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Wimsey 11 - Der Glocken Schlag

Wimsey 11 - Der Glocken Schlag

Titel: Wimsey 11 - Der Glocken Schlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Pfarrer wirkt die reinsten Wunder. Sie fahren am besten gleich mit mir zurück.«
    »Danke, Mylord, aber ich bleibe hier, bis die andern auch gehen. Sagen Sie ihnen, sie sollen keine Zeit verlieren.«
    Wimsey wendete den Wagen und fuhr wieder zurück. In der kurzen Zeit seiner Abwesenheit war das Unternehmen fast abgeschlossen. Männer, Frauen, Kinder und Haushaltsgüter befanden sich in der Kirche. Es war schon fast sieben, und die Abenddämmerung war herniedergesunken. Die Lampen waren angezündet. In der Jungfrauenkapelle wurden Suppe und Tee ausgegeben, Kleinkinder schrien, und vom Friedhof her ertönte das vereinsamte Muhen von Kühen und das verängstigte Blöken der Schafe. Speckseiten wurden hineingetragen, und unterhalb der Kirchenmauer wurden dreißig Wagenladungen Heu und Stroh aufgefahren. Am einzigen freien Platz inmitten des Durcheinanders, hinter der Schranke zum Allerheiligsten, stand der Pfarrer. Und über dem allen dröhnten und lärmten die Glocken und riefen die Kunde übers ganze Land. Gaude, Sabaoth, John, Jericho, Jubilee, Dimity, Batty Thomas und Tailor Paul – erwachet! Eilet! Rettet euch! Die tiefen Wasser sind über uns gekommen! Ihr Tosen brüllet Katarakten gleich!
    Wimsey drängte sich zum Altar vor und überbrachte dem Pfarrer die Botschaft. Dieser nickte. »Holen Sie die Männer schnell da weg«, sagte er. »Sagen Sie ihnen, sie sollen sofort kommen. Tapfere Burschen! Ich weiß, wie ungern sie aufgeben, aber sie dürfen sich nicht sinnlos opfern. Wenn Sie durchs Dorf kommen, können Sie Miss Snoot sagen, sie soll die Schulkinder bringen.« Und als Wimsey sich zum Gehen wandte, rief er ihm noch besorgt nach: »Und sie sollen die andern beiden Teekannen nicht vergessen!«

    Die Männer stiegen bereits in die Autos, als Lord Peter wieder bei der Schleuse eintraf. Die Flut kam mit solcher Wut den Kanal heraufgeschossen, daß sie die Kähne wie Rammböcke gegen die Wehre schleuderte. Jemand rief: »Nichts wie weg hier, Jungs! Rennt um euer Leben!« Und gleich darauf erfolgte ein ohrenbetäubendes Krachen. Der Querbalken, der den Fußsteg über dem Wehr trug, bäumte und bog sich auf den schwankenden Pfeilern und zersplitterte. Der Fluß stürzte sich wütend darüber hinweg, um der ankommenden Flut entgegenzueilen. Plötzlich ein Schrei. Eine dunkle Gestalt versuchte über die wild schaukelnden Kähne zu springen, strauchelte und verschwand. Eine andere Gestalt sprang hinterdrein, und alles rannte ans Ufer. Wimsey warf seinen Mantel ab und sprang zum Wasser hinunter. Jemand packte ihn und hielt ihn fest.
    »Hat keinen Sinn, Mylord. Sie sind weg! Mein Gott, habt ihr das gesehen?«
    Jemand leuchtete den Fluß mit einem Scheinwerfer ab.
    »Zwischen Kahn und Wehr geraten – zerquetscht wie Eierschalen. Wer ist es? Johnnie Cross? Und wer ist ihm nach? Will Thoday? Das ist schlimm, wo er doch Familie hat. Zurück, Mylord! Wir wollen nicht noch mehr Leben opfern. Bringt euch in Sicherheit, Jungs, ihr könnt ihnen nicht mehr helfen. Jesus! Die Schleusentore brechen! Fahrt wie die Teufel, Jungs! Jetzt ist alles aus!«
    Wimsey fühlte sich von starken Händen gepackt und in sein Auto gestoßen. Jemand stieg neben ihm ein. Es war der Schleusenwärter, der immer noch jammerte: »Ich hab's denen gesagt, ich hab's gesagt!« Donnernd barst das Wehr des Dreißigfußkanals, Holzbalken und Kähne wurden wie Strohhalme durcheinandergewirbelt, und eine Fontäne schoß über den Damm und überflutete die Straße. Dann gab die Schleuse, die das Wasser aus dem alten Wale zurückhielt, nach, und das Motorengebrüll der davonjagenden Autos ging unter im Tosen der zusammenprallenden Wassermassen.

    Das Ufer des Dreißigfußkanals hielt, aber die Dämme des Wale hielten dem Druck des von oben und unten sich heranwälzenden Wassers an keiner Stelle stand. Noch ehe die Autos St. Paul erreicht hatten, stieg die Flut und verfolgte sie. Wimseys Wagen, der als letzter gestartet war, fuhr bis zu den Achsen im Wasser. Sie flohen durch die Dunkelheit, und hinter und links neben ihnen breitete sich der silberne Spiegel des Wassers immer weiter und weiter aus.

    In der Kirche stand der Pfarrer, das Einwohnerverzeichnis seiner Gemeinde in der Hand, und zählte die Häupter seiner Lieben. Er war in Meßgewand und Stola gekleidet, und sein sorgenzerfurchtes Gesicht strahlte jetzt die Würde und Ruhe des Hirten aus.
    »Eliza Giddings.«
    »Hier, Herr Pfarrer.«
    »Jack Godfrey mit Frau und Familie.«
    »Alle hier, Sir.«
    »Harry

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