Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten
werde machen können. Beunruhigende Einzelheiten wie «Durchbruch» und «drohende Bauchfellentzündung» und «unbefriedigende Herzleistung» rundeten die Hiobsbotschaft ab. Dalziel fluchte und schickte Ross auf der Stelle mit einem zweiten Satz Fotografien los, um sie dem Bahnhofspersonal in Ayr zu zeigen.
Der nächste Schlag traf Inspektor MacPherson, und zwar genau in die Magengrube.
«Wenn das nicht Farrens Fahrrad ist», hatte er gesagt, «frrreß ich meine Mütze.»
Die Worte hatten kaum seinen Mund verlassen, da klingelte das Telefon.
«Hier Polizeistation Creetown», meldete sich eine Stimme.
«Wir haben das Fahrrad von diesem Mr. Farren verlassen in den Bergen bei Falbae gefunden. Es ist zweifellos sein Fahrrad, denn auf einem Anhänger an der Lenkstange steht sein Name.»
Man wird sich erinnern, daß der Inspektor am Abend zuvor eine Mannschaft losgeschickt hatte, die Umgebung bestimmter ausgedienter Bleiminen abzusuchen, wo sich zwei Jahre vorher ein tragisches Unglück ereignet hatte. Diese Minen bestanden aus einem halben Dutzend oder mehr enger Schächte, die ein paar Meilen östlich von Creetown in das Granitgestein der Berge geschnitten worden waren. Man erreichte sie, wenn man der Straße bis zur Falbae-Farm folgte. Von dort führten ein paar Viehpfade zu den Minen, die zwischen zehn und höchstens zwölf Meter tief waren, ausschließlich für den Tagebau angelegt. Einige von den Stützbalken der Förderkörbe waren noch vorhanden, sonst aber waren alle Gerätschaften längst verschwunden. Die Minen standen in einem schlechten Ruf, vor allem nachdem eine unglückliche Frau sich in eine von ihnen gestürzt hatte, und niemand ging in ihre Nähe, höchstens mal ein Schafhirte. Die Leute von der Farm hatten selten Gelegenheit, diesen Ort aufzusuchen, und die Straße endete bei der Farm. Obwohl diese Minen also der Zivilisation recht nahe waren, hätten sie doch praktisch irgendwo mitten in einer Wüste liegen können, so einsam und verlassen waren sie.
An diesem übelbeleumundeten Ort hatte man nun Farrens Fahrrad gefunden. MacPherson, der sofort hinfuhr, um nach dem Rechten zu sehen, traf den Polizisten von Creetown und eine Anzahl freiwilliger Helfer um den Einstieg einer der Minen herum an. Einer der Männer band sich gerade ein Seil um die Taille, um hinunterzusteigen. Das Fahrrad lag noch da, wo man es gefunden hatte – ein paar hundert Meter vom Bauernhof, ungefähr eine halbe Meile von der nächsten Mine entfernt. Es war in gutem Zustand, wenn auch die blanken Teile leicht angerostet waren, denn immerhin hatte es vier Nächte im Gebüsch gelegen. Für einen Unfall oder Gewaltakt gab es keinerlei Anzeichen. Das Fahrrad schien einfach hingeworfen und liegengelassen worden zu sein, wo der Pfad für die Weiterfahrt zu holprig und steil wurde.
«Die Leiche habt ihr noch nicht?» fragte MacPherson.
Nein, sie hatten bisher weder Leiche noch Kleidungsstücke gefunden, doch es erschien nur allzu wahrscheinlich, daß der unglückliche Farren auf der Sohle einer dieser Gruben lag. Sie hatten vor – denn so war es ihnen aufgetragen worden –, die Schächte nacheinander zu erkunden. Das konnte eine schwierige Arbeit werden, denn ein paar von ihnen standen zum Teil unter Wasser. MacPherson sagte ihnen, sie sollten fortfahren und sich sofort melden, wenn sie etwas fänden. Dann trat er, zutiefst enttäuscht und zerknirscht, den traurigen Heimweg nach Kirkcudbright an.
Dem Polizeipräsidenten fiel die unerfreuliche Aufgabe zu, Mrs. Farren über die Befürchtungen zu informieren, die sie wegen ihres Gatten hegten. Sie empfing ihn lächelnd an der Tür und wirkte heiterer als in den letzten Tagen, was es Sir Maxwell nur noch schwerer machte, seine Botschaft vorzubringen. Sie nahm es im großen und ganzen gut auf. Er legte besonderen Wert auf die Feststellung, daß bisher nichts zwingend auf einen Selbstmord schließen lasse und die Suche lediglich eine Vorsichtsmaßnahme sei.
«Ich verstehe vollkommen», sagte Mrs. Farren, «und das ist sehr freundlich von Ihnen. Wirklich sehr nett. Ich kann nicht wirklich glauben, daß Hugh so etwas Schreckliches täte. Es ist alles sicher nur ein Mißverständnis. Sie wissen ja, er ist ziemlich exzentrisch, und ich bin überzeugt, daß er viel wahrscheinlicher nur irgendwohin gewandert ist. Aber natürlich müssen Sie die Minen absuchen, das sehe ich vollkommen ein.»
Der Polizeipräsident erkundigte sich noch so taktvoll wie möglich nach diesem und
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