Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten
im Grase
liegt ein Schraubenschlüssel.
Seht euch diesen Schlüssel an,
wie der Schlüssel schrauben kann.
Vor der Nase, tief im Grase,
liegt ein Schraubenschlüssel.
Er richtete sich auf und dehnte den Rücken.
«Nicht sehr schön hier», maulte er. «Eher was für ein Bild von Heath Robinson.»
Schraubenschlüssel, komm doch her,
laß uns nicht so suchen.
Komm heraus, ich krieg dich doch,
lägst du auch im tiefsten Loch.
Und nun fällt mir nichts mehr ein,
was sich reimt auf Suchen.
«Ich hätte Bunter mitbringen sollen. Das ist knechtische Arbeit. Wirklich unter der Würde eines Menschen, wenn man mal von Napoleons Heer absieht, das ja nach allgemeinem Volksglauben auf dem Bauch marschiert sein soll. Ei, ei, was haben wir denn da!»
Sein Spazierstock – den er überall mit sich herumschleppte, selbst im Auto für den Fall, daß ein ungnädiges Geschick ihn zwingen könnte, ein paar Schritte auf eigenen Beinen zurückzulegen – war gegen etwas gestoßen, was einen metallischen Ton von sich gab. Er bückte sich, schaute und ließ einen wilden Schrei ertönen.
Der Inspektor kam im Galopp heran.
«Da hätten wir dich ja», sagte Wimsey mit verlegenem Stolz.
Es war ein großer Schraubenschlüssel, etwas angerostet vom Tau. Er lag nur ein paar Fußbreit vom Steinwall entfernt.
«Haben Sie ihn auch nicht angerührt?» fragte der Inspektor besorgt.
«Wofür halten Sie mich?» fragte Wimsey gekränkt zurück.
MacPherson kniete nieder, brachte ein Bandmaß zum Vorschein und maß mit feierlicher Miene die Entfernung zwischen Schraubenschlüssel und Steinwall. Dann warf er einen Blick über den Wall auf die Straße und fertigte eine genaue Lageskizze an. Danach nahm er ein großes Taschenmesser und steckte es zwischen die Steine des Walls, um die Stelle noch genauer zu markieren, und erst nachdem er alle diese Zeremonien hinter sich gebracht hatte, hob er ganz vorsichtig den Schraubenschlüssel auf, die Finger unter einem großen weißen Taschentuch, dessen Enden er behutsam um das Werkzeug legte.
«Könnten nämlich Fingerabdrücke darauf sein», erklärte er.
«Ja, könnten», pflichtete Wimsey bei.
«Und dann brauchten wir nur noch Farrens Fingerabdrücke und könnten sie miteinander vergleichen. Wie kriegen wir die?»
«Rasiermesser», sagte Wimsey, «Spachtel, Bilderrahmen, Töpfe – alles, was in seinem Atelier ist. In Ateliers wird nie abgestaubt. Ich glaube, die eigentliche Prügelei hat sich auf der anderen Straßenseite abgespielt. Jetzt werden davon nur nicht mehr viele Spuren übrig sein, fürchte ich.»
Der Inspektor schüttelte den Kopf.
«Nicht sehr wahrscheinlich bei dem vielen Vieh, das hier entlanggetrieben wird. Es ist ja auch kein Blut geflossen, und dieses trockene Gras nimmt erst recht keine Spuren an. Aber wir können ja trotzdem mal nachsehen.»
Die Straße selbst verriet nichts, und die Eindrücke im Gras waren so unscharf, daß nichts damit anzufangen war. Doch schon bald entfuhr Wimsey, der zwischen Brombeer- und Farngestrüpp herumstocherte, ein leiser Aufschrei der Überraschung.
«Was gibt’s?» fragte MacPherson.
«Tja, was wohl?» sagte Wimsey. «Mal wieder so ein Problem, Inspektor. Haben Sie schon mal die Geschichte von den Kilkenny-Katzen gehört, die so lange kämpften, bis nur noch die Schwänze von ihnen übrig waren? Da prügeln sich also zwei Männer, der eine hinüber, der andere auf und davon, und zurück bleibt ein Büschel Haare. Außerdem noch von der falschen Farbe. Wie finden Sie das?»
Er hielt ein lockiges schwarzes Büschel in die Höhe, das an assyrische Wandmalereien erinnerte.
«Das ist merkwürdig», sagte MacPherson.
«Abgeschnitten, nicht ausgerissen», sagte Wimsey. Er nahm ein Vergrößerungsglas aus der Tasche und studierte die Trophäe von allen Seiten. «Weich und geschmeidig und am distalen Ende noch nie gekürzt worden; könnte von einem dieser süßen, altmodischen Mädchen mit langen Haaren stammen, nur daß es dafür ein bißchen grob ist. Also, wo das herkommt, das wird uns ein Fachmann sagen müssen.»
Der Inspektor nahm das Beweisstück vorsichtig zur Hand und begutachtete es durch die Lupe, im Gesichtsausdruck das Äußerste an Intelligenz, was er momentan zuwege brachte.
«Wie kommen Sie darauf, daß es noch nie geschnitten wurde?» fragte er.
«Sehen Sie, wie sich die Spitzen verengen. Gibt es ein Weibchen hierzuland’, des’ Schwarzhaar nicht Schere noch Eisen gekannt? Ob die beiden sich am Ende um ein Liebespfand
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