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Wimsey 11 - Der Glocken Schlag

Wimsey 11 - Der Glocken Schlag

Titel: Wimsey 11 - Der Glocken Schlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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unheimlich baumelnden Glockenseilen zurück. Seine Tante gab ihm ein Alibi, soweit ihr Gedächtnis und ihre Beobachtungsgabe etwas wert waren, und viel war das nicht. Zudem verspürte Mr. Blundell keine große Lust, Potty Peake vor Gericht zu bringen. Es stand hundert zu eins, daß man ihm Schuldunfähigkeit bescheinigen und ihn in eine Anstalt sperren würde. »Und weißt du, Frau«, sagte Mr. Blundell zur Mrs. Blundell, »ich kann mir sowieso nicht vorstellen, daß Potty so was tun würde, der arme Kerl.« Worin Mrs. Blundell ihm recht gab.
    Was die Thodays betraf, war die Lage höchst unbefriedigend. Wenn man einen von ihnen allein vor Gericht stellte, blieben am andern immer noch genug Zweifel, um einen Freispruch aus Mangel an Beweisen zu garantieren, und wenn man sie gemeinsam anklagte, konnten ihre beiden Aussagen auf die Geschworenen ebenso wirken wie schon auf die Polizei. Dann würden sie mangels Beweises freigesprochen werden und in den Augen ihrer Nachbarn verdächtig bleiben, was ebenso unbefriedigend wäre. Oder sie würden beide aufgehängt – »und unter uns, Sir«, sagte Mr. Blundell zum Polizeipräsidenten, »ich würde nie mehr ruhig schlafen können, wenn es dazu käme.« Auch dem Polizeipräsidenten war nicht wohl in seiner Haut. »Sehen Sie, Blundell«, sagte er, »unser größtes Problem ist, daß wir nicht einmal Beweise für einen Mord haben. Wenn wir wenigstens wüßten, woran der Kerl eigentlich gestorben ist –«
    Somit begann eine Periode allgemeiner Untätigkeit. Jim Thoday kehrte auf sein Schiff zurück; Will Thoday fuhr, nachdem seine Trauung ordnungsgemäß vollzogen war, nach Hause und nahm seine Arbeit wieder auf. Mit der Zeit verlernte der Papagei seinen neuerworbenen Wortschatz und machte immer seltener und unregelmäßiger davon Gebrauch. Der Pfarrer waltete seines Amtes bei Hochzeiten und Taufen, die Tailor Paul läutete dem einen oder andern den letzten Gruß ins Grab oder dröhnte feierlich in das Jagen der übrigen Glocken hinein. Und der Wale, angeschwollen von einem verregneten Sommer und Herbst, nahm freudig die Gelegenheit wahr und grub sich tiefer und tiefer in sein neues Bett hinein, im ganzen drei Meter, so daß bei Flut das Wasser brackig bis zum Great Leam hinauflief und die Alte-Damm-Schleuse weit geöffnet wurde, um den oberen Fenmooren einen Ablauf zu geben.
    Und das war nötig, denn den ganzen August und September hindurch stand überall das Land unter Wasser, und das Getreide keimte auf dem Halm, die durchnäßten Mieten faulten und stanken zum Himmel, und der Pfarrer von Fenchurch St. Paul mußte beim Erntefest seine Lieblingspredigt über die Dankbarkeit ein wenig abwandeln, denn was noch an gesunden Weizenhalmen von den Feldern geholt wurde, reichte kaum, um es auf den Altar zu legen, und an die üblichen großen Gebinde vor den Seitenschiffenstern und um die Öfen war gar nicht zu denken. Die Ernte wurde so spät eingebracht, und die Luft war derart feucht und kalt, daß zum Abendgottesdienst sogar die Öfen angezündet werden mußten, und ein Kürbis, den man versehentlich in der größten Hitze hatte liegen lassen, war am Ende einseitig geröstet, als man die gesegneten Früchte der Erde schließlich dem Krankenhaus stiften wollte.
    Wimsey hatte beschlossen, nie mehr nach Fenchurch St. Paul zurückzukehren. Seine Erinnerungen daran waren zwiespältig, und er hatte das Gefühl, der eine oder andere in diesem Dorf würde sein Gesicht auch so bald nicht mehr sehen wollen. Doch als Hilary Thorpe ihm schrieb, er solle doch kommen und ihr über die Weihnachtsferien Gesellschaft leisten, fühlte er sich mehr oder weniger dazu verpflichtet. Er befand sich, was Hilary betraf, in einer eigenartigen Position. Mr. Edward Thorpe, der nach dem väterlichen Testament ihr Treuhänder und als nächster Verwandter ihr Vormund war, hatte Rechte über sie, die kein Gericht je antasten würde; andererseits war Wimsey als Treuhänder für das viel größere WilbrahamVermögen ihm gegenüber in einem großen Vorteil. Er konnte, wenn er wollte, Mr. Thorpe das Leben schwer machen. Hilary besaß schriftliche Willenserklärungen ihres Vaters hinsichtlich ihrer Ausbildung, und Onkel Edward konnte nun nicht sagen, es sei kein Geld dafür da. Wimsey dagegen hatte den Daumen auf dem Geld und konnte einfach die Mittel sperren, wenn sie nicht im Sinne des Vaters verwendet wurden. Sollte Onkel Edward sich also starrköpfig zeigen, so gab es bestimmt ein langes gerichtliches Tauziehen,

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