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Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern

Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern

Titel: Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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die Kleine, wie?»
«Du überraschst mich», sagte Lord Peter. «Nein –» als sein Freund sarkastisch grinste –, «du überraschst mich wirklich. Meinst du das ernst? Das würde nämlich alle meine Kalkulationen über den Haufen werfen.»
«Nein, nein. Nur frecher Blick und flinke Zunge, sonst nichts.»
«Keine Klagen über die Arbeit?»
«Ich habe keine gehört. Was hat dich eigentlich auf diese Spur gebracht?»
«Ein blanker Zufall. Natürlich kann ich mich gründlich irren.»
«Hast du Informationen aus Paris?»
«Ich wollte, du würdest nicht immer diese Redewendung gebrauchen», sagte Lord Peter zänkisch. «Klingt so nach Yard – so yardisch. Eines Tages verrätst du dich noch mal damit.»
«Entschuldige», sagte Parker. «Meine zweite Natur, vermutlich.»
«Vor diesen Dingen muß man sich hüten», entgegnete Seine Lordschaft mit einem Ernst, der ein wenig fehl am Platz wirkte.
«Man kann noch so gut auf alles achten, nur nicht auf die Streiche, die einem die zweite Natur spielt.» Er ging zum Fenster hinüber, von dem aus man den Lieferanteneingang sah. «Hallo!» sagte er. «Da ist ja unser Vogel.»
Parker trat zu ihm und sah den adretten Herrenschnitt der Französin von der Gare St. Lazare, gekrönt mit einem adretten schwarzen Band mit Schleife. Ein Mann mit einem Korb voller weißer Narzissen hatte geläutet und schien nun seine Ware anbringen zu wollen. Parker öffnete behutsam das Fenster, und sie hörten Célestine mit deutlichem französischem Akzent sagen:
«Nein, ’eute nichts, viele Dank.» Der Mann aber ließ sich, wie es dieser Leute Art ist, in seinem monotonen Geleier nicht unterbrechen und versuchte ihr einen Strauß von den weißen Blumen in den Arm zu drücken, doch sie stieß sie mit einem ärgerlichen Ausruf wieder in den Korb, wich mit hochgeworfenem Kopf zurück und knallte die Tür zu. Der Mann trat brummelnd ab, und während er von dannen zog, löste sich ein magerer, ungesund aussehender Müßiggänger mit karierter Kappe von einem Laternenpfahl auf der gegenüberliegenden Straßenseite und schlenderte ihm nach, wobei er einen Blick zum Fenster hinaufwarf. Mr. Parker sah Lord Peter an, nickte und gab mit der Hand ein verstecktes Zeichen. Sofort nahm der Mann mit der karierten Mütze seine Zigarette aus dem Mund, drückte sie aus, steckte sich die Kippe hinters Ohr und ging fort, ohne noch einen Blick zurückzuwerfen.
«Sehr interessant», sagte Lord Peter, kaum daß beide außer Sicht waren. «Horch!»
Über ihnen hörte man aufgeregte Schritte, einen Schrei, dann allgemeinen Tumult. Die beiden Männer sprangen zur Tür, gerade als die Braut, gefolgt von ihrer Brautjungfernschar, in wilder Verzweiflung die Treppe heruntergerannt kam und unter hysterischem Kreischen verkündete: «Die Diamanten! Gestohlen! Sie sind fort!»
Augenblicklich war das ganze Haus in Aufruhr. Dienstboten und Lieferanten drängten in die Halle. Der Brautvater kam in einer prächtigen weißen Weste, doch ohne Jackett, aus seinem Zimmer gestürmt; die Herzogin von Medway stürzte sich auf Parker und verlangte, daß etwas geschehe, während der Butler, der die Schande bis an sein Lebensende nicht überwand, aus dem Anrichteraum gerannt kam, einen Korkenzieher in der einen Hand und in der andern eine unbezahlbare Flasche uralten Portweins, die er schüttelte wie ein Stadtausschreier seine Glocke. Den einzigen würdigen Auftritt bot die Herzoginwitwe von Medway, die wie ein Schiff unter vollen Segeln herunterkam, Célestine mit sich schleppend und sie ermahnend, nicht albern zu sein.
«Sei still, Mädchen», sagte die Herzoginwitwe. «Man glaubt sonst noch, du solltest ermordet werden.»
«Erlauben Sie, Euer Gnaden», sagte Mr. Bunter, der plötzlich in seiner gewohnt unbeirrbaren Art von irgendwoher aus dem Nichts auftauchte und die aufgeregte Célestine fest am Arm packte. «Beruhigen Sie sich, junge Frau.»
«Aber was sollen wir denn jetzt tun ?» rief die Brautmutter.
«Wie konnte das geschehen?»
Genau in diesem Augenblick trat Kriminalinspektor Parker auf die Bühne. Es war der beeindruckendste und dramatischste Augenblick in seiner ganzen Laufbahn. Seine fabelhafte Gelassenheit beschämte die wehklagende Aristokratie, die ihn umstand.
«Euer Gnaden», sagte er, «es besteht kein Grund zur Besorgnis. Unsere Maßnahmen wurden schon ergriffen. Wir haben die Diebe und die Juwelen, dank Lord Peter Wimsey, von dem wir eine Infor –»
«Charles!» sagte Lord Peter mit drohender Stimme.
«– eine Warnung

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