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Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten

Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten

Titel: Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Kirkcudbright verfehlen können? Er war die ganze Zeit in den McClellan Arms .»
    «Daran hab ich überhaupt nicht gedacht. Ich bin nur noch nach Gatehouse abgezogen. In seinem Haus war er nicht, und Ferguson hat mich angeschnauzt. Zuerst wollte ich mich schon gleich mit Ferguson prügeln, aber so betrunken war ich nun doch wieder nicht. Dann bin ich weg und hab noch ein paar getrunken. Jemand hat mir erzählt, er hätte Campbell nach Creetown fahren sehen, da bin ich ihm nach.»
    «Nein, das sind Sie nicht», sagte Wimsey. «Sie sind auf die Straße zum Golfgelände abgebogen.»
    «So? Ach ja, stimmt. Ich wollte zu Strachan, aber der war nicht zu Hause. Ich glaube, ich hab ihm eine Nachricht dagelassen; ehrlich gesagt, ich erinnere mich daran nur verschwommen. Aber ich glaube, ich hab ihm mitgeteilt, daß ich nach Creetown fahren und Campbell erschlagen und mir dann selbst die Kehle aufschneiden wollte. Irgend so ’n Quatsch … Menschenskind, der arme Strachan! Muß der was durchgemacht haben! Hat er diesen Zettel der Polizei gezeigt?»
    «Nicht daß ich wüßte.»
    «Ach was, er doch nicht. Strachan ist ein feiner Kerl. Na ja, ich bin also nach Creetown gefahren. Die Kneipen waren zu, als ich hinkam, aber ich bin hingegangen und hab mir da einen gegriffen – Himmel, nein! Der wird sich natürlich auch nicht gemeldet haben. Na ja, vergessen wir den Mann – ich will ihn nicht in Schwierigkeiten bringen. Die Sache ist die, ich hab ihm nach der Polizeistunde eine Flasche Whisky abgekauft.»
    «Und?»
    «Also, an das Folgende erinnere ich mich nicht sehr genau, aber ich weiß noch, daß ich in die Berge hinaufgefahren bin, mit der verschwommenen Absicht, mich in eine der Minen zu stürzen. Ich bin umhergelaufen. Ich weiß noch, wie ich das blöde Fahrrad querfeldein geschoben habe – und dann, Herrgott noch mal, bin ich an eine von diesen Minen gekommen. Bin fast hineingefallen. Dann hab ich mich auf den Rand gesetzt und eine Zeitlang herumphilosophiert, mit Hilfe des Whiskies natürlich. Ich muß schwer betrunken gewesen sein. Ich weiß nicht, wie lange das ging. Jedenfalls hab ich dann plötzlich jemanden schreien hören und hab zurückgeschrien. Mir war ganz danach. Jemand kam und fing an zu reden. Es war der gute Strachan. Zumindest hab ich den Eindruck, daß es Strachan war, aber ich gebe offen zu, daß ich die Dinge vielleicht ein bißchen durcheinanderbringe. Ich weiß noch, daß er geredet und geredet und mich zu packen versucht hat, und ich hab mich gewehrt und mich mit ihm geschlagen. Es war eine herrliche Prügelei, das weiß ich noch. Dann hab ich ihn niedergeschlagen und bin gerannt. Gerannt wie der Teufel. Gott, war das schön! Der Whisky steigt mir nämlich in den Kopf, wissen Sie, aber meine Beine sind immer in Ordnung. Ich bin leichtfüßig über die Heide gehüpft, und die Sterne immer mit mir. Du lieber Gott! Daran erinnere ich mich. Ich weiß nicht, wie lange ich gelaufen bin. Aber dann hab ich mal danebengetreten und bin irgendwo einen Abhang hinuntergerollt. Ich nehme an, daß ich mich unten wieder gefangen habe, denn als ich aufwachte, war schon heller Morgen, und ich lag schön warm und gemütlich in einer Art Mulde zwischen Farnen und hatte nicht mal Kopfweh.
    Ich wußte nicht, wo ich war. Interessierte mich aber auch nicht. Ich hatte nur noch das Gefühl, daß alles egal sei. Nach Hause wollte ich nicht. Campbell war mir völlig schnurz. Mir war nur, als ob alle Sorgen der Welt von mir abgefallen wären und mich allein im Sonnenschein zurückgelassen hätten. Ich bin immer geradeaus gegangen. Inzwischen war ich ganz schön hungrig, denn ich hatte ja nicht zu Abend gegessen, aber es gab da oben nicht einmal eine Schäferhütte. Ich bin gewandert und gewandert. Es flossen viele kleine Bäche da, zu trinken hatte ich also genug. Nach Stunden bin ich an eine Straße gekommen und ihr gefolgt, ohne jemandem zu begegnen. Und irgendwann gegen Mittag bin ich dann an eine Brücke gekommen und wußte, wo ich war. Der Ort heißt New Brig o’ Dee und liegt an der Straße nach New Galloway. So besonders weit war ich also gar nicht gekommen. Wahrscheinlich bin ich irgendwie im Kreis gelaufen, obwohl ich mir einbildete, die Sonne die ganze Zeit rechts von mir zu haben.»
    «Ach ja, die Sonne bewegt sich nämlich», sagte Wimsey.
    «Scheinbar wenigstens.»
    «Ja – ich glaube nicht mal, daß ich wußte, wie lange ich gelaufen war. Jedenfalls war ich nun da und bin in Richtung New Galloway weitergegangen.

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