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Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten

Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten

Titel: Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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den Schädel eingerannt haben, als er auf die Steine fiel?»
    Wimsey stöhnte innerlich. Diese ewigen bohrenden Fragen wurden allmählich lästig. Einer nach dem anderen wollten sie alle dasselbe wissen. Er antwortete ausweichend: «Kann ich nicht sagen. Dürfte alles in allem die wahrscheinlichste Erklärung sein. An Ihrer Stelle würde ich den Medizinmann fragen.»
    «Der sagt’s mir so wenig wie Sie.»
    Ferguson tupfte eine Zeitlang schweigend Farbe auf seine Leinwand. Wimsey bemerkte, daß er anscheinend recht systemlos dabei vorging, und war nicht überrascht, als er plötzlich die Palette auf den Tisch warf, sich umdrehte und unvermittelt fragte: «Hören Sie, Wimsey. Sagen Sie mir eines. Sie brauchen mir gar nicht vorzumachen, Sie wüßten nichts, denn Sie wissen genau Bescheid. Gibt es irgendeinen Zweifel daran, daß Campbell am Morgen desselben Tages gestorben ist, an dem er gefunden wurde?»
    Wimsey fühlte sich, als ob er plötzlich einen Schlag in die Magengrube bekommen hätte. Was veranlaßte den Mann, diese Frage zu stellen – wenn es nicht der Selbstverrat eines schlechten Gewissens war? Da er nicht recht wußte, was er antworten sollte, stellte er ganz einfach die Frage, die er sich eben selbst gestellt hatte. «Wie kommen Sie auf diese Frage?»
    «Und warum in aller Welt können Sie mir keine gerade Antwort geben?»
    «Nun ja», meinte Wimsey, «weil mir die Frage so arg komisch vorkommt. Ich meine – ach so, natürlich –, hat man Ihnen vielleicht noch nichts von dem Bild erzählt?»
    «Von was für einem Bild?»
    «Dem Bild, an dem Campbell gemalt hatte. Die Farbe darauf war noch feucht. Er muß also an dem Morgen noch gelebt haben, sonst hätte er ja nicht malen können, oder?»
    «Ach so!» Ferguson atmete lange aus, als ob ihm eine große Sorge von der Seele genommen worden wäre. Er nahm die Palette wieder zur Hand. «Nein, davon hat mir keiner was gesagt. Das erklärt natürlich alles.» Er trat ein paar Schritte zurück und betrachtete die Leinwand, den Kopf schiefgelegt, die Augen halb geschlossen.
    «Aber wie kamen Sie auf die Frage?»
    «Na ja», sagte Ferguson. Er nahm den Spachtel und kratzte die ganze Farbe wieder weg, die er eben aufgetragen hatte. «Sehen Sie – die Polizei hat solche Fragen gestellt. Da hab ich mich gefragt – nun –» sein Gesicht war ganz dicht vor dem Gemälde, und er schabte und schabte, ohne Wimsey anzusehen – «vielleicht können Sie mir sagen, was ich damit anfangen soll.»
    «Womit?» fragte Wimsey.
    «Mit der Polizei. Als erstes hat sie von mir wissen wollen, wo ich überall gewesen war, angefangen mit Montag abend. Mit dem Dienstag war’s ja noch leicht, weil ich da um 9 Uhr 08 nach Glasgow gefahren und den ganzen Tag dageblieben bin. Aber ich mußte zugeben, daß ich den ganzen Montag abend hier gewesen war, und da wurden sie – ganz vertrackt neugierig.»
    «Wirklich? Na so was!»
    «Darum hab ich das wissen wollen, verstehen Sie? Es wäre überaus unangenehm, wenn – na ja, wenn eben Zweifel daran beständen, daß Campbell am Dienstagmorgen noch gelebt hat.»
    «Ja, das verstehe ich. Nun, soweit ich weiß – aber wohlgemerkt, ich kann nicht so tun, als ob ich alles wüßte –, jedenfalls, soviel ich weiß, hat einer, der für Dienstag morgen ein vollständiges Alibi hat, nichts zu fürchten.»
    «Da bin ich aber froh. Nicht so sehr für mich selbst, obwohl natürlich keiner gern in einen Verdacht gerät. Aber es ist einfach so, Wimsey, ich hab nicht recht gewußt, was ich den Leuten sagen sollte.»
    «Ach!» sagte Wimsey, dessen Augen überall waren. «Wissen Sie was, das da drüben gefällt mir, das mit den weißen Hütten und der Heide im Vordergrund. Hebt sich wunderschön vor diesem Berghang ab.»
    «Ach ja. Hab schon Schlechteres gemalt. Ich will Ihnen mal was sagen, Wimsey; nachdem Sie mir das erzählt haben, macht es mir nicht mehr soviel aus – das heißt, als diese Kerle hier waren, hab ich gedacht, es könnte vielleicht was dran sein, und da hab ich – ich hab mich sozusagen etwas zurückgehalten. Aber ich glaube, ich sollte Ihnen mal alles beichten, und Sie sagen mir dann, ob ich es weitersagen soll. Ich bin wirklich nicht scharf darauf, Unfrieden zu stiften. Aber sehen Sie, andererseits möchte ich mich auch nicht bei irgend etwas mitschuldig machen.»
    «Soweit meine Meinung maßgeblich ist», sagte Wimsey, «würde ich sagen, spucken Sie’s aus. Wenn schließlich jemand den armen Teufel hingemacht hat, sollte man

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