Wimsey 09 - Mord braucht Reklame
Und wer ist, bitte schön, ‹alle Welt›?»
«Die zwanzig Leute, die beim Tee waren, und die anderen alle, denen sie es weitererzählt haben.»
«Ein ziemlich großer Kreis.»
«Hm, ja. Ich hatte mit einer Reaktion gerechnet. Pech, daß sie nun dich und nicht mich getroffen hat.»
«Allerdings», pflichtete Mr. Parker ihm mit Nachdruck bei.
«Aber es hätte noch schlimmer kommen können. Jetzt haben wir immerhin dreierlei, woran wir uns halten können. Erstens alle, die von den Schießübungen wissen. Zweitens alle, die meine Adresse kannten oder sich danach erkundigt haben. Und drittens natürlich den Kerl, der seinen Drehbleistift verloren hat. Aber hör mal –» Wimsey unterbrach sich plötzlich und stimmte ein lautes Lachen an. «Der muß ja heute morgen einen bösen Schrecken bekommen haben, als ich gesund und munter aufkreuzte und nicht einmal ein blaues Auge hatte! Warum hast du mir das alles um Himmels willen nicht schon heute früh erzählt, dann hätte ich die Augen offenhalten können!»
«Wir hatten anderes zu tun», sagte Lady Mary.
«Außerdem sind wir nicht auf die Idee gekommen, daß es etwas mit dir zu tun haben könnte.»
«Das hättet ihr euch aber denken müssen. Wenn's irgendwo Scherereien gibt, stecke immer ich dahinter. Aber ich will es euch noch einmal nachsehen. Ihr seid genug gestraft, und niemand soll sagen, ein Wimsey könne nicht großmütig sein. Aber dieser Mistkerl – du müßtest ihm doch wenigstens ein Andenken verpaßt haben, Charles, oder?»
«Leider nein. Ich habe ihn zwar an der Kehle zu fassen bekommen, aber er war so dick vermummt.»
«Das hast du schlecht gemacht, Charles. Du hättest ihm eins überziehen sollen, aber ich verzeihe dir. Nun möchte ich nur wissen, ob unser Freund es noch einmal bei mir versuchen wird.»
«Hoffentlich nicht unter dieser Adresse», sagte Mary.
«Das will ich nicht hoffen. Nächstes Mal hätte ich ihn gern selbst vor Augen. Er muß ja ziemlich auf Draht sein, daß er den Brief mitgenommen hat. Warum in aller Welt – ach so! Jetzt verstehe ich.»
«Was?»
«Daß heute morgen niemand bei meinem Anblick in Ohnmacht gefallen ist. Er muß eine Taschenlampe bei sich gehabt haben. Er schlägt dich nieder, dann knipst er die Taschenlampe an, um zu sehen, ob du auch schön tot bist. Dabei sieht er als erstes den Brief. Den schnappt er sich – warum? Weil – darauf kommen wir noch zurück. Er schnappt ihn sich jedenfalls, und dann betrachtet er deine klassischen Züge. Er sieht, daß er den falschen erwischt hat, und im selben Augenblick hört er Mary zur Attacke blasen und haut ab. Das wäre jetzt klar. Aber der Brief? Hätte er den Brief in jedem Falle mitgenommen, oder kannte er die Handschrift? Wann wurde der Brief zugestellt? Natürlich, mit der Post um halb zehn. Nehmen wir an, der Kerl war gekommen, um mich in meiner Wohnung aufzusuchen, und hat den Brief im Kasten gesehen und gleich erkannt, von wem er war. Das eröffnet uns ein weites Spekulationsfeld, vielleicht sogar ein weiteres Motiv.»
«Peter», sagte Lady Mary, «ich finde, du solltest hier nicht herumsitzen und Charles mit diesen ganzen Spekulationen aufregen. Davon steigt nachher noch sein Fieber.»
«Beim Zeus, du hast recht! Hör zu, mein Alter, es tut mir furchtbar leid, daß du die Abreibung bekommen hast, die mir zugedacht war. Das war wirklich ein elendes Pech, und ich bin froh und dankbar, daß nichts Schlimmeres passiert ist. Aber jetzt werde ich mich aus dem Staub machen. Muß sowieso weg. Bin verabredet. Tschüs.»
Wimseys erste Tat nach dem Besuch bei Parkers war ein Anruf bei Pamela Dean, die er zum Glück zu Hause erreichte. Er erklärte ihr, daß ihr Brief unterwegs verlorengegangen sei, und fragte, was darin war.
«Nur eine kleine Nachricht von Dian de Momerie. Sie
möchte wissen, wer Sie sind, Sie scheinen großen Eindruck gemacht zu haben.»
«Man tut, was man kann», sagte Peter. «Was haben Sie ihr geantwortet?»
«Nichts. Ich wußte ja nicht, was Sie von mir erwarteten.»
«Meine Adresse haben Sie ihr nicht gegeben?»
«Nein. Die wollte sie zwar von mir wissen, aber ich wollte nicht noch einen Fehler machen und es lieber Ihnen überlassen.»
«Sehr richtig.»
«Und nun?»
«Sagen Sie ihr – weiß sie eigentlich, daß ich bei Pym arbeite?»
«Nein, ich habe mich gehütet, ihr überhaupt etwas von Ihnen zu erzählen. Nur Ihren Namen habe ich ihr gesagt, aber den scheint sie wieder vergessen zu haben.»
«Gut. Also hören Sie zu.
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