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Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Titel: Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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nicht, daß Sie noch irgendwelche Papiere finden, aber vielleicht finden Sie etwas anderes. Das Papier und die Tinte vielleicht, mit denen er die Briefe geschrieben hat, und Nachschlagwerke über Rußland. Bücher sind nicht so leicht zu beseitigen wie Papiere. Und wir müssen die genauen Beziehungen zwischen Morecambe und Weldon feststellen.«
»Daran wird schon gearbeitet, Mylord.«
»Gut. Schließlich planen Leute einen Mord nicht zum Spaß. Weiß Mrs. Weldon irgend etwas über die Morecambes?«
»Nein«, sagte Harriet. »Ich habe sie gefragt. Sie hat den Namen nie gehört.«
»Dann kann die Verbindung nicht allzuweit zurückreichen. Das muß sich zwischen London und Huntingdonshire abgespielt haben. Was ist Morecambe übrigens von Beruf?«
»Er firmiert als Provisionsagent, Mylord.«
»So? Hinter dieser Bezeichnung verbergen sich viele Sünden. Na ja, kümmern Sie sich darum, Glaisher. Ich selbst muß jetzt etwas Aufsehenerregendes tun, um meine Selbstachtung wiederherzustellen – bis in die Mündung der Kanone suchend die Seifenblase Ruhm.«
»Aha!« Harriet grinste boshaft. »Wenn Lord Peter zu zitieren anfängt, führt er meist etwas im Schilde.«
»Was Sie nicht sagen«, versetzte Wimsey. »Ich gehe jetzt geradewegs hin und mache Leila Garland den Hof.«
»Dann nehmen Sie sich aber vor da Soto in acht.«
»Auf den lasse ich’s ankommen«, sagte Wimsey. »Bunter!«
»Mylord?«
Bunter erschien aus Wimseys Schlafzimmer, so adrett und ordentlich, als ob er nie mit einer häßlichen Melone auf dem Kopf im Londoner Süden Detektiv gespielt hätte.
»Ich möchte in meiner berühmten Verkörperung des perfekten Salonlöwen auftreten – imitation très difficile. «
»Sehr wohl, Mylord. Ich schlage den hellbraunen Anzug vor, den wir nicht schätzen, mit den Herbstlaubsocken und unserer übergroßen bernsteinernen Zigarettenspitze.«
»Wie Sie meinen, Bunter, wie Sie meinen. Wer siegen will, muß Opfer bringen.«
Er warf den Versammelten galant eine Kußhand zu und verschwand im Schlafzimmer.
    ∗ Der aufmerksame Leser wird festgestellt haben, daß zu der Zeit, in der diese Geschichte spielt, Großbritannien noch nicht dem Goldstandard abgeschworen hatte.

32
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Das Zeugnis des Familienstammbaums

    In hundert Jahren, oder mehr vielleicht, Komme ich wieder und hole mir mein Herzogtum zurück.
DEATH’S JEST-BOOK

    MONTAG, 6. JULI
    Die Eroberung Leila Garlands folgte dem üblichen Schema. Wimsey machte sie in einem Café ausfindig, eiste sie elegant von zwei Freundinnen los, in deren Begleitung sie sich befand, ging mit ihr ins Kino und entführte sie auf einen Cocktail ins Bellevue.
    Die junge Dame legte eine geradezu viktorianische Diskretion an den Tag, indem sie um jeden Preis in den öffentlichen Räumlichkeiten dieses hübschen Hotels bleiben wollte, und trieb Wimsey mit ihren vornehmen Tischmanieren fast zum Wahnsinn. Endlich gelang es ihm, sie im Salon in eine Ecke hinter einer Palme zu bugsieren, wo man sie nicht schon von weitem sah und sie weit genug vom Orchester entfernt waren, um sich verständlich unterhalten zu können. Das Orchester gehörte zu den unerfreulichen Seiten des Resplendent. Von vier Uhr nachmittags bis zehn Uhr abends dudelte es unentwegt Tanzmusik. Miss Garland spendete ihm gemäßigten Beifall, ließ aber durchblicken, daß es nicht ganz an das Orchester heranreichte, in dem Mr. da Soto eine führende Rolle spielte.
    Wimsey leitete die Unterhaltung behutsam zu dem wenig angenehmen Aufsehen über, dem Miss Garland sich im Zusammenhang mit Alexis’ Tod ausgesetzt gesehen hatte. Miss Garland pflichtete ihm bei, daß dies gar nicht schön gewesen sei. Mr. da Soto sei darüber sehr aufgebracht gewesen. Ein Herr sehe es nicht so gern, wenn seine Freundin sich solch unangenehmen Verhören unterziehen müsse.
    Lord Peter beglückwünschte Miss Garland zu dem Takt, den sie die ganze Zeit an den Tag gelegt habe.
    Natürlich, sagte Leila, war Mr. Alexis ein lieber Junge und jederzeit ein vollkommener Gentleman gewesen. Und er hing so sehr an ihr. Aber ein männlicher Mann war er wohl kaum. Eine Frau konnte nun einmal nicht umhin, männlichen Männern den Vorzug zu geben, solchen, die schon etwas geleistet haben. Frauen waren nun einmal so! Auch wenn ein Mann aus guter Familie war und nichts tun mußte, konnte er doch jedenfalls etwas tun, nicht wahr? (Schmachtender Blick auf Lord Peter.) Solche Männer liebte Miss Garland. Sie fand es viel besser, von adliger Geburt zu sein und etwas zu tun,

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