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Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern

Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern

Titel: Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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fühlt das denn nicht ein Blinder mit dem Stock? Wenn das Kensititen gewesen wären, hätten sie es dann nicht auf die Kreuze und Bilder und Lampen und – das da – abgesehen gehabt?» Damit streckte er einen schwieligen Finger in Richtung Tabernakel aus. «Nein, Sir, die Burschen, die das gemacht haben, die haben die sogenannten heiligen Bildnisse nicht angerührt – und den Kommuniontisch haben sie auch in Ruhe gelassen. Darum sag ich, das war hier kein Religionskrieg, sondern nur sozusagen ein Streich. Und Mr. Burdocks Leiche haben sie auch mit Respekt behandelt, wie Sie sehen, Sir. Das zeigt doch, daß sie eigentlich gar nichts Schlimmes wollten, oder?»
    «Ganz Ihrer Meinung», sagte Wimsey. «Überhaupt haben sie geradezu peinlich darauf geachtet, nichts anzurühren, was Kirchgängern wirklich heilig ist. Sagen Sie, wie lange sind Sie schon auf diesem Posten, Konstabler?»
    «Im Februar sind’s drei Jahre, Sir.»
    «Haben Sie schon mal daran gedacht, nach London zu gehen und sich bei der Kriminalpolizei zu versuchen?»
    «Hm, ja, Sir, das hab ich – aber die warten ja nicht nur darauf, daß einer sozusagen daherkommt.»
    Wimsey nahm eine Visitenkarte aus der Brieftasche.
    «Wenn Sie es je ernsthaft erwägen», sagte er, «geben Sie diese Karte Chefinspektor Parker und plaudern Sie ein bißchen mit ihm. Sagen Sie ihm, daß ich finde, Sie können hier nicht genug zeigen, was in Ihnen steckt. Er ist nämlich ein sehr guter Freund von mir und wird Ihnen eine gute Chance geben, das weiß ich.»
    «Ich habe schon von Ihnen gehört, Mylord», sagte der Konstabler geschmeichelt, «und das ist wirklich sehr freundlich von Eurer Lordschaft. So, aber jetzt gehe ich am besten mal weiter. Überlassen Sie das nur mir, Mr. Frobisher-Pym, Sir; der Sache werden wir schon bald auf den Grund kommen.»
    «Das will ich hoffen», antwortete der Friedensrichter. «Und derweil will ich auch annehmen, Mr. Hancock, daß Sie einsehen, wie unangebracht es ist, nachts die Kirchentüren offen zu lassen. So, kommen Sie, Wimsey; jetzt wollen wir die Leute mal die Kirche wieder fürs Begräbnis in Ordnung bringen lassen. Was haben Sie denn da gefunden?»
    «Nichts», sagte Wimsey, der in der Jungfrauenkapelle interessiert zu Boden geschaut hatte. «Ich hatte schon gefürchtet, Sie hätten hier den Holzwurm drin, aber wie ich sehe, ist es nur Sägemehl.» Er wischte sich, während er sprach, den Finger ab und folgte Mr. Frobisher-Pym aus dem Gotteshaus.
    Wer sich in einem Dorf aufhält, von dem wird erwartet, daß er an den Interessen und Vergnügungen der Gemeinde Anteil nimmt. Demgemäß wohnte Lord Peter pflichtschuldigst der Beisetzung des Gutsherrn Burdock bei und sah mit eigenen Augen, wie der Sarg wohlbehalten der Erde übergeben wurde – bei Regen, gewiß, aber dennoch unter Anteilnahme einer großen und ehrerbietigen Trauergemeinde. Nach der Zeremonie wurde er Mr. und Mrs. Haviland Burdock förmlich vorgestellt und sah seinen schon früher gewonnenen Eindruck bestätigt, daß die Dame gut, um nicht zu sagen zu gut gekleidet war – wie man es wohl von einer Dame erwarten konnte, deren Garderobe sich auf dem Fundament von Seidenstrümpfen aufbaute. Sie war eine gutaussehende Frau von einer auffallenden, großspurigen Art, und die Hand, die Wimseys Hand umfaßte, war geradezu schmerzhaft mit Diamanten gespickt. Haviland schien zu Freundlichkeit aufgelegt zu sein – und schließlich haben Seidenstrumpfhersteller ja auch keinen Grund, gegenüber reichen Männern blauen Blutes zu etwas anderem aufgelegt zu sein. Er schien Wimseys Ruf als Antiquitätenliebhaber und Büchersammler zu kennen und lud ihn herzlich ein, mitzukommen und sich das alte Gutshaus anzusehen.
    «Mein Bruder Martin ist noch im Ausland», sagte er, «aber er würde Sie sicherlich gern hereinbitten und Ihnen das Anwesen zeigen. Wie ich höre, stehen in der Bibliothek einige schöne alte Bücher. Wir bleiben noch bis Montag – wenn Mrs. Hancock so gütig ist, so lange unsere Gastgeberin zu sein. Wie wär’s, wenn Sie morgen nachmittag kämen?»
    Wimsey sagte, es werde ihm eine Freude sein.
    Mrs. Hancock mischte sich ein und fragte, ob Lord Peter nicht zuvor noch zum Tee ins Pfarrhaus kommen wolle. Wimsey sagte, das sei sehr freundlich von ihr.
    «Dann ist das abgemacht», sagte Mrs. Burdock. «Sie und Mr. Pym kommen zum Tee, und dann sehen wir uns zusammen das Haus an. Ich habe es ja selbst noch kaum gesehen.»
    «Es lohnt sich anzusehen», sagte Mr. Frobisher-Pym.

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