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Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten

Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten

Titel: Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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herausgenommen wurde. Beim Vergleich des oben erwähnten Schraubenschlüssels mit den Verletzungen am Kopf der Leiche vertrat Dr. Cameron die Ansicht, daß die gequetschte Stelle am linken Wangenknochen genau die Konturen der Gabel besagten Schraubenschlüssels wiedergebe und in aller Wahrscheinlichkeit von diesem oder einem ähnlichen Werkzeug herrühre. Bezüglich der größeren Verletzung an der Schläfe, die den Tod herbeigeführt hat, konnte Dr. Cameron nicht mit Sicherheit eine Aussage machen, stellte jedoch fest, daß nach der äußeren Erscheinung der Verletzung besagter Schraubenschlüssel als Urheber in Betracht komme.»
    Nach dieser triumphalen Eintragung, die von ernsthaftem literarischem Bemühen zeugte, folgt eine zweite:
    «Auf eine Anregung Lord Peter Wimseys» (der Inspektor war ein gerechter Mann, der Ehre gab, wem Ehre gebührte, mochte sein Stolz auch verletzt sein) «wurden dann Fingerabdrücke von dem Toten genommen.» (Dieser letzte Satz ist gestrichen und durch eine schönere Formulierung ersetzt:) «… wurden Abbildungen von den Fingerabdrücken des Toten sichergestellt. Beim Vergleich dieser Abbildungen mit dem auf dem Schraubenschlüssel gefundenen Daumenabdruck wurde völlige Identität festgestellt. Auf Anweisung schickte ich beide Abbildungen zur Expertenbegutachtung nach Glasgow.»
    In diesem würdevollen Absatz steht nichts von der herben Enttäuschung, die der Inspektor empfand. Hatte er doch mit diesem Daumenabdruck in Händen den Fall schon abgeschlossen geglaubt, und nun war er mit einemmal wieder emporgerissen und in die Vorhölle der Ungewißheit und des Zähneknirschens geschleudert worden. Sein Verhalten jedoch war untadelig bis zum letzten.
    «Es ist wirklich ein Glück», sagte er zu Wimsey, «daß Eure Lordschaft auf die Idee gekommen ist, das machen zu lassen. Mir wär das gar nicht eingefallen. Wir hätten auf Grund dieses trügerischen Fingerabdrucks womöglich alle sechs Verdächtigen ausgeschieden. Das war eine prima Idee von Ihnen, Mylord, eine ganz prima Idee.»
    Er seufzte tief.
    «Kopf hoch», sagte Wimsey. «So geht’s nun mal im Leben. Kommen Sie, wir essen in den Galloway Arms zusammen zu Abend.»
    Das war nun allerdings ein unglücklicher Vorschlag.
    Die Zusammenkunft in Bob Andersons Atelier war an diesem Abend gut besucht. Bob war ein Künstler, für dessen Herzensgüte am besten die Tatsache spricht, daß niemand, der mit dem Mordfall zu tun hatte, auch nur für einen Augenblick auf den Gedanken gekommen war, er könne Campbell gehaßt oder ihm Schaden zugefügt haben oder auch nur am Rande in die Angelegenheit verwickelt gewesen sein. Er wohnte schon fast so lange in Kirkcudbright wie Gowan und war allseits beliebt, nicht nur bei allen Künstlerkollegen, sondern auch bei den Einheimischen, vor allem bei den Fischern und den Leuten, die im Hafen arbeiteten. Er besuchte selten jemanden, zog es vor, jeden Abend der Woche zu Hause zu sein, und alle Neuigkeiten des Städtchens fanden auf kurz oder lang den Weg durch Bob Andersons Atelier.
    Als Wimsey an diesem Donnerstagabend die lange Nase durch die Tür streckte, fand er schon alle versammelt. Miss Cochran und Miss Selby waren da, versteht sich, und Jock Graham (in bemerkenswertem Aufzug, bestehend aus einem Fischerpullover, einem Gepäckriemen, einer Reithose und Segelschuhen) sowie Ferguson (ziemlich überraschend, denn er pflegte eigentlich abends nie auszugehen), der Hafenmeister, der Doktor, Strachan (dessen Veilchen fast verblüht war), eine Mrs. Terrington, die in Metall arbeitete, ein langer, dünner und schweigsamer Mann namens Temple, über den Wimsey lediglich wußte, daß er beim Golf auf der St. Andrews-Bahn ein Handicap von fünf hatte, und schließlich Mrs. Miss und der junge Mr. Anderson. Das Stimmendurcheinander war zum Davonlaufen.
    Wimseys Eintreten wurde mit einem allgemeinen Begeisterungsschrei begrüßt.
    «Da kommt er ja! Da kommt er! Kommen Sie schon rein. Da ist der Mann, der uns alles sagen kann!»
    «Worüber?» fragte Wimsey, der es nur zu genau wußte. «Über das Wetter von morgen?»
    «Pfeif aufs Wetter. Natürlich über die Geschichte mit dem armen Campbell. Es ist ja schrecklich, wie die Polizei andauernd bei einem rein- und rausgeht. Man fühlt sich keine Sekunde mehr sicher. Zum Glück habe ich ein gußeisernes Alibi, sonst würde ich schon langsam glauben, ich sei selbst ein Verbrecher.»
    «Sie doch nicht, Bob», sagte Wimsey.
    «Na, das weiß man heutzutage nie. Aber

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