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Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Titel: Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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weggeworfen haben, Miss Garland. Es könnte sehr viel Licht in die Sache bringen.«
    An dieser Stelle hörte man Mr. da Soto etwas von Talern sagen.
    »Ach ja«, sagte Wimsey. »Ein Glück, daß ich es bin und nicht Inspektor Umpelty, nicht wahr? Umpelty würde Sie am Ende wegen Unterdrückung von Beweismitteln drankriegen.« Er grinste in da Sotos verdattertes Gesicht. »Aber ich will nicht sagen, daß Miss Garland – wenn ich so sehe, wie sie mir zum Gefallen ihre ganze Wohnung auf den Kopf gestellt hat – dafür nicht ein neues Kleid verdient hätte, wenn sie brav ist. Nun hören Sie mir mal zu, mein Kind. Was sagten Sie, wann Alexis Ihnen das gegeben hat?«
    »Ach, vor Ewigkeiten. Als wir gerade erst miteinander gingen. Genau weiß ich es nicht mehr. Aber ich weiß noch, daß es vor Urzeiten war, als ich dieses doofe Buch gelesen habe.«
    »Vor Urzeiten heißt, wenn ich recht verstehe, vor knapp einem Jahr – oder kannten Sie Alexis schon, bevor er nach Wilvercombe kam?«
    »Stimmt auch wieder. Moment mal. Aha! Hier steckt auch noch eine alte Kinokarte mit dem Datum drauf. Ah, ja! 15. November – stimmt. Jetzt fällt es mir wieder ein. Wir waren ins Kino gegangen, und dann ist Paul mit zu mir gekommen und hat mir eine Menge über sich erzählt. Das war an dem Abend. Wahrscheinlich dachte er, ich müßte davon furchtbar beeindruckt sein.«
    »November; wissen Sie das genau?«
    »Ja, ganz genau.«
    »Jedenfalls war es einige Zeit, bevor diese komischen Briefe für ihn kamen?«
    »O ja, ewig. Und nachdem das mit den Briefen anfing, hat er nie mehr was davon gesagt und wollte sogar diesen Zettel wiederhaben. Das hab ich Ihnen ja schon gesagt.«
    »Ich weiß. Na schön. Nun nehmen Sie einmal kurz Platz. Ich möchte mir das gern ansehen.«
    »Hm!« machte Wimsey, nachdem er den Stammbaum studiert hatte. »Möchte wissen, woher er das hat. Mir war nicht bekannt, daß Nikolaus I. je eine andere geheiratet hat als Charlotte-Luise von Preußen.«
    »Das weiß ich noch«, sagte Leila. »Paul hat gesagt, die Heirat kann nicht bewiesen werden. Er hat sich drangehalten damit. Er meinte, wenn sie bewiesen werden könnte, wäre er ein Fürst oder so was. Über diese Charlotte hat er sich immerzu den Kopf zerbrochen – und eine häßliche alte Schraube muß das gewesen sein. Sie war doch mindestens fünfundvierzig, und dann geht sie noch hin und kriegt ein Kind. Daß sie dabei nicht draufgegangen ist, wundert mich. Wäre jedenfalls besser gewesen.«
    »Nikolaus I. muß damals fast noch ein Kind gewesen sein. Mal sehen – 1815 – das war dann wohl, als er nach der Waterloo-Geschichte in Paris war. Ah, ich verstehe – Charlottes Vater hatte irgend etwas mit der französischen Gesandtschaft zu tun; das paßt durchaus. Ich nehme an, daß man ihm diese illegitime Tochter von Franz Josias angedreht hat, als er in Sachsen-Coburg war. Sie ist mit ihm nach Paris zurückgegangen und hatte sieben Kinder, und das jüngste davon war Charlotte, die sich dann wohl irgendwie an den jungen Kaiser herangemacht und ihn verführt hat.«
    »›So eine alte Hexe‹, hab ich zu Paul gesagt, als er mit Mrs. Weldon anfing. ›Na ja‹, hab ich gesagt, ›das scheint ja bei euch in der Familie zu liegen, alte Schachteln zu heiraten –‹, hab ich gesagt. Aber er wollte nichts gegen Ururgroßmutter Charlotte hören. Nach seiner Schilderung muß sie irgendwas ganz Besonderes gewesen sein. So eine Art – wie heißt die noch?«
    »Ninon de l’Enclos?«
    »Ich denke ja – wenn das die alte Schraube war, die noch mit hundertfünfzig Jahren Liebhaber hatte. Ich finde das gar nicht schön. Kann mir nicht vorstellen, was sich die Männer dabei denken. Wenn Sie mich fragen, müssen die alle plemplem gewesen sein. Jedenfalls, was Sie da sagen, stimmt ungefähr. Sie war schon mehrfach Witwe – diese Charlotte, meine ich. Sie hat irgendeinen Grafen oder General Dingsbums geheiratet – den Namen hab ich vergessen – und hatte irgendwas mit Politik zu tun.«
    »Jeder im Paris von 1815 hatte etwas mit Politik zu tun«, sagte Wimsey. »Ich kann mir Charlotte ganz gut vorstellen, wie sie beim neuen Adel vorsichtig ihre Karten ausspielt. Also, diese ältliche Schönheit heiratet oder heiratet nicht Zar Nikolaus I. und bringt eine Tochter zur Welt, die sie nach ihrem durchlauchtigsten Herrn Papa Nikolajewna nennt. Da sie in Frankreich leben, rufen sie das Kind Nicole. Was dann? Die gute alte Charlotte spielt ihre Karten weiter, und nachdem sie einmal sozusagen

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