
    «Ach ja. Sir. Sehr merkwürdig, Sir. Dieser Herr hier fragt nach genau demselben Dokument, das Sie soeben studiert haben. Ich bin jetzt schon fünfzehn Jahre in dieser Abteilung und kann mich nicht erinnern, daß so etwas schon einmal vorgekommen ist.»
    «Nein», sagte Wimsey, «ich kann mir auch nicht vorstellen, daß Ihre Artikel hier sich einer besonders lebhaften Nachfrage erfreuen.»
    «Es ist wirklich sehr merkwürdig», ließ sich der Fremde mit deutlichem Mißfallen in der Stimme vernehmen.

    «Sind Sie ein Angehöriger?» fragte Wimsey.
    « Ich bin ein Angehöriger», anwortete der Fuchs. «Darf ich fragen, ob Sie irgend etwas mit unserer Familie zu tun haben?»
    «Selbstverständlich», antwortete Wimsey huldvoll.
    «Das glaube ich nicht! Ich kenne Sie nicht.»
    «Nein, nein – ich meinte auch nur, Sie dürfen selbstverständlich fragen.»
    Der junge Mann bleckte regelrecht die Zähne.
    «Würden Sie mir dann vielleicht sagen, wer Sie sind und was Sie am Testament meines Großonkels so interessant finden?»
    Wimsey entnahm seiner Brieftasche eine Visitenkarte und reichte sie ihm lächelnd. Mr. Robert Ferguson wechselte die Farbe.
    «Wenn Sie Referenzen bezüglich meiner Vertrauenswürdigkeit brauchen», fuhr Wimsey leutselig fort, «wird Mr. Thomas Macpherson Ihnen sicher gern Auskunft über mich geben. Ich bin einfach neugierig», sagte Seine Lordschaft, «mich interessiert die Menschheit. Ihr Vetter hat mir etwas von der sonderbaren Testamentsklausel erzählt, die sich auf Ihres geschätzten Großonkels – äh – Magen mit Zubehör bezieht. Sonderbare Testamentsbestimmungen sind meine Leidenschaft. Darum bin ich hergekommen, um sie mir anzusehen und in meine Sammlung merkwürdiger Testamente aufzunehmen. Ich schreibe nämlich ein Buch über dieses Thema – Klauseln und Konsequenzen. Mein Verleger meint, es werde sich gut verkaufen. Bedaure, daß meine mehr zufälligen Recherchen Sie von Ihren zweifellos wichtigeren Studien abgehalten haben. Ich wünsche Ihnen einen wunderschönen guten Morgen.»
    Während Wimsey strahlend dem Ausgang zustrebte, hörten seine scharfen Ohren noch, wie der Beamte dem erzürnten Mr. Ferguson erklärte, das sei «ein sehr wunderlicher Herr» gewesen – «wohl nicht ganz richtig da oben, Sir.» Offenbar war sein Ruf als Detektiv noch nicht bis in die stillen Hallen des Somerset-Hauses gedrungen. «Aber», sagte Wimsey bei sich, «ich fürchte sehr, daß Vetter Robert einigen Stoff zum Nachdenken bekommen hat.»
    Von diesem alarmierenden Gedanken getrieben, nahm Wimsey unverzüglich ein Taxi zum Hatton Garden, um dort einen Freund zu besuchen. Dieser etwas krummnasige Herr mit seinen recht fleischigen Lidern fiel gleichwohl unter Chestertons Definition von einem netten Juden, denn sein Name war weder Montagu noch McDonald, sondern Nathan Abrahams, und die Herzlichkeit, mit der er Wimsey begrüßte, war schon fast Begeisterung zu nennen.
    «Wie schön, Sie einmal wiederzusehen! Nehmen Sie Platz, und trinken Sie ein Gläschen. Sind Sie endlich gekommen, um die Juwelen für die künftige Lady Peter auszusuchen?»
    «Noch nicht», sagte Wimsey.
    «Nein? Wie schade. Sie sollten sich beeilen und endlich seßhaft werden. Höchste Zeit, daß Sie eine Familie gründen. Vor Jahren haben wir schon abgemacht, daß ich die Ehre haben soll, die Braut für den Glückstag zu schmücken. Das ist ein Versprechen, wohlgemerkt. Ich denke jedesmal daran, wenn diese herrlichen Steine durch meine Hände gehen. Bei jedem sage ich: ‹Das wäre genau der Richtige für meinen Freund Lord Peter.› Aber dann höre ich nichts von Ihnen und verkaufe sie an dumme Amerikaner, die nur an den Preis denken und nichts von ihrer Schönheit verstehen.»
    «An die Diamanten werde ich immer noch denken können, wenn ich erst die Dame gefunden habe.»
    Mr. Abrahams riß die Hände über den Kopf. «Ach ja! Und dann kann es nicht schnell genug gehen. ‹Rasch, Mr. Abrahams! Ich habe mich gestern verliebt und will morgen heiraten.› Aber es kann Monate dauern, Jahre, bis man die richtigen zueinander passenden Steine gefunden hat. Das geht nicht von heute auf morgen. Ihre Braut wird mit einem Konfektionsgeschmeide vom Juwelier heiraten.»
    «Wenn drei Tage reichen, um mir eine Frau auszusuchen», meinte Lord Peter lachend, «dann dürfte für das Kollier wohl ein Tag vollauf genügen.»
    «So ist das mit euch Christen», antwortete der Diamantenhändler resigniert. «Bei euch geht

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