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Wimsey 09 - Mord braucht Reklame

Wimsey 09 - Mord braucht Reklame

Titel: Wimsey 09 - Mord braucht Reklame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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nicht benutzt, aber als Wimsey inkognito in die Werbeagentur Pym eingetreten war, hatte sein Schwager ihm einen passenden Schlüssel dazu besorgt und den Briefkasten eigenhändig mit dem Namen «Bredon» beschriftet, damit der Postbote sich zurechtfand.
    In diesem Kasten war tatsächlich ein Brief, so einer, wie ihn die Romanschreiber gern als «zarte Botschaft» bezeichnen – das heißt, der Umschlag war lila getönt mit Goldrand und trug eine schwungvolle weibliche Handschrift. Parker nahm den Brief heraus, steckte ihn in die Tasche, um ihn morgen früh zusammen mit einer kleinen Mitteilung an Wimsey zu schicken, und ging die Treppe in den ersten Stock hinauf. Dort schaltete er das Dielenlicht aus, das wie die Treppenbeleuchtung eine Zweiwegschaltung hatte, und stieg weiter in den zweiten Stock mit der Wohnung drei, die aus Parkers Wohnzimmer, Eßzimmer und Küche bestand. Hier zögerte er kurz, fand dann aber sehr zu seinem Pech, daß es ihn weder nach einem Teller Suppe noch nach einem Sandwich gelüstete, weshalb er das Licht für die untere Treppe ausknipste und gleichzeitig auf den Schalter drückte, der nun der oberen Treppe hätte Licht spenden sollen. Nichts geschah. Parker knurrte, wunderte sich aber nicht. Die Treppenhausbeleuchtung war Sache des Hauswirts, und der hatte die knauserige Angewohnheit, die billigsten Birnen zu kaufen und diese so lange darinzulassen, bis der Glühfaden durchgebrannt war. Auf diese Weise verscherzte er sich die Zuneigung seiner Mieter und gab obendrein mehr Geld für Strom aus, als er an den Birnen sparte, aber so war er nun mal. Parker kannte die Treppe so gut wie die Gewohnheiten seines Hauswirts; er ging im Dunkeln hinauf und zündete nicht einmal ein Streichholz an.
    Ob nun dieser kleine Zwischenfall sein professionelles Unterbewußtsein auf den Plan gerufen hatte, oder ob der Hauch einer Bewegung oder ein Atemgeräusch ihn in letzter Sekunde gewarnt hatte, wußte er später nicht zu sagen. Er hatte den Schlüssel in der Hand und wollte ihn gerade ins Schloß stecken, als er plötzlich instinktiv nach rechts auswich, und im selben Sekundenbruchteil landete der Schlag mit mörderischer Wucht auf seiner linken Schulter. Er hörte sein Schlüsselbein krachen, während er sich herumwarf, um sich der mordlüsternen Dunkelheit zum Kampf zu stellen, und dachte noch in diesem Moment:
    «Wäre ich nicht ausgewichen, hätte meine Melone den Schlag gebremst, und mein Schlüsselbein wäre heil geblieben.» Seine rechte Hand ertastete eine Kehle, die aber durch einen dicken Schal und einen hochgeschlagenen Kragen geschützt war. Verzweifelt versuchte er seine Finger durch dieses Hindernis zu wühlen, während er gleichzeitig mit dem nur noch halb brauchbaren linken Arm den zweiten Schlag abwehrte, den er auf sich herabsausen fühlte. Er hörte seinen Gegner keuchen und fluchen. Dann gab der Widerstand plötzlich nach, und ehe er noch loslassen konnte, flog er vornüber, während ein hochgerissenes Knie ihm mit brutaler Gewalt in die Magengrube stieß, daß ihm die Luft wegblieb. Er taumelte, dann krachte die Faust des Gegners gegen sein Kinn. In der letzten Sekunde des Bewußtseins, kurz bevor sein Kopf auf den Boden schlug, dachte er an die Waffe in der Hand des anderen und gab alle Hoffnung auf.
    Der Niederschlag hatte ihm wahrscheinlich das Leben gerettet. Sein dumpfer Fall weckte Lady Mary auf. Im ersten Augenblick wußte sie gar nicht, was sie geweckt hatte. Dann flogen ihre Gedanken zu den Kindern, die im Zimmer nebenan schliefen. Sie knipste das Licht an und rief gleichzeitig nach drüben, ob etwas passiert sei. Als sie keine Antwort bekam, sprang sie aus dem Bett, warf sich einen Morgenmantel um und lief ins Nebenzimmer. Dort war alles friedlich. Verwundert stand sie da und glaubte schon, den Krach nur geträumt zu haben. Da hörte sie jemanden in großer Hast die Treppe hinunterlaufen. Sie rannte ins Schlafzimmer zurück, packte den Revolver, der stets geladen in der Nachttischschublade lag, und riß die Wohnungstür auf. Der Lichtschein aus dem Flur fiel auf die zusammengesunkene Gestalt ihres Mannes, und während sie noch mit weit aufgerissenen Augen vor diesem bestürzenden Anblick stand, hörte sie unten die Haustür laut zuschlagen.

    «Du hättest», sagte Mr. Parker bissig, «dich nicht um mich kümmern, sondern zum Fenster rennen und versuchen sollen, den Kerl zu sehen, als er die Straße hinunterlief.»
    Lady Mary lächelte nachsichtig über diese aberwitzige

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