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Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten

Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten

Titel: Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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ein Täuberich, in meinen Sessel zurücklehnen und sagen: ‹Meine Herren, Sie liegen alle falsch.›»
    «Unsinn!» rief der Polizeipräsident. «Wir können doch nicht alle unrecht haben.»
    «Sie erinnern mich», sagte Wimsey, «an den Schiffssteward, der auf dem Ärmelkanal zu dem Passagier sagte: ‹Sie können sich hier nicht übergeben.› Sie können alle unrecht haben, und das haben Sie.»
    «Aber wir haben doch jetzt jeden verdächtigt», sagte Sir Maxwell. «Hören Sie, Wimsey, Sie werden uns jetzt nicht damit kommen, daß Mrs. Green oder der Milchmann oder sonst einer der Mörder war, von dem wir noch gar nichts gehört haben. Das läge in der schlechtesten Tradition minderwertigster Kriminalromane. Außerdem haben Sie selbst gesagt, der Mörder müsse ein Künstler sein, und Sie selbst haben diese sechs Künstler ausgewählt. Wollen Sie jetzt einen Rückzieher machen?»
    «Nein», sagte Wimsey, «etwas derart Gemeines würde ich denn doch nicht tun. Ich muß meine Behauptung von vorhin etwas abschwächen. Sie haben alle unrecht, aber einer von Ihnen hat etwas weniger unrecht als die übrigen. Trotzdem hat keiner von Ihnen den richtigen Mörder, und keiner von Ihnen hat den ganzen Ablauf richtig rekonstruiert, einige von Ihnen wohl aber Teile davon.»
    «Nun spannen Sie uns mal nicht so auf die Folter, Wimsey», sagte Sir Maxwell. «Die Sache hat ja auch noch eine ernste Seite. Wenn Sie über Informationen verfügen, die wir nicht haben, sollten Sie uns das sagen. Überhaupt hätten Sie uns das von Anfang an sagen sollen, statt unsere Zeit so zu vergeuden.»
    «Ich hab’s Ihnen von Anfang an gesagt», antwortete Wimsey.
    «Schon am Tag des Verbrechens habe ich es Ihnen gesagt, Sie vergessen das nur die ganze Zeit. Und ich habe eigentlich wirklich nichts im Ärmel behalten. Schließlich mußte ich warten, bis alle Verdächtigen vernommen worden waren, bevor ich mir meiner Theorie sicher sein konnte, denn jeden Augenblick hätte etwas auf den Tisch kommen können, was sie zunichte machte. Und ich habe auch jetzt noch nichts direkt bewiesen, obwohl ich es jederzeit zu versuchen bereit bin, wann immer Sie wünschen.»
    «Nun los schon, los», sagte der Staatsanwalt, «sagen Sie uns bitte, was Sie beweisen wollen, und Sie bekommen jede Gelegenheit dazu.»
    «Wunderbar! Ich werde gut sein. Nun müssen wir mal zurückgehen bis auf die Entdeckung der Leiche. Dort lag nämlich schon der Hase im Pfeffer, und ich habe Sie darauf aufmerksam gemacht, Dalziel. Es war nämlich dasjenige, was uns von Anfang an überzeugt hat, daß Campbells Tod kein Unfall, sondern ein Mord war.
    Sie erinnern sich, wie wir die Leiche gefunden haben. Sie lag im Wasser, kalt und steif, und auf der Staffelei oben stand ein Bild, halbfertig, mitsamt Palette, Malersack und Malerspachtel. Wir haben uns alle Habseligkeiten des Toten vorgeknöpft, und ich hab zu Ihnen gesagt: ‹Da fehlt was, und wenn wir es nicht finden, heißt das Mord.› Erinnern Sie sich daran, Dalziel?»
    «Sehr gut, Lord Peter.»
    «Wir haben in Campbells Malersack neun Tuben Ölfarben gefunden – Zinnoberrot, Ultramarin, zweimal Chromgelb, Chromgrün, Kobaltblau, Karmesinrot, Krapprosa und Zitronengelb. Aber Schieferweiß war keins da. Wie ich Ihnen nun damals erklärt habe, kann ein Ölmaler unmöglich ein Bild malen, ohne Schieferweiß zu benutzen. Es ist ein Grundmedium, das er in andere Farben hineinmischt, um verschiedene Licht- und Schattentöne herauszubekommen. Selbst ein Mann wie Campbell, der viele reine Farben benutzte, wäre so wenig ohne eine Tube Schieferweiß zum Malen gegangen wie Sie ohne Angel zum Fischen. Auf jeden Fall war ja schon durch das Bild selbst bewiesen, daß Campbell an diesem Morgen Schieferweiß benutzt hatte, denn es waren gewaltige Wolkenmassen darauf, frisch aufgetragen und noch naß.
    Das bestätigte auch ein Blick auf die Palette. Es waren sieben Farbkleckse darauf, und zwar in der Reihenfolge: Weiß, Kobalt, Chromgrün, Zinnoberrot, Ultramarin, Chromgelb und Krapprosa.
    Nun, Sie wissen ja, wie wir nach der fehlenden Farbtube gesucht haben. Wir haben Campbells Taschen umgedreht, wir haben jeden Zentimeter Boden abgesucht, und wir haben – vielmehr Sie haben, denn ich hatte mich vernünftigerweise verdrückt – jeden Stein in diesem vermaledeiten Bach umgedreht bis hin zur Brücke. Ich hatte Ihnen gesagt, daß die Tube wahrscheinlich groß sei, aber fast leer und dadurch ziemlich leicht sein könne. Wenn sie dort irgendwo gewesen

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