Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten
Eisen nach Hause zu knattern, bevor der geflickte Kühlschlauch platzte oder die Kupplung ausfiel – das war ihre einzige Sorge. Immer hundemüde und schmutzig und auf das Schlimmste gefaßt, meist knapp bei Kasse und verdrießlich – so einer stellte gestrandeten Reisenden, die fürs Mitgenommenwerden bezahlen wollten, gewöhnlich keine Fragen.
«So sind Sie also nach Carlisle gekommen?»
«Ja. Ich hab die halbe Zeit geschlafen, außer natürlich, als ich die Lampe halten mußte. Wenn ich zwischendurch mal wach war, hat’s mir Spaß gemacht. Daß ich nicht wußte, wer er war, machte es noch schöner. Sehen Sie, ich hatte noch nie in einem Beiwagen gesessen. Es ist nicht dasselbe wie im Auto. Autos faszinieren mich auch, obwohl ich bei meinen bisherigen zwei, drei Fahrversuchen nicht viel Spaß hatte. Ich lasse mich gern fahren – und diese Beiwagengeschichte hat es mir angetan. Die Kraft sitzt außerhalb von einem und zieht einen weiter, sozusagen im Schlepptau. Wie wenn man entführt würde. Anscheinend nimmt man die Kraft des Motors mehr wahr als in einem Auto. Wie kommt das nur?»
Wimsey schüttelte den Kopf.
«Vielleicht hab ich mir alles auch nur eingebildet. Na ja, jedenfalls sind wir morgens in Carlisle angekommen, und ich hab in so einer Art Teestube was gegessen. Dann mußte ich natürlich zu einer Entscheidung kommen. Als erstes habe ich mir mal ein sauberes Hemd, Socken und Zahnbürste und dergleichen gekauft, mit Rucksack, um die Sachen reinzutun. Und da erst hab ich dann an Geld gedacht. Ich würde irgendwo einen Scheck einlösen müssen. Aber damit hätte ich verraten, wo ich war. Ich meine, die Bank hätte in Kirkcudbright anrufen müssen und so weiter. Irgendwie fand ich es lustiger, mich durchzumalen. Ich hatte noch genug bei mir, um Farben zu kaufen, da bin ich also in ein Kunstgeschäft gegangen und hab mir einen Kasten und eine Palette gekauft, ein paar Pinsel, Farben –»
«Winsor & Newton, wie ich sehe», sagte Wimsey.
«Ja. Die kriegt man nämlich fast überall. Meist besorge ich mir meine Sachen aus Paris, aber Winsor & Newton ist eine vollkommen zuverlässige Firma. Ich hab mir vorgestellt, ich könnte bis runter ins Seengebiet und kleine Bildchen für Touristen und dergleichen malen. Das ist furchtbar einfach. Man schafft zwei bis drei davon an einem Tag – Berge und Wasser und Nebel, Sie verstehen –, und die Idioten zahlen einem 10 Shilling das Stück, wenn’s nur kitschig genug ist. Ich hab mal einen gekannt, der hat auf diese Weise immer seinen Urlaub finanziert. Hat natürlich nicht mit seinem eigenen Namen signiert. Es ist ja eine Art Massenproduktion.»
«Daher die Idee mit Mr. H. Ford?»
«Ach, Sie waren also im Bullen in Brough? Ja – die Vorstellung hat mich gereizt. Und nachdem ich also die Farben gekauft hatte, war gerade noch Geld genug übrig, um noch einmal einen Lastwagenfahrer zu bestechen. Hab ich dann aber nicht getan. Ich hab einen Mann mit einem Riley aufgetrieben – Dozent in Oxford –, ein unwahrscheinlich netter Kerl. Er fuhr in Richtung Süden und meinte, ich könne mitfahren, so weit ich Lust hätte, und mein Geld könne ich mir an den Hut stecken. Er hat ziemlich viel geredet. Sein Name war John Barrett, und er fuhr nur so zum Vergnügen durch die Gegend. Wußte gar nicht, wohin er wollte. Er hatte seit kurzem ein neues Auto und wollte mal sehen, was unter der Haube steckte. Mann, das hat er dann auch getan. Ich hab mein Lebtag noch nicht solche Angst gehabt.»
«Wo wohnt er?»
«Ach Gott, irgendwo in London. Er hat’s mir gesagt, aber jetzt fällt’s mir nicht wieder ein. Er hat auch viel gefragt, und ich hab ihm erzählt, ich sei ein wandernder Maler, was er für einen unheimlich guten Witz hielt. Mir hat’s nichts ausgemacht, ihm das zu sagen, denn zu der Zeit stimmte es ja. Er hat mich gefragt, was man denn da verdienen könne, und ich hab ihm alles das erzählt, was ich von meinem Bekannten gehört hatte, und als er mich fragte, wo ich zuletzt gewesen sei, hab ich gesagt, in Galloway. So einfach war das. Aber als wir dann durch Brough kamen, hab ich gesagt, ich möchte aussteigen. Ich fand, ich war noch zu jung zum Sterben – wo ich doch gerade auf das große Abenteuer ging. Er war ein bißchen enttäuscht, aber dann hat er mir viel Glück gewünscht und so. Ich bin zum Bullen gegangen, weil er nicht so vornehm aussah wie das andere Gasthaus, und da ist mir dann die Idee mit dem Schild gekommen. War auch gut so, denn anderntags
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