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Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern

Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern

Titel: Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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zwei Uhr morgens auf einer einsamen Straße zu erschrecken.»
    Hochzufrieden mit dieser Überlegung klopfte er sich gutgelaunt mit der Reitpeitsche an den Stiefel.
    «Aber hol’s doch alles miteinander der Kuckuck! Die sind kein zweites Mal an mir vorbeigekommen. Wohin sind sie verschwunden? Eine Kutsche mitsamt Pferden kann sich schließlich nicht in Luft auflösen. Es muß ja doch einen Nebenweg geben – oder, meine liebe Polly Flinders, du nimmst mich die ganze Zeit auf den Arm.»
    Der Reitweg mündete schließlich an der nun schon vertrauten Straßengabel, wo Wimsey den Polizisten getroffen hatte, in die Straße ein. Während sie gemächlich heimwärts zockelten, suchte Seine Lordschaft die Hecken auf der linken Seite nach dem Feldweg ab, den es nach allem menschlichen Ermessen geben mußte. Aber nichts belohnte seinen suchenden Blick. Eingezäunte Felder und Wiesen mit Vorhängeschlössern an den Gattern bildeten die einzigen Lücken in der Hecke, bis er sich wieder an der Stelle befand, von wo aus er zwei Nächte zuvor die Allee hinuntergeschaut und die Todeskutsche im Galopp die Straße heraufkommen gesehen hatte.
    «Verflixt!» sagte Wimsey.
    Zum erstenmal fiel ihm die Möglichkeit ein, daß die Kutsche vielleicht kehrtgemacht haben und durch Little Doddering zurückgefahren sein könnte. Mittwoch nachts war sie jedenfalls bei der Kirche von Little Doddering gesehen worden. Aber auch bei der Gelegenheit war sie schon in Richtung Frimpton davongejagt. Überhaupt kam Wimsey bei näherem Hinsehen zu dem Schluß, daß sie zunächst aus Richtung Frimpton gekommen, über den Back Lane – gegen den Uhrzeigersinn, versteht sich – um die Kirche herumgefahren und dann über die Landstraße dahin zurückgekehrt sein mußte, woher sie kam. Aber in diesem Falle – «Kehr noch einmal um, Whittington», sagte Wimsey, und Polly Flinders machte gehorsam auf der Straße kehrt. «Über eine dieser Wiesen ist sie gefahren, oder ich heiße Kasimir.»
    Er zügelte Polly in ein langsames Schrittempo und ritt am rechten Grasbankett entlang, den Blick auf den Boden geheftet wie ein Schotte, der einen Shilling verloren hat.
    Das erste Gatter führte auf ein umgepflügtes, geeggtes und mit Winterweizen besätes Feld. Klar, daß da seit vielen Wochen nichts mehr mit Rädern drübergefahren war. Das zweite Gatter sah schon verheißungsvoller aus. Es führte auf ein Stück Brachland, und die Zufahrt wies unzählige Radspuren auf. Bei näherem Hinsehen aber stellte sich heraus, daß dies das einzige Gattertor zu diesem Grundstück war. Es war wohl nicht anzunehmen, daß die Kutsche auf ein Feld gefahren war, das keinen Ausgang hatte. Wimsey entschloß sich, weiterzusuchen.
    Das dritte Gatter war in schlechtem Erhaltungszustand. Traurig hing es in den Angeln. Eine Haspe war nicht mehr vorhanden, und Gatter und Pfosten waren mit etlichen Drahtwindungen zusammengebunden. Wimsey stieg ab, um diese in Augenschein zu nehmen, und konnte sich überzeugen, daß ihre rostige Oberfläche in letzter Zeit nicht mehr angetastet worden war.
    Es blieben nur noch zwei Gatter bis zur Straßengabel. Das eine führte wieder auf einen gepflügten Acker, dessen Furchen keinerlei Spuren aufwiesen, aber beim Anblick des letzten Gatters machte Wimseys Herz einen Hüpfer.
    Es führte auch wieder auf einen gepflügten Acker, aber um diesen herum führte ein breiter, festgefahrener Weg voller Fahrrinnen und Wasserpfützen. Das Gatter war nicht abgeschlossen, sondern hatte nur ein einfaches Schnappschloß mit Klinke. Wimsey besah sich die Einfahrt ganz genau, und siehe, zwischen den breiten, von Bauernfuhrwerken stammenden Radfurchen fanden sich vier schmale – mit den unverkennbaren Abdrücken von Gummireifen. Er drückte das Tor auf und ritt hindurch.
    Der Weg führte um zwei Seiten des Ackers herum; dann kam ein zweites Gatter und dahinter ein zweites Feld mit langen Reihen Mangold und ein paar Scheunen. Pollys Huftritte lockten einen Mann mit einem Pinsel in der Hand aus der nächstgelegenen Scheune; er blieb vor der Tür stehen und sah Wimsey entgegen.
    «Morgen!» sagte dieser betont freundlich.
    «Morgen, Sir.»
    «Schöner Tag, nach diesem Regen.»
    «O ja, Sir.»
    «Es ist hoffentlich nicht verboten, hier durchzureiten?»
    «Wo wollen Sie denn hin, Sir?»
    «Ich dachte eigentlich – hallo!»
    «Stimmt was nicht, Sir?»
    «Ich glaube, der Gurt ist verrutscht. Es ist nämlich ein neuer.»
    (Das stimmte.) «Lieber mal nachsehen.»
    Der Mann kam näher,

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