Wimsey 09 - Mord braucht Reklame
seine Hemden sind einfach hinreißend. Diesen Stil wird er sich von Pyms Gehalt nur nicht lange leisten können, Bonus hin, Bonus her. Und die seidenen Socken auch nicht.»
«Das stimmt; wahrscheinlich ist er in Samt und Seide aufgewachsen», pflichtete Miss Parton ihr bei. «Einer der neuen Armen, stelle ich mir vor. Sein ganzes Geld bei einer Fehlspekulation verloren oder so.»
«Oder seine Familie hatte es satt, ihn durchzufüttern, und hat ihn vor die Tür gesetzt, damit er selbst nach Futter scharrt», meinte Miss Rossiter. Sie nahm es mit der schlanken Linie ernster als ihre Kollegin und neigte weniger zu Sentimentalität.
«Ich habe ihn neulich mal quasi gefragt, was er getan hat, bevor er zu uns kam, und er hat gemeint, so dies und das, und mit Motoren will er ziemlich viel zu tun gehabt haben. Wahrscheinlich war er einer von diesen Silberzun gen, die Autos in Kommission verkauften, und als an diesem Geschäft nichts mehr zu verdienen war, mußte er sich Arbeit suchen – sofern man das Texteschreiben Arbeit nennen kann.»
«Ich halte ihn für sehr gescheit», sagte Miss Parton. «Hast du diese irre Schlagzeile gesehen, die er gestern für die Margarine ausgetüftelt hat? ‹Alles in Butter mit GrüneAue-Margarine.› Hankie hat sich fast totgelacht. Ich glaube ja, Schoßhündchen wollte ihn nur auf den Arm nehmen. Aber ich meine, er würde auf so was Verrücktes nie kommen, wenn er keinen Grips hätte.»
«Aus ihm wird schon noch ein Texter», erklärte Miss Rossiter entschieden. Sie hatte so viele neue Texter kommen und wie ein Schiff in der Nacht wieder verschwinden sehen, daß sie sich ein ebenso sicheres Urteil erlauben konnte wie die Chefs der Textabteilung. «Er hat das Flair, wenn du verstehst, was ich meine. Der bleibt.»
«Hoffentlich», sagte Miss Parton. «Er hat so gute Manieren. Er wirft einem das Zeug nicht einfach hin, als wenn man ein Stück Dreck wäre, wie der junge Willis. Und er bezahlt seine Teerechnung ganz wie ein Gentleman.»
«Noch ist nicht aller Tage Abend», fand Miss Rossiter. «Bisher hat er eine Teerechnung bezahlt. Ich kriege richtig Bauchkrämpfe, wenn ich mir ansehe, was einige für ein Theater darum machen. Etwa dieser Garrett! Richtig ungezogen war der, wie ich am Samstag hingegangen bin. Er hat mir fast vorgeworfen, ich verdiente am Tee. Anscheinend findet er das lustig. Ich aber nicht.»
«Das hat er nur im Scherz gemeint.»
«O nein. Nicht nur. Und ewig hat er was zu knurren. Ob es Krapfen oder Cremeschnitten gibt, immer ist was nicht in Ordnung damit. Ich hab gesagt: ‹Mr. Garrett›, hab ich zu ihm gesagt, ‹wenn Sie Lust haben, jeden Tag Ihre Mit tagszeit zu opfern, um herumzusuchen und nach Möglichkeit etwas zu finden, was jedem recht ist, dann dürfen Sie es herzlich gern machen.› – ‹Aber nicht doch›, sagt er, ‹ich bin doch kein Laufjunge.› – ‹Und was glauben Sie, was ich bin?› frag ich. ‹Vielleicht das Laufmädchen?› Da hat er gemeint, ich soll mich nicht gleich so aufregen. Ist ja alles gut und schön, aber man kriegt es langsam über, besonders bei dieser Hitze, immer herumzurennen für andere.»
Miss Parton nickte. Der Tee war ein ständiger Zankapfel.
«Freund Bredon», sagte sie, «macht jedenfalls keine Schwierigkeiten. Jeden Tag einen trockenen Keks und eine Tasse Tee. Das ist seine Bestellung. Und dann hat er gesagt, er ist gern bereit, genausoviel zu bezahlen wie alle andern, obwohl ihm ja eigentlich ein Nachlaß von 6 Pence zusteht. Ich hab's gern, wenn ein Mann großzügig ist und höflich mit einem redet.»
«O ja, seine Zunge läuft auf Kugellagern», sagte Miss Rossiter. «Und wie man hört, ist er ein Naseweis.»
«Das sind sie doch alle», antwortete Miss Parton. «Aber sag mal, weißt du schon, was ich gestern gemacht habe? Es war fürchterlich. Bredon kam rein und fragte nach Mr. Hankins Durchschlägen. Ich war furchtbar in Eile mit so einem Quatsch vom alten Copley – der will ja immer alles in fünf Minuten fertig haben –, und da hab ich eben gesagt: ‹Bedienen Sie sich.› Na, und was meinst du? Zehn Minuten später wollte ich irgendwas vom Regal holen, und da sah ich, daß er Mr. Hankins Privatordner mitgenommen hatte. Er muß blind sein, denn da steht doch in großen roten Buchstaben PRIVAT darauf. Hankie hätte natürlich Zustände gekriegt, wenn er's erfahren hätte. Ich also nichts wie hin zu Bredon, und da saß er da und blätterte seelenruhig in Hankies Privatkorrespondenz, also bitte! Ich sag:
Weitere Kostenlose Bücher