Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern
alles so oberflächlich. Ihr denkt nicht an die Zukunft. Drei Tage, um sich eine Frau zu suchen! Kein Wunder, daß die Scheidungsanwälte soviel zu tun haben. Mein Sohn Moses wird nächste Woche heiraten. Das wurde schon vor zehn Jahren zwischen den Familien beschlossen. Rachel Goldstein ist es. Ein gutes Mädchen. Und ihr Vater ist in einer guten Position. Wir sind alle sehr zufrieden, kann ich Ihnen sagen. Moses ist ein guter Sohn, ein sehr guter Sohn, und ich werde ihn zu meinem Partner machen.»
«Gratuliere», sagte Wimsey von Herzen. «Hoffentlich werden die beiden glücklich.»
«Danke, Lord Peter. Sie werden glücklich, davon bin ich überzeugt. Rachel ist ein liebes Mädchen und hat Kinder sehr gern. Und hübsch ist sie auch. Schönheit ist zwar nicht alles, aber für einen jungen Mann von heute auch ein Vorteil. Es fällt ihm leichter, zu einer hübschen Frau gut zu sein.»
«Stimmt», sagte Wimsey. «Ich werde das beherzigen, wenn es bei mir soweit ist. Auf das Wohl des glücklichen Paares, und mögen Sie bald Stammvater sein. Und da wir gerade von Stammvätern reden, ich habe hier so einen alten Knaben, über den Sie mir vielleicht etwas sagen können.»
«Ah, ja! Stets erfreut, Ihnen in jeder Weise behilflich zu sein, Lord Peter.»
«Dieses Foto wurde schon vor etwa dreißig Jahren aufgenommen, aber vielleicht erkennen Sie den Mann darauf doch.»
Mr. Abrahams setzte seine Hornbrille auf und betrachtete Großonkel Josephs Porträt mit ernster Aufmerksamkeit.
«O ja, ich kenne ihn recht gut. Was wollen Sie denn über ihn wissen, hm?» Er warf einen raschen, vorsichtigen Blick zu Wimsey hinüber.
«Nichts zu seinem Nachteil. Er ist sowieso tot. Ich hielt es nur für möglich, daß er in letzter Zeit vielleicht wertvolle Steine gekauft haben könnte.»
«Es ist nicht gerade geschäftsüblich, Auskünfte über Kunden zu geben», sagte Mr. Abrahams.
«Ich sage Ihnen, wozu ich sie brauche», antwortete Wimsey. Dann umriß er kurz Großonkel Josephs Werdegang und fuhr fort: «Wissen Sie, ich habe mir folgendes gedacht: Wenn ein Mann das Vertrauen zu den Banken verliert, was macht er dann mit seinem Geld? Er legt es irgendwie an – kauft Land, oder Häuser – aber das bedeutet Miete und somit wieder Geld, das er auf die Bank tragen muß. Eher legt er es also in Gold oder Wertpapieren an, oder er kauft kostbare Steine. Gold und Wertpapiere sind relativ sperrig; aber Juwelen sind klein. In diesem Falle lassen die Umstände mich vermuten, daß er sich für Juwelen entschieden hat. Und wenn wir nicht herausbekommen, was er nun wirklich mit dem Geld gemacht hat, bedeutet das einen großen Verlust für seine Erben.»
«Aha. Nun, wenn das so ist, kann es ja nicht schaden, wenn ich es Ihnen erzähle. Ich weiß, daß Sie ein Mann von Ehre sind, und werde Ihnen zuliebe von meinen Grundsätzen abgehen. Dieser Herr, Mr. Wallace –»
«Wallace hat er sich genannt?»
«Ist das nicht sein wirklicher Name? Diese heimlichtuerischen alten Herren sind schon komisch. Aber das ist nicht ungewöhnlich. Es kommt oft vor, daß sie beim Juwelenkauf aus Angst vor Dieben und Räubern einen falschen Namen angeben. Ja, ja. Nun, dieser Mr. Wallace kam von Zeit zu Zeit zu mir, und ich hatte den Auftrag, Diamanten für ihn zu suchen. Zwölf große Steine wollte er haben, von erster Qualität und vollkommen zueinander passend. Es hat ziemlich lange gedauert, bis sie alle beisammen waren.»
«Das kann ich mir denken.»
«O ja. Ich selbst habe ihm im Laufe von etwa zwanzig Jahren insgesamt sieben geliefert, und andere Häuser haben auch das ihre getan. Er ist in dieser Straße ein guter Bekannter. Ich habe den letzten Stein für ihn im – Augenblick – im letzten Dezember, glaube ich, gefunden. Ein wunderschöner Stein, wunderschön! Siebentausend Pfund hat er dafür bezahlt.»
«Muß wirklich ein schöner Stein gewesen sein. Wenn sie alle so gut sind, muß die Sammlung einiges wert sein.»
«Schwer zu sagen, wieviel sie wert ist. Wie Sie wissen, sind zwölf zueinander passende Steine ja viel mehr wert als die Summe dessen, was die Steine einzeln gekostet haben.»
«Und ob. Macht es Ihnen etwas aus, mir zu sagen, wie er dafür bezahlt hat?»
«In bar – immer in Noten der Bank von England – jedesmal bar auf die Hand. Dann wollte er noch einen Rabatt für Barzahlung haben», fügte Mr. Abrahams mit leisem Lachen hinzu.
«Er war eben Schotte», sagte Wimsey. «Nun, der Fall wäre klar. Sicher hatte er irgendwo ein
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