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Wimsey 11 - Der Glocken Schlag

Wimsey 11 - Der Glocken Schlag

Titel: Wimsey 11 - Der Glocken Schlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Parker, der die Ermittlungen in London leitete, stöhnte gequält, als er das hörte. Daß dieser namenlose Gelegenheitsbote sich melden würde, wäre gewiß zuviel erwartet. Zehn zu eins, daß er das zurückerhaltene Pfand in die eigene Tasche gesteckt hatte und nicht eben scharf darauf war, diesen Umstand der Menschheit mitzuteilen.
    Aber Parker irrte sich. Dem Mann, der das Motorrad ausgeliehen hatte, war offenbar der fatale Fehler unterlaufen, an einen ehrlichen Boten zu geraten. Nach mehreren Umfragen und Zeitungsannoncen meldete sich ein junger Londoner bei New Scotland Yard. Er nannte sich Frank Jenkins und erklärte, er habe eben erst die Annonce gesehen. Er sei auf Arbeitssuche im Land herumgereist und gerade noch rechtzeitig nach Lon don zurückgekommen, um am Anschlagbrett der Arbeitsvermittlung den Polizeiaufruf zu lesen.
    An die Geschichte mit dem Motorrad erinnerte er sich gut. Damals sei ihm das recht merkwürdig vorgekommen. Er habe sich am Frühmorgen des 5. Januar in der Nähe einer Garage in Bloomsbury herumgetrieben und gewartet, ob er nicht irgend etwas zu tun fände, und da sei auf einmal dieser Mann mit dem Motorrad gekommen. Der Mann sei kurz und stämmig gebaut gewesen, mit blauen Augen, und gesprochen habe er, als ob er der Chef von irgend etwas wäre – schnell und gebieterisch wie einer, der es gewöhnt sei, Befehle zu erteilen. Doch, er könne durchaus ein Offizier der Handelsmarine gewesen sein, das sei sehr gut vorstellbar. Wenn er sich's recht überlegte, habe der Mann auch ein bißchen ausgesehen wie ein Seemann. Er habe einen sehr nassen und schmutzigen Motorradmantel angehabt und eine Mütze auf dem Kopf, die er tief ins Gesicht gezogen hatte. Der Mann habe gesagt:
    »Hör mal, Jungchen, suchst du Arbeit?« Auf sein Ja hin habe er gefragt: »Kannst du Motorrad fahren?« Er, Frank Jenkins, habe geantwortet: »Nur her damit, Chef«, woraufhin er den Auftrag bekommen habe, das Motorrad zu einer bestimmten Garage zurückzubringen, das Pfand zu kassieren und zur Rugby Tavern an der Ecke Great James Street und Chapel Street zu bringen, wo der Fremde ihn für seine Mühen entlohnen werde. Er habe den Auftrag ausgeführt und nicht länger als eine Stunde dafür gebraucht (da er mit dem Bus zurückgefahren sei), aber als er bei der Rugby Tavern angekommen sei, habe er den Fremden nicht gesehen, und wahrscheinlich sei er dort auch nie gewesen. Eine Frau sagte, sie habe ihn in Richtung Guildford Street gehen sehen. Jenkins habe den halben Morgen gewartet, aber von dem Mann mit dem Motorrad nichts mehr gesehen. Er habe darum das Geld beim Wirt der Rugby Tavern hinterlegt, mit der Mitteilung, er habe nicht länger warten können und sich für seine Bemühungen eine halbe Krone genommen – die se Summe habe er für eine angemessene Entlohnung gehalten. Der Wirt werde ihnen sagen können, ob das Geld jemals zurückverlangt worden sei.
    Der Wirt erinnerte sich auf Befragen dunkel an die Begebenheit. Niemand, auf den die Beschreibung des Fremden paßte, habe je nach dem Geld gefragt, das nach langem Suchen auch richtig zum Vorschein kam, eingewickelt in einen schmutzigen Umschlag, in dem sich außerdem die Rechnung des Garagenbesitzers fand, ausgestellt auf einen Joseph Smith mit fiktiver Adresse.
    Der nächste Schritt war eine Gegenüberstellung James Tho
    days mit Frank Jenkins. Der Bote erkannte seinen Auftraggeber auf Anhieb; James Thoday jedoch beharrte höflich darauf, daß eine Verwechslung vorliegen müsse. Was nun? dachte Mr. Parker.
    Er stellte diese Frage Lord Peter, der meinte:
    »Ich glaube, jetzt wird es Zeit für ein bißchen Schmutzarbeit, Charles. Sperr mal James und William Thoday allein miteinander in ein Zimmer, mit einem Mikrophon oder wie ihr diese häßlichen Dinger nennt. Das ist sicher nicht schön, aber wahrscheinlich bringt es was.«
    So trafen sich die beiden Brüder unter solchen Umständen zum erstenmal seit dem Morgen des 4. Januar wieder, als James aus Fenchurch abgereist war. Ort der Handlung: ein Wartezimmer bei Scotland Yard.
    »Nun, William?« sagte James.
    »Nun, James?« sagte William.
    Schweigen. Dann James:
    »Wieviel wissen sie?«
    »Ungefähr alles, soweit ich es sagen kann.«
    Neue Pause. Dann sprach James wieder mit gepreßter Stimme:
    »Na schön. Dann schieben wir das Ganze am besten auf mich. Ich bin ledig, und du mußt an Mary und die Kinder denken. Aber um Himmels willen, Junge, hättest du dir den Kerl denn nicht vom Hals schaffen können, ohne ihn

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