Wimsey 11 - Der Glocken Schlag
Leamholt gewesen, aber wir konnten das Mädchen im Postamt nicht dazu bringen, einen von beiden zu identifizieren, und das Telegrammformular war in Blockbuchstaben ausgefüllt. Für mich weist das auf Deacon hin, denn dem Mädchen traue ich nicht zu, daß es an so etwas gedacht hätte; aber als wir uns von beiden eine Schriftprobe in Druckbuchstaben geben ließen, glichen beide natürlich der Schrift auf dem Formular nicht im entferntesten, das versteht sich. Wer von den beiden es auch gewesen war, entweder hat er sich sehr geschickt angestellt oder das Telegramm von jemand anderm aufgeben lassen.
Sie sagen, Sie haben schon erfahren, was sich in der betref
fenden Nacht ereignet hat. Und nun wollen Sie wissen, wie Cranton und Deacon es uns geschildert haben. In diesem Punkt steht nun Cranton für meinen Geschmack etwas besser da als Deacon, wenn er nicht ganz und gar schlecht ist. Er hat uns eine Geschichte erzählt, die von Anfang bis Ende in sich geschlossen war. Alles sei von Anfang an Deacons Plan gewesen. Cranton habe mit einem Wagen kommen und unter Mrs. Wilbrahams Fenster zu der im Telegramm angegebenen Zeit warten sollen. Deacon habe dann das Smaragdhalsband hinunterwerfen wollen und Cranton sofort damit nach London fahren sollen, um es auseinandernehmen zu lassen und zu verkaufen, und den Erlös sollte er dann mit Deacon teilen, abzüglich fünfzig Pfund, die er ihm schon im voraus gegeben habe. Aber er sagt, aus dem Fenster sei nur die Schachtel geflogen gekommen, ohne das Halsband, und er wirft Deacon vor, er habe den Schmuck selbst an sich genommen und dann absichtlich das Haus geweckt, um alle Schuld auf ihn – Cranton – abzulenken. Und falls das wirklich Deacons Plan war, war es ein guter. Er hätte den Schmuck gehabt und die Ehre obendrein.
Das Dumme war nur, daß das alles ja erst herauskam, nachdem Cranton schon eine Weile verhaftet war, so daß Deacon, als er festgenommen wurde und vor der Polizei seine erste Aussage machte, nicht wußte, gegen welche Version er angehen mußte. Die erste Schilderung, die er uns gab, war ganz logisch und einfach und hatte nur den Schönheitsfehler, daß sie nicht stimmen konnte. Er sagte, er sei in der Nacht aufgewacht und habe jemanden im Garten herumschleichen hören, und er habe sofort zu seiner Frau gesagt: ›Ich glaube, da hat es einer auf das Silber abgesehen.‹ Dann will er nach unten gegangen sein und die Hintertür geöffnet haben, gerade rechtzeitig, um jemanden auf der Terrasse unter Mrs. Wilbrahams Fenster stehen zu sehen. Er sei dann wieder ins Haus und die Treppe hinaufgerannt, gerade schnell genug, um einen Kerl zu erwischen, der soeben durch Mrs. Wilbrahams Fenster verschwinden wollte.«
»Hatte Mrs. Wilbraham die Tür nicht zugeschlossen?«
»Nein. Das hat sie nie getan – aus Prinzip. Angst vor Feuer oder so was. Er sagt, er hätte laut geschrien, um das Haus zu wecken, und dann sei die alte Dame aufgewacht und habe ihn am Fenster stehen sehen. Inzwischen sei der Dieb am Efeu hinuntergeklettert und entkommen. Daraufhin sei er hinuntergelaufen und habe den Kutscher aus der Hintertür kommen sehen. Die Sache mit der Hintertür war noch ein bißchen unklar, weil Deacon zuerst nichts davon gesagt hatte, wie er überhaupt in Mrs. Wilbrahams Zimmer gekommen war und so weiter. Seine erste Version gegenüber Sir Charles hatte gelautet, er sei direkt hinausgerannt, als er das Geräusch im Garten gehört habe, aber bis die Polizei ihn am Wickel hatte, war es ihm gelungen, die beiden Versionen miteinander in Einklang zu bringen. Er sagte, entweder sei er selbst zu aufgeregt gewesen, um sich deutlich auszudrücken, oder alle andern seien zu aufgeregt gewesen, um zu verstehen, was er sagte. Nun, jedenfalls war das soweit in Ordnung, bis dann die ganze Geschichte von seiner Bekanntschaft mit Cranton und dem Telegramm und so weiter herauskam. Als Cranton sah, daß nichts mehr zu holen war, hat er ausgepackt, und das hat Deacon dann natürlich in eine schlimme Lage gebracht. Er konnte nicht alles abstreiten, darum gab er jetzt zu, Cranton zu kennen, sagte dann aber, Cranton sei derjenige gewesen, der ihn zu überreden versucht habe, die Smaragde zu stehlen, während er die Unbestechlichkeit in Person gewesen sei. Das Telegramm leugnete er ganz und gar ab und schob es Elsie in die Schuhe. Auch die fünfzig Pfund hat er abgestritten, und es ist wahr, daß man von denen nie eine Spur zu ihm gefunden hat.
Natürlich wurde er in ein scharfes Kreuzverhör
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