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Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Titel: Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Sie, das weiß ich wirklich nicht. Sie sind ja fast so schlimm wie er, daß sie immerzu von dem Zettel reden. Wozu ist dieses blöde Ding überhaupt gut?«
    »Ach«, sagte Wimsey, »Zettel interessieren mich immer. Aber wenn Sie ihn verbrannt haben, haben Sie ihn eben verbrannt. Schade. Wenn Sie den Zettel gefunden hätten, würde es sich vielleicht lohnen –«
    Leilas schöne Augen richteten ihre Strahlen auf ihn wie zwei in einer nebligen Nacht um die Ecke biegende Scheinwerfer.
    »Ja?« hauchte Leila.
    »Ich meine, es könnte sich lohnen, einen Blick darauf zu werfen«, antwortete Wimsey kühl. »Wenn Sie vielleicht noch mal ein bißchen in Ihren Sachen suchen könnten –«
    Leila zuckte mit den Schultern. Das klang nach Umständen.
    »Ich weiß gar nicht, was Sie mit diesem Papierfetzen wollen.«
    »Ich auch nicht, solange ich ihn nicht gesehen habe. Aber wir könnten ihn ja immerhin mal suchen, oder?«
    Er lächelte. Leila lächelte. Sie glaubte verstanden zu haben.
    »Was? Sie und ich? Aha! – aber ich weiß nun wirklich nicht, ob ich Sie so einfach mit in meine Wohnung nehmen kann, wie? Ich meine –«
    »Oh, denken Sie sich nichts dabei«, sagte Wimsey rasch. »Sie haben doch sicher keine Angst vor mir. Sehen Sie, ich will ja nur versuchen, etwas zu tun, und dabei brauche ich Ihre Hilfe.«
    »Ich will ja gern tun, was ich kann – wenn es nur nichts ist, was Mr. da Soto übelnehmen könnte. Er ist nämlich so furchtbar eifersüchtig.«
    »Das wäre ich an seiner Stelle auch. Vielleicht möchte er mitkommen und helfen, nach dem Zettel zu suchen?«
    Leila lächelte und sagte, das halte sie nicht für notwendig, und so endete die Unterhaltung, wo sie von Anfang an hatte enden sollen, nämlich in Leilas beengtem, unaufgeräumtem Appartement.
    Schubladen, Taschen, Kisten, überquellend von allem möglichen mehr oder weniger intimen Krimskrams, der sich auf dem Bett stapelte, von den Stühlen hing und knöcheltief den Fußboden bedeckte! Allein hätte Leila die Suche nach spätestens zehn Minuten aufgegeben, aber Wimsey hielt sie mit Drängen, Schmeicheln, gutem Zureden und goldenen Ködern unbarmherzig an der Arbeit. Mr. da Soto, der plötzlich hinzukam und Wimsey mit einem Arm voll Unterwäsche antraf, während Leila in einem Stapel zerknüllter Rechnungen und Postkarten herumwühlte, der zuunterst in einer Truhe lag, fand die Szene geeignet für einen kleinen Erpressungsversuch unter Gentlemen und wollte sich aufspielen, aber Wimsey riet ihm kurz und bündig, sich nicht zum Narren zu machen, drückte ihm die Wäsche in die widerstrebenden Hände und begann in einem Stapel Illustrierte und Schallplatten zu suchen.
    Komischerweise war es da Soto, der den Zettel fand. Leilas Interesse an der Sache schien mit seiner Ankunft etwas abzukühlen – konnte es sein, daß sie andere Pläne mit Lord Peter gehabt hatte, bei denen Luis’ mürrische Gegenwart störte? – während da Soto, der plötzlich zu begreifen schien, daß dieser Zettel jemandem etwas wert sein könnte, wenn er gefunden würde, nach und nach immer mehr Interesse zeigte.
    »Mich würd’s nicht wundern, Schatzi«, bemerkte er, »wenn du ihn in eines von diesen Büchern gesteckt hättest, die du immer liest, genau wie du’s mit deinen Busfahrkarten auch immer machst.«
    »Das ist eine Idee«, sagte Wimsey begeistert.
    Sie wandten ihre Aufmerksamkeit einem Bücherregal zu, das überquoll von Groschenromanen und anderen billigen Büchern. Zwischen den Deckeln kam so einiges zutage: Busfahrkarten, Kinokarten, Rechnungen, Schokoladenpapier, Briefumschlage, Ansichtskarten, Zigarettenbilder und allerlei andere Lesezeichen, bis da Soto schließlich Die Frau, die alles gab am Rückgrat packte und kurz schüttelte, worauf zwischen den mit Leidenschaft bedruckten Seiten ein zusammengefaltetes Blatt Papier hervorgeschossen kam.
    »Was sagen Sie dazu?« fragte er, indem er es rasch aufhob. »Wenn das nicht die Schrift von dem Kerl ist, bin ich ein taubstummer Elefant mit vier linken Füßen.«
    Leila riß ihm das Blatt aus der Hand.
    »Ja, das ist es wirklich«, sagte sie. »Nichts als Quatsch, wenn Sie mich fragen. Ich bin da noch nie richtig schlau draus geworden, aber wenn es Ihnen was nützt, können Sie’s gern haben.«
    Auf dem Papier stand dies:

    Wimsey warf einen Blick auf das spinnwebartige Geäst des Familienstammbaums, der vom unteren Rand des Blattes emporwuchs.
    »Ach, das glaubte er gewesen zu sein. Ja – ich bin froh, daß Sie es nicht

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