Wimsey 11 - Der Glocken Schlag
nehmen, kriegt's irgendein Widerling – Onkel Edward womöglich, oder wer sonst Mrs. Wilbrahams nächster Verwandter ist, und der fängt dann auf jeden Fall etwas Dummes damit an.«
»Onkel Edward bestimmt«, sagte Hilary nachdenklich.
»Also, Sie können es sich ja noch ein paar Jahre überlegen«, sagte Wimsey. »Wenn Sie volljährig sind, können Sie's immer noch in die Themse schmeißen. Aber was ich mit den Smaragden anfangen soll, weiß ich wirklich nicht.«
»Diese gräßlichen Dinger«, meinte Hilary. »Meinen Großvater haben sie unter die Erde gebracht, und meinen Vater praktisch auch, und dann Deacon, und es dauert nicht lange, da bringen sie den nächsten um. Ich würde sie nicht mit einer langen Zange anfassen.«
»Ich will Ihnen mal was sagen. Ich bewahre den Schmuck für Sie auf, bis Sie einundzwanzig sind, und dann tun wir beide uns zu einem Wilbraham-Nachlaß-Beseitigungs-Komitee zusammen und stellen irgend etwas furchtbar Aufregendes mit dem ganzen Krempel an.«
Hilary war einverstanden; aber Wimsey wurde ein Gefühl der Bedrückung nicht los. Soweit er sah, hatte sein Eingreifen niemandem genützt und nur für weiteren Kummer gesorgt. Es war ein tausendfacher Jammer, daß Deacons Leiche wieder ans Tageslicht gekommen war. Niemand hatte eine Verwendung dafür.
Der Neue Kanal wurde Ende des Monats mit einem großen Fest eröffnet. Das Wetter war wie bestellt, der Herzog von Denver hielt eine Rede, die an Unverbindlichkeit nicht zu überbieten war, und die Regatta war ein voller Erfolg. Drei Mann fielen ins Wasser, vier Männer und eine alte Frau wurden wegen Trunkenheit und Erregung öffentlichen Ärgernisses eingebuchtet, ein Auto trat einem Händlerkarren zu nah, und der junge Gotobed bekam den ersten Preis für das am prächtigsten herausgeputzte Motorrad.
Der Wale machte sich inmitten dieser ganzen Aufregung still und bescheiden an seine Aufgabe, sein neues Bett zum Meer hin auszuschwemmen. Wimsey beugte sich an der Einmündung des Flusses in den Kanal über die Einfassungsmauer und sah dem Salzwasser zu, das mit der steigenden Flut vom Meer heraufkam, lehmig und trübe von der Einweihung seines frischgegrabenen Bettes. Links von ihm wand sich das alte Flußbett wasserlos dahin, ein breites Band glänzenden Schlicks.
»Das funktioniert«, sagte eine Stimme neben ihm. Wimsey drehte sich um und sah, daß es einer der Ingenieure war.
»Wieviel tiefer haben Sie ihn gemacht?«
»Nur ein paar Spatenstiche. Den Rest besorgt das Wasser selbst. Mit dem Fluß hier war ja soweit alles in Ordnung, bis auf die verschlammte Mündung und diesen großen Bogen hier unten. Wir haben seinen Lauf jetzt um drei Meilen gekürzt und ihn hinter den Schlickbänken direkt ins Wash geleitet. Jetzt rechnen wir damit, daß er sich selbst sein Bett ein paar Meter tiefer gräbt – drei oder vier, vielleicht sogar mehr. Für die Stadt hier wird dadurch alles anders. Ein Skandal, wie man die Dinge bisher hat schleifen lassen. Dabei ging die Flut kaum höher als bis zur Van-Leyden-Schleuse. Jetzt läuft sie wahrscheinlich hinauf bis zum Great Learn. Das ganze Geheimnis bei diesen Fenmoor-Flüssen ist, daß man so viel Wasser wie möglich wieder seinem natürlichen Lauf zuführen muß. Das war der Fehler der alten Holländer, daß sie es auf viele Kanäle verteilt und überall herumstehen gelassen haben. Je geringer das Gefälle des Landes, desto mehr Wasser braucht man, damit es die Mündung sauberhält. Sollte man eigentlich für selbstverständlich halten, nicht? Aber die Leute haben ein paar hundert Jahre gebraucht, um es zu begreifen.«
»Ach ja«, meinte Wimsey. »Dieses ganze Mehr an Wasser geht jetzt sicher den Dreißigfußkanal hinauf?«
»Richtig. Es ist jetzt praktisch ein gerader Weg von der Al
ten-Damm-Schleuse bis zur Mündung des Neuen Kanals. Fünfunddreißig Meilen. Und das wird viel von dem Hochwasser bei Leamholt und Lympsey abführen. Im Augenblick hat der Great Leam noch mehr zu tun, als gut für ihn ist – man hat immer Hemmungen gehabt, dem Dreißigfußkanal im Winter einen gehörigen Teil des Flutwassers anzuvertrauen, denn sehen Sie, wenn es bis hierher gekommen wäre, hätte es das alte Flußbett verlassen und die Stadt überschwemmt. Aber der Neue Kanal wird es ohne weiteres abführen, und das wird den Great Leam entlasten und den Überschwemmungen um Frogglesham, Mere Wash und Lympsey Fen ein Ende machen.«
»Aha!« sagte Wimsey. »Ich hoffe doch, daß der Damm des Dreißigfußkanals
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