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Wimsey 11 - Der Glocken Schlag

Wimsey 11 - Der Glocken Schlag

Titel: Wimsey 11 - Der Glocken Schlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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verwickelt ist – wenn es nur nicht gerade Mutters Grab wäre. Ich bin froh, daß er das nicht mehr erlebt hat. Aber richtig geheimnisvoll, das Ganze, nicht? Und er war – na ja, für geheimnisvolle Geschichten hatte er was übrig.«
    »So? Ich könnte mir vorstellen, daß er davon im Leben genug hatte.«
    »Sie meinen die Sache mit dem Halsband? Ja, das war schlimm für ihn, armer Paps. Das ist natürlich alles noch vor meiner Geburt passiert, aber er hat oft davon erzählt. Er hat immer gesagt, seiner Meinung nach sei Deacon der schlechtere von beiden gewesen, und Großvater hätte ihn nie ins Haus nehmen dürfen. Komisch, aber ich glaube, der andere hat ihm irgendwie gefallen – dieser Londoner Dieb. Er hat ihn natürlich nur beim Prozeß gesehen, aber wie er sagt, muß das ein ulkiger Kerl gewesen sein, und seiner Meinung nach hat er die Wahrheit gesagt.«
    »Das ist ja hochinteressant.« Lord Peter fuhr mit einemmal herum und fauchte den jungen Mann vom Morning Star an, der sich noch immer in der Nähe herumdrückte. »Hören Sie mal, mein Junge, wenn Sie nicht sofort die Kurve kratzen und verduften, muß ich mal ein Wörtchen mit Ihrem Chef reden. Ich sehe mir nicht an, wie Sie diese junge Dame hier auf Schritt und Tritt verfolgen und belästigen. Hauen Sie ab, und wenn Sie schön brav sind, erzähle ich Ihnen hinterher so viele Lügen, wie Sie hören wollen. Klar? Ab die Post! … Zum Henker mit der Presse!«
    »Der Kerl ist eine regelrechte Klette«, sagte Miss Thorpe.
    »Meinen armen Onkel hat er heute früh fast wahnsinnig gemacht. Das da drüben ist mein Onkel – der da mit dem Pfarrer spricht. Er ist Regierungsbeamter und hat für die Presse allgemein nichts übrig. Gegen rätselhafte Kriminalfälle hat er auch etwas. Für ihn sind das alles böse Sachen.«
    »Dann bin ich ihm sicher auch nicht sehr sympathisch.«
    »Stimmt. Er findet Ihr Steckenpferd unpassend für einen Mann in Ihrer Stellung. Darum drückt er sich auch um Ihre Bekanntschaft. Ein komischer Vogel, mein Onkel, aber er ist nun mal ein Snob und eigentlich ein ganz anständiger Kerl. Nur daß er kein bißchen wie Paps ist. Mit Paps hätten Sie sich bestens verstanden. Ach, übrigens – Sie wissen, wo Vater und Mutter beerdigt sind? Das war doch sicher das erste, was Sie sich angesehen haben.«
    »Ganz recht; aber ich möchte es mir ganz gern noch einmal ansehen. Wissen Sie, ich frage mich, wie sie nun genau die – die –«
    »Wie sie die Leiche hingebracht haben? Hab ich mir gedacht, daß Sie sich das fragen. Ich hab schon selbst darüber nachgedacht. Mein Onkel findet es ungehörig, daß ich mich mit so etwas beschäftige. Aber es macht es einem wirklich leichter, wenn man darüber nachdenkt – ich meine, wenn es einen erst einmal interessiert, kommt es einem nicht mehr so wirklich vor. Das ist aber nicht richtig ausgedrückt.«
    »Sie meinen, es betrifft einen nicht mehr so persönlich?«
    »Ja, das meine ich. Wenn man versucht, sich vorzustellen, wie alles zugegangen ist, kommt es einem mit der Zeit so vor, als ob man sich alles nur ausgedacht hätte.«
    »Hm!« machte Wimsey. »Wenn das in Ihrem Kopf so funktioniert, werden Sie eines Tages mal Schriftstellerin.«
    »Meinen Sie? Wie lustig! Das will ich nämlich wirklich werden. Aber wie kommen Sie darauf?«
    »Weil Sie diese schöpferische Phantasie haben, die so nach außen wirkt, daß man schließlich außerhalb seiner eigenen Erlebnisse steht und sie als etwas sieht, was man selbst geschaffen hat und was unabhängig von einem selbst existiert. Sie sind ein glücklicher Mensch.«
    »Glauben Sie wirklich?« Hilarys Gesichtsausdruck war ganz Aufregung.
    »Ja – aber dieses Glück werden Sie mehr am Ende Ihres Lebens genießen können als am Anfang, weil die andern Menschen die Funktionsweise Ihres Verstandes nicht begreifen. Zuerst wird man Sie für verträumt und romantisch halten, dann wird man erstaunt entdecken, daß Sie in Wirklichkeit hart und herzlos sind. Beides ist völlig falsch, aber das werden die andern nie wissen, und Sie selbst werden es zuerst auch nicht wissen, und das wird Ihnen noch manchen Kummer machen.«
    »Aber genau das sagen die Mädchen in der Schule auch. Woher wissen Sie das? … Das sind natürlich lauter Schwachköpfe – zum größten Teil jedenfalls.«
    »Das sind die meisten Menschen«, sagte Wimsey im Brustton der Überzeugung, »aber es ist nicht nett, es ihnen zu sagen. Ich vermute, Sie sagen es ihnen. Haben Sie ein Herz; sie können doch

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