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Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten

Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten

Titel: Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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geprügelt haben, Inspektor? Aber von wem? Nicht von Mrs. Farren, oder sie hätte sich über Nacht von einer Burne-Jones in eine Rossetti verwandeln müssen. Wenn aber nicht Mrs. Farren, Inspektor, wo bleibt dann unsere Theorie?»
    «Ach was!» meinte der Inspektor. «Das muß mit unserem Fall überhaupt nichts zu tun haben.»
    «Wie verständig Sie doch sind», fand Wimsey, «und wie unbeirrbar. Die Ruhe und Beherrschtheit selbst, kein Schäumen, kein Überlaufen. Apropros, wann öffnen die Kneipen? Hoppla, da ist ja gleich noch ein Büschel Haare! Schönes Liebespfand! Wissen Sie was, wir begeben uns damit mal zu mir nach Hause und zeigen es Bunter. Ich hab so das Gefühl, daß es ihn interessieren wird.»
    «Meinen Sie?» fragte MacPherson. «Keine schlechte Idee vielleicht. Aber ich glaube, wir sollten doch erst mal nach Newton Stewart. Dort müssen wir den Doktor auftreiben und den Bestattungsunternehmer veranlassen, den Sarg zu öffnen. Ich möchte doch zu gern sehen, wie der Schraubenschlüssel in die Schädelverletzung paßt.»
    «Sehr gut», fand Wimsey. «Ich auch. Aber einen kleinen Moment noch. Wir sollten uns einmal umtun und feststellen, was mit der Leiche geschehen ist. Der Mörder hat sie in seinen Wagen gestopft und ist damit in Richtung Gatehouse weggefahren. Weit kann er aber nicht gefahren sein, weil er schon bald darauf wiedergekommen ist, um Campbells Morris zu holen. Demnach müßte hier irgendwo ein Gatter sein, und ich glaube sogar eines gesehen zu haben.»
    Die Suche dauerte nicht lange. Schon fünfzig Meter hinter der Kurve fanden sie ein rostiges Eisengatter auf der rechten Straßenseite. Es führte auf einen grasüberwachsenen Weg, der nach etwa dreißig Metern abrupt nach links abbog und dann hinter ein paar Büschen versteckt lag.
    «Das ist die Stelle», sagte Wimsey. «Hier ist in letzter Zeit ein Wagen gefahren. Man sieht noch, wo die Kotflügel die Pfosten gestreift haben. Das Gatter ist nur mit Haken und Kette gesichert – man kriegt’s leicht auf. Er muß den Wagen rückwärts dort um die Biegung gefahren haben. Wenn er dann noch die Lichter löschte, war von der Straße aus nichts mehr zu sehen. Da gab’s keine Schwierigkeiten, und ein anderes Versteck ist im Umkreis von mindestens einer Meile nicht zu finden, da bin ich ganz sicher. Nun, das finde ich außerordentlich befriedigend. Ich frohlocke, sagte der Schlaufuchs. Nichts wie zurück zum Wagen, Inspektor. Spucken Sie in die Hände und halten Sie sich gut fest. Ich fühle mich zu großen Taten aufgelegt und gedenke zwischen hier und Newton Stewart sämtliche Rekorde zu brechen.»
    Dr. Cameron war an dem Schraubenschlüssel über alle Maßen interessiert und konnte so schwer die Finger davon lassen, daß man es für das beste hielt, ihn zuerst nach Fingerabdrücken zu untersuchen, bevor man irgend etwas anderes tat. Dies geschah in Gemeinschaftsarbeit zwischen der Polizei, dem örtlichen Fotografen und Lord Peter Wimsey. Nach Bestäuben mit Quecksilberpulver erschien ein prächtiger Daumenabdruck, von dem ein einwandfreies Negativ «gesichert» wurde, um das Lieblingswort der Journalisten zu gebrauchen.
    In der Zwischenzeit hatte ein Konstabler den Bestattungsunternehmer aufgetrieben, der im Zustand höchster Erregung eintraf, die Reste seines Nachmittagstees noch in den Backentaschen. Eine weitere kleine Verzögerung ergab sich daraus, daß jemandem einfiel, man müsse vielleicht den Staatsanwalt verständigen. Der Staatsanwalt war zum Glück in der Stadt und gesellte sich zu ihnen, und während sie zum Leichenschauhaus fuhren, erklärte er Wimsey, daß dies der heikelste Fall seiner ganzen Praxis sei, und dabei sei ihm die Überlegenheit des schottischen Rechts gegenüber dem englischen in diesen Dingen so recht bewußt geworden.
    «Denn», sagte er, «das Aufsehen, das durch eine öffentliche gerichtliche Untersuchung erregt wird, muß doch für die Verwandtschaft unnötig schmerzhaft sein, das aber wird durch unser System der stillen Ermittlung vermieden.»
    «Sehr wahr», antwortete Wimsey höflich, «nur dürfen Sie nicht vergessen, wieviel Unterhaltung wir dadurch aus den Sonntagszeitungen beziehen, für die das die saftigsten Bissen sind.»
    «Wir begaben uns dann», lautete Inspektor MacPhersons Bericht zu diesem Vorgang, «zum Leichenschauhaus, wo der Sarg im Beisein des Staatsanwalts, Dr. Camerons, Mr. James McWhans (Bestatter), Lord Peter Wimseys und meiner Person geöffnet und der Leichnam Campbells

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