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Wimsey 11 - Der Glocken Schlag

Wimsey 11 - Der Glocken Schlag

Titel: Wimsey 11 - Der Glocken Schlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Kanthölzer gefunden, die hab ich vor ihm aufgeschichtet, damit einer, der da raufkam, ihn nicht gleich sah – höchstens wenn er etwas suchte. Und dann bin ich weggegangen und hab nachgedacht. Die Schlüssel hab ich behalten. Ich wußte ja, daß ich sie noch brauchte, und der Pfarrer ist so zerstreut, der würde sicher denken, er hat sie verlegt.
    Den ganzen Tag hab ich nachgedacht – und dann ist mir eingefallen, daß am Samstag Lady Thorpe beerdigt werden sollte. Da hab ich gedacht, wenn ich ihn zu ihr ins Grab lege, wird er so schnell nicht gefunden, höchstens per Zufall. Ich mußte ja am Samstag morgen fort, und ich hab gedacht, ich kann die Sache so hindrehen, daß ich ein Alibi habe.
    Am Freitag wär's mal beinahe schiefgegangen. Jack Godfrey hatte mir erzählt, sie wollten ein Trauerläuten für Lady Thorpe machen, und mich hat's fast umgehauen, weil ich gedacht habe, wenn er raufgeht, um die Ledermanschetten auf die Klöppel zu tun, sieht er ihn. Aber ich hatte unwahrscheinliches Glück. Er ist erst nach Einbruch der Dunkelheit raufgegangen, und ich nehme an, er hat nicht mal einen Blick in diese dunkle Ecke geworfen, sonst hätte er ja gesehen, daß die Bretter bewegt worden waren.«
    »Was Sie am Samstag getan haben, wissen wir«, sagte Parker. »Den Teil können Sie überspringen.«
    »Gut, Sir. Ich hatte eine fürchterliche Fahrt mit diesem Motorrad. Die Acetylenlampe hat nicht besonders gut funktioniert, und geregnet hat's wie in den Tropen. Immerhin, ich bin angekommen – viel später als gewollt – und hab mich an die Arbeit gemacht. Ich hab ihn abgeschnitten –«
    »Auch das brauchen Sie uns nicht zu erzählen. In der Glokkenstube hat die ganze Zeit ein Zeuge oben auf der Leiter gesessen.«
    »Ein Zeuge?«
    »Ja – und Glück für Sie, mein Lieber, daß es sich um einen hochachtbaren Vertreter der edlen Einbrecherzunft handelte, mit dem Herzen eines Karnickels und einer gesunden Abneigung gegen Blutvergießen – sonst hätte er Sie erpreßt, bis Sie schwarz geworden wären. Aber ich muß zu Nobbys Ehre sagen«, fügte Parker nachdenklich hinzu, »daß er Erpressung wohl als unter seiner Würde betrachtet. Sie haben die Leiche zum Friedhof geschafft?«
    »Und heilfroh war ich, als ich unten war. Ihn diese Leitern hinunterzurollen – mir ist ganz anders geworden dabei. Und die Glocken! Die ganze Zeit hab ich mir eingebildet, ich höre sie reden. Für Glocken hab ich noch nie was übrig gehabt. Die haben was an sich – manchmal soll man meinen, sie sind lebendig und können sprechen. Früher als Junge hab ich mal eine Geschichte in einer Zeitschrift gelesen, von einer Glocke, die hinter einem Mörder hergerufen hat. Sie halten mich vielleicht für einen Spinner, daß ich so was sage, aber auf mich hat das Eindruck gemacht, und ich werd's nie vergessen.«
    » Die Rosamonde – die Geschichte kenne ich«, sagte Wimsey freundlich. »›Hilf, Jehan, hilf, Jehan!‹ hat sie gerufen. Mich hat's auch das Gruseln gelehrt.«
    »Ja, das ist die Geschichte, Mylord. Jedenfalls, wie gesagt, ich hab die Leiche runtergebracht. Dann hab ich das Grab geöffnet und wollte ihn gerade hineinlegen –«
    »Sie haben vermutlich den Spaten des Totengräbers benutzt, ja?«
    »Ja, Sir. Der Schlüssel zur Krypta war am Schlüsselbund des Pfarrers. Wie gesagt, ich wollte ihn gerade hineinlegen, da ist mir eingefallen, das Grab könnte ja vielleicht doch mal geöffnet werden, und dann würde man den Toten erkennen. Da hab ich ihm also mit dem Spaten ein paar kräftige Schläge aufs Gesicht –«
    Er schüttelte sich.
    »Das war keine schöne Arbeit, Sir. Und dann die Hände. Ich hatte sie erkannt, dann würden andere sie wohl auch erkennen. Also hab ich mein Taschenmesser rausgeholt und – na ja!«
    »›Mit der Schere schnipp und schnapp, schneidet er die Flossen ab‹«, deklamierte Wimsey frivol.
    »Ganz recht, Mylord. Ich hab sie mitsamt seinen Papieren zusammengepackt und in die Tasche gesteckt. Die Stricke und seinen Hut hab ich in den alten Brunnen geworfen. Dann hab ich das Grab wieder zugeschaufelt, die Kränze wieder hingelegt, so ordentlich es ging, und das Werkzeug saubergemacht. Und ich kann Ihnen sagen, gern hab ich es nicht wieder in die Kirche zurückgebracht. Alle diese goldenen Engel mit ihren offenen Augen im Dunkeln – und der alte Abt Thomas in seinem Grabmal. Als hinter der Altarschranke mal ein Stück Koks unter meinem Fuß geknirscht hat, da ist mir das Herz bis in den Mund

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