Wimsey 11 - Der Glocken Schlag
gereinigt wurde. Und wenn es hier irgendwo so etwas wie einen Kerosinkocher gäbe –«
»Um Gottes willen – seien Sie vorsichtig mit Kerosin. Wir wollen nicht dem Wasser entkommen, um im Feuer zu sterben.«
»Gewiß nicht, Sir.«
»Kerosin können Sie von Wilderspin bekommen. Wir sollten noch ein paar Mann zum Läuten hinaufschicken. Sie können die Glocken nach Belieben läuten und sich immer wieder abwechseln. Ah, da kommen Blundell und der Herr Polizeipräsident – wie schön, daß sie sich selbst herbemühen. Wir rechnen hier mit einigen Ungelegenheiten, Sir.«
»Richtig, richtig. Ich sehe, Sie meistern die Situation geradezu bewundernswert. Es wird wohl leider viel wertvoller Besitz kaputtgehen. Sollen wir Ihnen Polizei schicken?«
»Wir sollten die Straßen zwischen den drei Fenchurch
Gemeinden überwachen«, riet Mr. Blundell. »St. Peter ist in großer Sorge – sie fürchten dort um die Brücken. Wir organisieren schon einen Fährverkehr. St. Peter liegt noch etwas tiefer als Sie hier, und ich fürchte, man ist dort nicht so ausgezeichnet vorbereitet, Sir.«
»Wir können ihnen Obdach geben«, sagte der Pfarrer.
»Die Kirche faßt notfalls tausend Leute, aber sie müssen an Lebensmitteln mitbringen, was sie haben. Und Matratzen, natürlich. Meine Frau organisiert das alles. Die Männer schlafen auf der Cantoris-Seite, Frauen und Kinder auf der DecaniSeite. Den Kranken und Alten können wir im Pfarrhaus mehr Komfort bieten, wenn alles gutgeht. St. Stephen dürfte einigermaßen sicher sein, aber falls nicht, müssen wir für sie eben auch tun, was wir können. Und – ach Gott, ja! Wir verlassen uns darauf, daß Sie uns per Boot mit Lebensmitteln versorgen, sobald es möglich ist, Herr Polizeidirektor. Die Straßen zwischen Leamholt und dem Dreißigfußkanal werden wohl frei bleiben, und von dort müssen sie dann eben auf dem Wasserweg weitertransportiert werden.«
»Ich richte eine Versorgungskette ein«, sagte Mr. Blundell.
»Wenn der Bahndamm weggeschwemmt wird, müssen sie auch für St. Stephen sorgen. Guten Tag, Mrs. Giddings, einen schönen guten Tag! Ein richtiges Abenteuer werden wir hier erleben, nicht? Wie schön, daß wir Sie noch rechtzeitig herbekommen haben. Ah, Mrs. Leach! Da sind Sie also auch. Was macht das Baby? Es amüsiert sich, denke ich. Sie finden meine Frau in der Kirche. Jack! Jackie Holliday! Du mußt das Kätzchen in einen Korb tun. Lauf zu Joe Hinkins und sag ihm, er soll dir einen geben. Ah, Mary! Ich höre, Ihr Mann leistet sehr gute Arbeit unten an der Schleuse. Wir müssen achtgeben, daß er nicht zu Schaden kommt. Ja, meine Liebe, was gibt's? Ich komme schon.«
Wimsey half drei Stunden lang bei der Flüchtlingsaktion – leistete Abhol- und Transportdienste, ermahnte und ermunterte, half das Vieh unterbringen und machte sich nützlich, wo er konnte. Nach einer Weile erinnerte er sich an seinen Botenauftrag, bugsierte seinen Wagen aus der Menschenmenge und fuhr am Dreißigfußkanal entlang in Richtung Osten. Es wurde allmählich dunkel, und die Straße war vollgestopft mit Handwagen und Vieh, die alle dem sicheren Kirchhügel zustrebten. Schweine und Rinder erschwerten ihm das Vorwärtskommen.
»Da ging alles zu Noah in den Kasten bei Paaren«, deklamierte Wimsey, während er durch die Dämmerung dahinschnurrte, »von allem Fleisch, da ein lebendiger Geist innen war.«
An der Schleuse sah die Lage brenzlig aus. Man hatte beiderseits der Schleusentore Kähne festgemacht und versucht, die Wehre mit Balken und Sandsäcken zu verstärken, aber sie bogen sich bedenklich, und alles Material, das man zur Verstärkung ins Wasser hinabließ, wurde ebenso schnell von der mächtigen Strömung wieder fortgerissen. Der Fluß schoß schäumend übers Wehr hinweg, und von Osten nahten Wind und Flut im heftigen Widerstreit.
»Jetzt kann sie nicht mehr lange halten, Mylord«, sagte ein Mann, der soeben schwer keuchend die Uferböschung heraufkam und das Wasser von sich schüttelte wie ein nasser Hund. »Und wenn sie geht, gnade uns Gott!«
Der Schleusenwärter rang die Hände.
»Ich hab's denen gesagt, Mylord! Und was wird jetzt aus uns?«
»Wie lange noch?« fragte Wimsey.
»Eine Stunde, Mylord. Höchstens.«
»Dann sollten Sie jetzt wohl alle das Feld räumen. Haben Sie genug Autos hier?«
»Ja, Mylord, danke.«
Will Thoday kam zu ihm. Sein Gesicht war blaß und unruhig.
»Meine Frau und die Kinder – sind sie in Sicherheit?«
»Wie in Abrahams Schoß, Will. Der
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