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Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel

Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel

Titel: Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Sulfat?«
    »Ah, jetzt denken Sie, ich verrate es Ihnen. Es ist ein Gemisch aus diesem und jenem – lauter ganz gewöhnliche Sachen, und billig. Für neun Pence könnten Sie genug Gift anrühren, um die ganze Regierung zu vergiften – und das würden doch nicht einmal Sie ein Verbrechen nennen, wie? Aber man würde natürlich nicht die ganze Bande auf einmal beseitigen; das sähe etwas komisch aus, wenn sie alle gleichzeitig in ihrer Badewanne das Zeitliche segneten.«
    »Wieso in der Badewanne?«
    »So würden sie eben sterben. Das warme Wasser löst nämlich die Wirkung des Gifts aus. Zwischen ein paar Stunden und ein paar Tagen nach der Einnahme. Es ist eine ganz simple chemische Reaktion und in keiner Analyse nachzuweisen. Das Ganze sähe nur nach Herzversagen aus.«
    Pender musterte ihn voll Unbehagen. Dieses Lächeln gefiel ihm nicht; es war nicht nur spöttisch, es war selbstgefällig, es war fast – hämisch – triumphierend! Er wußte keine passende Bezeichnung dafür.
    »Wissen Sie«, fuhr der Mann fort, indem er bedächtig seine Pfeife aus der Tasche zog und sie zu stopfen begann, »es ist doch merkwürdig, wie oft man liest, daß jemand in der Badewanne gestorben ist. Das muß eine sehr häufige Unfallart sein. Und so verführerisch. Mord hat etwas Faszinierendes. Der Gedanke packt einen und läßt nicht mehr los – ich meine, so müßte es wohl sein, nicht wahr?«
    »Wahrscheinlich«, sagte Pender.
    »Denken Sie nur an Palmer. Denken Sie an Gesina Gottfried. Denken Sie an Armstrong. Nein, ich würde die Formel niemandem anvertrauen – nicht einmal so einem tugendhaften jungen Mann wie Ihnen.«
    Die langen weißen Finger drückten den Tabak fest in den Pfeifenkopf und rissen ein Streichholz an.
    »Aber wie steht es mit Ihnen?« fragte Pender gereizt. (Wer läßt sich schon gern einen tugendhaften jungen Mann nennen?) »Wenn man wirklich niemandem trauen darf –«
    »Dann darf man auch mir nicht trauen, wie?« erwiderte der Mann. »Nun, das ist durchaus richtig, aber da hilft nun kein Beten mehr. Ich kenne die Formel und kann nicht einfach beschließen, sie nicht mehr zu kennen. Das ist bedauerlich, aber nicht zu ändern. Jedenfalls haben Sie den Trost zu wissen, daß mir schon mal nichts Unerfreuliches zustoßen kann. Meine Güte, das ist ja schon Rugby! Ich muß hier aussteigen. Hab in Rugby eine kleine geschäftliche Angelegenheit zu erledigen.«
    Er stand auf, schüttelte sich einmal kurz, knöpfte den Regenmantel zu und zog sich den abgenutzten Hut tiefer über die geheimnisvolle Brille. Mit einem kurzen »Gute Nacht« und einem schiefen Lächeln trat der Mann auf den Bahnsteig, und Pender sah ihn raschen Schrittes in den Nieselregen jenseits des Lichtkegels der Gaslaterne hinausgehen.
    »Spinnt wahrscheinlich«, dachte Pender, sonderbar erleichtert. »Gott sei Dank habe ich jetzt wenigstens das Abteil für mich allein, wie’s scheint.«
    Er wandte sich wieder dem Mord im Pfarrhaus zu, doch seine Gedanken schweiften weiter ab.
    »Wie hieß noch dieses Zeug, von dem der Kerl geredet hat?«
    Es wollte ihm um nichts in der Welt wieder einfallen.
    Es war am Mittag des folgenden Tages, daß Pender die Meldung im Standard las. Er hatte sich die Zeitung gekauft, um sie beim Mittagessen zu lesen, und sofort stach ihm das Wort »Bad« ins Auge; sonst hätte er die Meldung wahrscheinlich übersehen, denn sie war ziemlich kurz.
    Wohlhabender Fabrikant im Bad gestorben Ehefrau macht traurige Entdeckung Eine bestürzende Entdeckung mußte heute in aller Frühe Mrs. John Brittlesea machen. Als die Frau des bekannten Inhabers der Maschinenfabrik Brittlesea in Rugby ihren Mann, den sie eine Stunde zuvor noch lebend und gesund gesehen hatte, nicht zur gewohnten Zeit zum Frühstück herunterkommen sah, suchte sie ihn im Badezimmer. Nachdem die Tür aufgebrochen worden war, fand man den Ingenieur tot in der Wanne liegen. Nach Ansicht der Ärzte mußte er schon seit einer halben Stunde tot gewesen sein. Als Todesursache wird Herzversagen angenommen. Der Verstorbene …
    »Das ist aber ein merkwürdiger Zufall«, dachte Pender. »In Rugby. Ich glaube, das wird meinen unbekannten Freund interessieren – wenn er noch dort ist, um seine Geschäfte zu erledigen. Was mögen das übrigens für Geschäfte sein?«
    Es ist, wenn man auf eine bestimmte Kombination von Umständen einmal aufmerksam wurde, schon sehr sonderbar, wie einen ebendiese Kombination von Umständen nachgerade zu verfolgen scheint. Man bekommt eine

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