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Wimsey 11 - Der Glocken Schlag

Wimsey 11 - Der Glocken Schlag

Titel: Wimsey 11 - Der Glocken Schlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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von Maidstone hat gemeint, er sei auf seine Art bemerkenswert gebildet gewesen, ein Mann mit einer poetischen Ader, was das auch immer heißen soll. Sir Charles Thorpe hatte ihn jedenfalls sehr ins Herz geschlossen. Er hat ihn vorzüglich behandelt und ihm sogar die Bibliothek anvertraut. Na ja, und so um 1912 herum haben sich die beiden nun in irgendeinem Tanzlokal kennengelernt, als Sir Charles sich gerade in London aufhielt. Nach Crantons Version hat irgendein Mädchen, das Deacon aufgegabelt hatte – Deacon war immer ein Schürzenjäger – ihn als den Autor dieses Buches vorgestellt, von dem ich vorhin gesprochen hat, und Deacon habe sich sehr an dem Buch interessiert gezeigt und ihn unentwegt über die Welt der Ganoven und ihre Tricks ausgefragt. Er sagt, Deacon habe ihm überhaupt keine Ruhe mehr gegeben und immer dunkle Andeutungen gemacht, wie daß er letzten Endes doch wieder von seinem früheren Leben eingeholt werde. Deacon schildert es anders. Nach seiner Aussage hat ihn nur die literarische Seite der Angelegenheit interessiert, wie er sich ausdrückte. Er habe gedacht – sagt er –, wenn ein Ganove ein Buch schreiben und damit Geld machen kann, warum nicht auch ein Butler? Nach seiner Schilderung hat Cranton ihm keine Ruhe gelassen und ihn nach seiner Arbeitsstelle ausgefragt und gemeint, wenn es da mal ein Ding zu drehen gäbe, sollten sie es gemeinsam drehen und halbpart machen; Deacon solle die Arbeit drinnen übernehmen und Cranton das Übrige besorgen – einen Hehler finden und die Sore an den Mann bringen. Na ja, nach meiner Meinung stimmt von beiden Versionen je die Hälfte. Jedenfalls ein sauberes Paar.«
    Der Polizeidirektor legte eine Erzählpause ein und nahm einen kräftigen Schluck aus dem Bierkrug, dann fuhr er fort.
    »Sie verstehen«, sagte er, »das war die Geschichte, die sie erzählt haben, nachdem wir sie beide wegen Diebstahls am Wikkel hatten. Zuerst haben sie natürlich gelogen wie Ananias und Stein und Bein geschworen, sie hätten sich ihr Lebtag noch nie gesehen, aber nachdem sie dann sahen, was die Anklage gegen sie in der Hand hatte, haben sie anders gesungen. Da war aber noch etwas. Sowie Cranton begriffen hatte, daß es aus war, hat er diese Version aufgetischt und ist dabei geblieben. Er hat sich sogar vor Gericht schuldig bekannt und schien es nur noch darauf anzulegen, Deacon ordentlich hineinzureißen. Er sagte, Deacon habe ihn reingelegt, und nun wolle er sich dafür schadlos halten – aber ob das nun die Wahrheit war oder ob er glaubte, er könne glimpflich davonkommen, wenn er sich als armes, unglückliches Opfer der Versuchung hinstellte, oder ob es reine Bosheit war, weiß ich nicht. Die Geschworenen haben sich jedenfalls ihren eigenen Reim darauf gemacht, und der Richter auch.
    Nun ja. Im April 1914 nahte jedenfalls Mr. Henry Thorpes Hochzeit, und alle Welt wußte, daß Mrs. Wilbraham dort mit ihrem Smaragdhalsband auftreten würde. Kaum ein Dieb in London, der nicht bestens über Mrs. Wilbraham Bescheid wußte. Sie ist mit den Thorpes irgendwie verwandt, um viele Ecken herum, hat eine Menge Geld und ist so geizig wie tausend Schotten. Sie muß jetzt sechs- oder siebenundachtzig sein, und wie ich höre, wird sie langsam kindisch; aber damals war sie nur überspannt. Eine kauzige alte Dame, stramm wie ein Zinnsoldat, immer in schwarze Seide und Satin gekleidet – sehr altmodisch – und mit Juwelen, Armbändern, Broschen und Gott weiß was behängt. Das war einer ihrer Ticks, müssen sie wissen. Ein anderer war, daß sie nichts von Versicherungen und auch nichts von Safes hielt. Natürlich hatte sie in ihrem Londoner Haus einen Safe, in dem sie ihre Sachen aufbewahrte, aber wahrscheinlich hätte sie das auch nicht getan, wenn ihr Mann diesen Safe nicht noch zu Lebzeiten angeschafft hätte. Sie war noch zu geizig, um sich wenigstens eine Kassette zu kaufen, und wenn sie irgendwo zu Besuch war, vertraute sie lieber ihrer Schlauheit. Total verrückt muß sie gewesen sein«, sagte der Polizeidirektor sinnend, »aber auf der anderen Seite kann man sich nur wundern, wie viele solch verschrobene alte Damen auf der Welt frei herumlaufen. Natürlich hat sich niemand getraut, ihr was zu sagen, denn sie war ungemein reich und hatte ganz allein über ihr Eigentum zu verfügen. Die Thorpes waren so ungefähr ihre einzigen Verwandten auf der Welt, und darum wurde sie zu Mr. Henrys Hochzeit eingeladen, obwohl ich glaube, daß keiner sie riechen konnte. Wenn man sie nicht

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