Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel

Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel

Titel: Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
Vom Netzwerk:
Blinddarmentzündung: Schon stehen die Zeitungen voll von Meldungen über Staatsmänner mit Blinddarmentzündung und über Todesopfer derselben; man erfährt, daß sämtliche Bekannte, die man hat, auch schon Blinddarmentzündung hatten oder wenigstens jemanden kennen, der sie schon hatte und entweder daran gestorben oder noch erstaunlich viel schneller als man selbst davon genesen ist; man kann keine Illustrierte mehr aufschlagen, in der nicht die Heilung von Blinddarmentzündung als einer der Triumphe der modernen Chirurgie gefeiert wird, und keine wissenschaftliche Abhandlung lesen, ohne auf eine vergleichende Betrachtung des menschlichen und des äffischen Wurmfortsatzes zu stoßen. Wahrscheinlich wird die Appendicitis gar nicht häufiger erwähnt als sonst, aber es fällt einem erst auf, wenn die Gedanken einmal auf dieses Thema gerichtet sind. So jedenfalls erklärte Pender sich die außerordentliche Häufigkeit, mit der um diese Zeit alle möglichen Leute in ihrer Badewanne zu sterben schienen.
    An allen Ecken und Enden verfolgte ihn das. Immer war es ein und derselbe Ablauf: das heiße Bad, die Entdeckung der Leiche, die gerichtliche Untersuchung; und immer derselbe ärztliche Befund: Herzversagen infolge zu heißen Badewassers. Allmählich wollte es Pender schon nicht mehr ungefährlich erscheinen, überhaupt noch in ein warmes Bad zu steigen. Er gewöhnte sich an, sein eigenes Bad tagtäglich etwas kälter einlaufen zu lassen, bis es schon fast gar keinen Spaß mehr machte, sich hineinzulegen.
    Jeden Morgen überflog er seine Zeitung zuerst nach Schlagzeilen über Badewannen, ehe er die anderen Meldungen las, und war teils erleichtert, teils enttäuscht, wenn einmal eine Woche ohne Badewannentragödie verging.
    Einmal starb auf diese Weise ganz plötzlich eine schöne junge Frau, deren Mann, ein Chemiker, sich ein paar Monate zuvor erfolglos um die Scheidung von ihr bemüht hatte. Der Richter bei der Voruntersuchung schien nicht abgeneigt, unsaubere Machenschaften zu vermuten, und unterzog den Ehemann einem scharfen Kreuzverhör. Aber schließlich war gegen die Aussage des Arztes nichts zu machen. Pender erging sich in seinen Phantasien über unwahrscheinliche Möglichkeiten und wünschte, wie er es tagtäglich tat, der Name des Präparats, von dem der Mann im Zug gesprochen hatte, würde ihm wieder einfallen.
    Dann wurde es sogar in Penders unmittelbarer Nachbarschaft aufregend. Ein Mr. Skimmings, ein alter Mann, der allein mit seiner Haushälterin um die Ecke wohnte, wurde tot in seiner Badewanne gefunden. Sein Herz war nie das kräftigste gewesen. Die Haushälterin sagte zum Milchmann, daß sie mit so etwas schon lange gerechnet habe, da der Herr sein Bad immer so heiß einlaufen lasse. Pender ging zur gerichtlichen Voruntersuchung.
    Die Haushälterin machte ihre Aussage. Mr. Skimmings sei ein denkbar freundlicher Dienstherr gewesen, und sie sei untröstlich über den Verlust. Nein, sie habe nichts davon gewußt, daß Mr. Skimmings ihr eine größere Summe Geldes hinterlassen habe, aber das zeige eben nur sein gutes Herz. Das Untersuchungsgericht erkannte auf Unglücksfall.
    Am Abend machte Pender mit seinem Hund den gewohnten Spaziergang. Eine unbestimmte Neugier ließ ihn einen Umweg machen, und zwar am Haus des verstorbenen Mr. Skimmings vorbei. Und als er dort so vorbeischlenderte und zu den schwarzen Fenstern hinaufsah, ging plötzlich das Gartentor auf, und ein Mann kam heraus. Pender erkannte ihn im Schein der Straßenlaterne sofort.
    »Guten Abend!« sagte er.
    »Ach, Sie sind’s?« antwortete der Mann. »Sie wollen wohl den Ort der Tragödie besichtigen, wie? Was halten Sie denn von dem Ganzen?«
    »Hm, nichts weiter«, sagte Pender. »Ich kannte den Mann nicht. Sonderbar, daß wir uns so wiederbegegnen.«
    »Ja, nicht? Ich nehme an, Sie wohnen hier in der Nähe?«
    »Ja«, sagte Pender und wünschte sofort, er hätte es nicht gesagt. »Sind Sie auch in dieser Gegend zu Hause?«
    »Ich?« fragte der Mann zurück. »Nein. Ich war hier nur in einer kleinen geschäftlichen Angelegenheit.«
    »Als wir uns das letztemal begegneten, hatten Sie in Rugby Geschäfte zu erledigen«, sagte Pender. Sie hatten sich in Bewegung gesetzt und näherten sich der Straßenecke, wo Pender abbiegen mußte, um nach Hause zu kommen.
    »Stimmt«, pflichtete der andere ihm bei. »Meine Geschäfte führen mich durchs ganze Land. Ich weiß nie, wo ich als nächstes gebraucht werde.«
    »In der Zeit, als Sie in Rugby

Weitere Kostenlose Bücher