Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten
eine Straße und bot nichts weiter als die Hinterausgänge einiger Läden sowie eine öffentliche Toilette.
Der erneut befragte Zeitungsverkäufer glaubte sich an einen Mann mit Filzhut und Regenmantel zu erinnern, der gegen 13 Uhr 53 mit einem Fahrrad aus Richtung der Schalter an seinem Kiosk vorbeigekommen sei, aber er habe nicht weiter darauf geachtet. Sonst hatte überhaupt niemand diese Person bemerkt, denn der Zug aus Stranraer fuhr um diese Zeit weiter nach Glasgow, und viele Passagiere hatten sich beeilen müssen, um ihn noch zu bekommen.
Zwei Dienstmänner, die das letzte Gepäck in den 13.54-Uhr-Zug nach Glasgow geladen hatten, schworen Stein und Bein, daß sich in keinem der beiden Gepäckwagen ein Fahrrad befunden habe.
Konstabler Ross wußte nicht recht, was er mit alldem anfangen sollte. Die Beschreibung des Fahrrads paßte fast haargenau auf das Rad, das vom Anwoth Hotel verschwunden war, etwas weniger schon auf Farrens Fahrrad. Aber wie war es an den Gepäckanhänger nach Euston gekommen? Das in Girvan aufgegebene Fahrrad war von dem Dienstmann mit einem Anhänger nach Ayr versehen worden, und das wurde von dem Schaffner bestätigt, der es in Ayr ausgeladen hatte. Es war schlechthin unmöglich, daß es in den sechs Minuten Aufenthalt, die dieser Zug in Ayr hatte, einen neuen Gepäckanhänger bekommen haben konnte, denn in der ganzen Zeit hatte immer einer der Dienstmänner an dem Kästchen mit Gepäckanhängern gestanden, und alle waren bereit, zu schwören, daß dieses Fahrrad nicht durch ihre Hände gegangen war.
Die einzige Möglichkeit war, daß es einen neuen Anhänger bekommen hatte, nachdem der Zug nach Glasgow fort war; auf keinen Fall hatte es ihn von einem der Dienstmänner bekommen, denn keiner von ihnen erinnerte sich daran.
Was war aus dem Mann im grauen Anzug geworden?
Wenn er mit dem Mann im Regenmantel identisch war, den der Zeitungsverkäufer gegen 13 Uhr 53 ein Fahrrad am Kiosk hatte vorbeischieben sehen, mußte er den Regenmantel irgendwo draußen (vielleicht in der öffentlichen Toilette?) angezogen haben und von der Schalterseite her zurückgekommen sein. Was war dann weiter aus ihm geworden? Hatte er sich bis 14 Uhr 25 beim Bahnhof aufgehalten? Wenn ja, wo? In den Erfrischungsraum war er nicht gegangen, denn das Mädchen dort war sicher, niemanden gesehen zu haben, der so aussah. Er war weder in den Wartesälen noch auf dem Bahnsteig gesehen worden. Wahrscheinlich hatte er das Fahrrad an der Fahrplantafel stehenlassen und war wieder hinausgegangen oder hatte einen anderen Zug genommen.
Aber welchen?
Er war nicht mit dem 13.54-Uhr-Zug nach Glasgow gefahren, denn mit Sicherheit hatte das Fahrrad vor Abfahrt dieses Zugs keinen neuen Gepäckanhänger bekommen.
Blieben der 13.56-Uhr-Zug nach Muirkirk, der 14.12- und der 14.23-Uhr-Zug nach Glasgow, der um 14 Uhr 30 nach Dalmellington, der um 14 Uhr 35 nach Kilmarnock und der um 14 Uhr 45 nach Stranraer – natürlich außer dem 14.25-Uhr-Zug selbst.
Von diesen Möglichkeiten konnte Ross die Züge um 13 Uhr 56, 14 Uhr 30 und 14 Uhr 35 gleich aussondern. Niemand, auf den die Beschreibung auch nur im entferntesten gepaßt hätte, war mit diesen Zügen gefahren. Den Zug um 14 Uhr 45 nach Stranraer glaubte er auch unberücksichtigt lassen zu können. Er hatte zwar den Vorteil, daß er den Mörder (falls es der Mörder war) wieder in seine heimischen Gefilde führte – und Ross vergaß nicht Wimseys Bemerkung, daß der Mörder wahrscheinlich so schnell und unauffällig wie möglich wieder zu Hause hatte auftauchen wollen –, aber es erschien doch praktisch ausgeschlossen, daß einer sich die Mühe machte, bis nach Ayr zu fahren, nur um ein Fahrrad loszuwerden, das er viel einfacher irgendwo im näheren Umkreis hätte wegwerfen können.
Blieben die beiden Züge nach Glasgow und der um 14 Uhr 25. Der 14.12-Uhr-Zug nach Glasgow war ein recht langsamer Zug, der um 15 Uhr 30 ankam; der um 14 Uhr 23 war der Schiffszug aus Stranraer, der um 15 Uhr 29 in Glasgow war. Der erstere hatte den Vorteil, daß er den Reisenden eher von diesem Bahnhof fortbrachte. Er erkundigte sich nach beiden Zügen und erhielt in beiden Fällen mehrere ungefähre Beschreibungen von Männern in Regenmänteln und grauen Anzügen. Es bedrückte ihn, daß diese Art, sich zu kleiden, so häufig zu sein schien. Er spielte ein wenig mit dem Gedanken, daß dem Gesuchte sich vielleicht umgezogen haben könnte, bevor er Ayr wieder verließ, aber das konnte er sich
Weitere Kostenlose Bücher