Wimsey 11 - Der Glocken Schlag
dem Druck gewachsen ist?«
»Aber natürlich«, meinte der Ingenieur belustigt. »Dafür war er von Anfang an gedacht. Einmal hat er's sogar schon beweisen müssen. Erst in den letzten hundert Jahren ist der Wale ja so arg verschlammt. Im Wash hat es dadurch starke Verschie bungen gegeben – hauptsächlich natürlich bedingt durch die Gezeiten und die Nene-Kanal-Mündung, und das hat diese Verstopfung bewirkt, verstehen Sie? Aber früher hat der Dreißigfußkanal einwandfrei gearbeitet.«
»Vermutlich zu Zeiten des Lord-Protektors«, meinte Wimsey. »Und nachdem Sie nun die Wale-Mündung gesäubert haben, wandert die Verstopfung sicher woandershin?«
»Sehr wahrscheinlich«, antwortete der Ingenieur unbeirrt fröhlich. »Diese Schlickbänke sind ständig in Bewegung. Aber ich würde sagen, mit der Zeit kriegen wir noch das ganze Wash klar – es sei denn, die greifen tatsächlich den Gedanken auf, es trockenzulegen. Das wäre eine Lebensaufgabe.«
»Durchaus«, meinte Wimsey.
»Aber soweit sieht das hier ganz gut aus«, fuhr der Ingenieur fort. »Hoffentlich hält nur unser Damm da drüben den Druck aus. Sie würden staunen, wie diese so ruhig aussehenden Flüsse arbeiten. Jedenfalls ist diese Ufereinfassung hier in Ordnung – darauf leiste ich jeden Eid. Beobachten Sie mal die Gezeitenmarken. Wir haben das alte Niedrigwasser und das alte Hochwasser markiert – wenn Sie in den nächsten Monaten nicht das eine um ein, zwei Meter gesenkt und das andere um ebensoviel erhöht sehen, will ich Holländer sein. Entschuldigen Sie mich einen Augenblick – ich muß nur mal schnell sehen, daß die da drüben den Damm ordentlich machen.«
Er eilte davon, um die Arbeiter bei der Vervollständigung des Dammes über das alte Flußbett zu beaufsichtigen.
»Und was ist mit meinen alten Schleusentoren?«
»Oh!« machte Wimsey und sah sich um. »Sie sind's, ja?«
»Ha!« Der Schleusenwärter spuckte kräftig ins steigende Wasser. »Ja, ich bin's. Ganz richtig geraten. Sehn Sie sich mal an, was die da für ein Geld ausgegeben haben. Tausende. Aber für meine alten Schleusentore, ich denke, für die kann ich mit dem Hut rundgehen.«
»Noch keine Antwort aus Genf?«
»Hä?« machte der Schleusenwärter. »Oh! Aha! Das meinen Sie, was ich gesagt hab? Ja, das war gut, nicht? Warum gehen sie nicht gleich damit zum Völkerbund? Ha, und wieso eigentlich nicht? Sehn Sie sich mal das Wasser an, das da raufkommt. Und wo geht es hin? Irgendwo muß es ja hin, nicht?«
»Zweifellos«, sagte Wimsey. »Soweit ich verstanden habe, soll es den Dreißigfußkanal hinauf.«
»Aha!« meinte der Schleusenwärter. »Immer dazwischenfummeln, das müssen sie.«
»Wenigstens fummeln sie bei Ihren Schleusentoren nicht dazwischen.«
»Nein, das ist es ja. Wenn man einmal irgendwo dazwischenfummelt, muß man es andauernd tun. Eins gibt das andere. Laßt die Flüsse in Ruhe, sag ich immer. Grabt nicht immer an ihnen rum, daß sie anders laufen sollen. Wenn man es an einer Stelle macht, muß man es gleich an der nächsten machen.«
»Dann ständen aber die Fenmoore noch immer unter Wasser«, wandte Wimsey ein.
»Na ja, wenn man es so sieht, das stimmt schon«, räumte der Schleusenwärter ein. »Das ist allerdings wahr. So wär's. Aber trotzdem, dann würden sie jetzt nicht uns hier ersäufen. Der hat ja gut reden, von wegen die Flut rauslassen aus der AltenDamm-Schleuse. Wo soll denn das alles hin? Es kommt rauf, und irgendwo muß es hin, und dann kommt es wieder runter, und irgendwo muß es hin, stimmt's nicht?«
»Soviel ich weiß, überschwemmt es zur Zeit das Mere Wash und Frogglesham und die ganzen Orte.«
»Na und, ist doch denen ihr Wasser, oder?« meinte der Schleusenwärter. »Die haben kein Recht, es uns zu schicken.«
»Schon«, sagte Wimsey, der den Geist erkannte, mit dem in den letzten paar Jahrhunderten eine effektive Moorentwässe rung verhindert worden war, »aber wie Sie selbst sagen, irgendwo muß es hin.«
»Es ist denen ihr Wasser«, gab der Mann störrisch zurück.
»Sollen sie's doch behalten. Wir können es nicht brauchen.«
»Es scheint, daß Walbeach es haben will.«
»Ach, die!« Der Schleusenwärter spuckte ausgiebig. »Die wissen doch nicht, was sie wollen. Die wollen immer irgendeinen Unsinn. Und zu allem Überfluß ist auch immer ein Trottel da, der es ihnen gibt. Alles, was ich brauche, sind neue Schleusentore, aber es sieht nicht so aus, als ob ich sie kriegte. Ich hab schon ich weiß nicht wie oft danach
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