Wimsey 09 - Mord braucht Reklame
hat dich aber auch seine Schwester an der Nase herumgeführt, Peter. Die Beziehungen waren vielleicht doch nicht zu dem Zeitpunkt zu Ende, den sie angibt. Oder sie hat sie von sich aus aufrechterhalten. Sie könnte selbst rauschgiftsüchtig sein oder so etwas Ähnliches. Das weiß man nie.»
«Gewiß nicht; aber meist kann man sich da seinen Teil denken. Nein, ich glaube nicht, daß bei Pamela Dean etwas in dieser Art vorliegt. Ich könnte beschwören, daß ihr Abscheu gestern abend echt war. Es war auch ganz schön happig, das muß ich sagen. Übrigens, Charles, woher zum Teufel kriegen diese Leute ihren Stoff? Was da gestern abend unterwegs war, hätte genügt, um eine ganze Stadt zu vergiften.»
«Wenn ich das wüßte», sagte Mr. Parker verdrießlich, «würde ich einen Orden bekommen. Ich kann dir nur sagen, daß es in ganzen Schiffsladungen irgendwoher kommt und in großem Stil von irgendeinem Punkt aus verteilt wird. Die Frage ist, wo? Natürlich könnten wir uns schon morgen ein halbes Hundert von den kleinen Wiederverkäufern greifen, aber was würde das nützen? Die wissen selbst nicht, woher es kommt und wer es weitergibt. Sie erzählen alle dieselbe Geschichte. Es wird ihnen auf der Straße von Männern übergeben, die sie noch nie gesehen haben und auch nicht wiedererkennen würden. Oder es wird ihnen im Omnibus in die Tasche gesteckt. Es ist nicht immer so, daß sie es nur nicht sagen wollen; sie wissen es wirklich nicht. Und wenn man den Kerl erwischte, der in der Hierarchie unmittelbar über ihnen steht, dann wüßte der auch nichts. Es ist zum Verzweifeln. Ir gendwer muß daran Millionen verdienen.»
«O ja. Aber zurück zu Victor Dean. Hier ist noch ein Problem. Er hat bei Pym 6 Pfund die Woche verdient. Wie kann man von 300 Pfund im Jahr bei der de MomerieClique mithalten? Auch wenn er ein ‹Spielverderber› war und nicht alles mitgemacht hat – von nichts konnte er nicht mal das.»
«Wahrscheinlich hat er sich von Dian aushalten lassen.»
«Zuzutrauen wär's dieser kleinen Wanze. Andererseits habe ich da eine Idee. Angenommen, er glaubte wirklich eine Chance zu haben, in die Aristokratie einzuheiraten – oder was er sich unter Aristokratie vorstellte. Immerhin ist Dian eine de Momerie, auch wenn die Familie ihr die Tür gewiesen hat, was man ihr nicht verdenken kann. Nehmen wir an, daß er weit mehr Geld ausgab, als er sich leisten konnte, nur um mitzuhalten. Nehmen wir an, daß es länger dauerte, als er gedacht hatte, und er sich bis über den Hals verschuldete. Und dann sag mir mal, was im Lichte dieser Theorie von diesem halbfertigen Brief an Mr. Pym zu halten ist.»
«Nun», begann Parker.
«Mein Gott, macht's doch nicht so spannend!» rief Mary dazwischen. «Es muß euch beiden Helden einen Riesenspaß machen, stundenlang um die Sache herumzureden. Natürlich Erpressung. Das liegt doch auf der Hand. Ich sehe das schon seit einer Stunde kommen. Dieser Dean sieht sich nach einer zusätzlichen Einnahmequelle um und entdeckt, daß in der Firma Pym einer etwas tut, was er nicht sollte – der Oberbuchhalter frisiert die Bilanz, ein Botenjunge erleichtert die Portokasse, irgend etwas. Und er sagt: ‹Wenn du nicht mit mir teilst, sage ich es Pym›, und fängt schon einmal einen Brief an. Höchstwahrscheinlich wollte er den Brief natürlich gar nicht an Mr. Pym schicken; es war nur eine Drohung. Der andere stopft ihm für den Augenblick den Mund, indem er ihm einen Vorschuß zahlt. Dann denkt er: ‹So geht's nicht weiter, ich sollte diese Laus lieber zertreten.› Das tut er. Und damit hat sich's.»
«So einfach ist das», sagte Wimsey.
«Natürlich ist es so einfach, nur ihr Männer macht so gern ein großes Rätsel daraus.»
«Und Frauen ziehen gern voreilige Schlüsse.»
«Hört auf mit diesen Verallgemeinerungen», sagte Parker, «die verleiten nur zu Denkfehlern. Welche Rolle habe ich in dem Spiel?»
«Du gibst mir Ratschläge und hältst dich bereit, mit dei
nen Myrmidonen einzugreifen, wenn es Radau gibt. Übrigens kann ich dir die Adresse dieses Hauses nennen, in dem wir gestern abend waren. Rauschgift und Glücksspiel frei für jedermann, von unsäglichen Orgien ganz zu schweigen.»
Er nannte die Adresse, und der Chefinspektor notierte sie sich. «Viel können wir da allerdings nicht machen», räumte er ein. «Es ist ein Privathaus und gehört einem Major Milligan. Wir haben schon seit einiger Zeit ein Auge darauf. Und selbst wenn wir hineinkämen, würde uns das
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