Wimsey 11 - Der Glocken Schlag
Monate alt, aber es wird nicht allzu schwierig sein. Daß er von hier aus mit dem Zug nach Belgien aufgebrochen ist, wissen wir dank unserer Erkundigungen schon. Als er nach England übergesetzt ist, war es zweifellos von Oostende aus – es sei denn, voyons, Mylord, über was für Mittel konnte dieser Mann vertilgen?«
»Wie soll ich das wissen? Aber wir glauben, daß der geheimnisvolle Besitz, etwas mit einem Smaragdhalsband zu tun hat, das viele tausend Pfund wert ist.«
» Ah, voilà! Dafür lohnt es sich, Geld auszugeben. Aber dieser Mann, sagen Sie, ist nicht der Mann, den Sie vermutet haben? Wenn dieser andere Mann der Dieb war, wie kommt dann unser Mann ins Spiel?«
»Das ist es ja. Aber passen Sie mal auf. An dem Diebstahl waren zwei Mann beteiligt. Der eine war ein Londoner cam brioleur, der andere ein Domestike. Wir wissen nicht, wer von den beiden die Juwelen hatte; das ist eine lange Geschichte. Aber Sie haben gehört, daß dieser Jean Legros an einen Freund in England geschrieben hat, und dieser Freund könnte Cranton gewesen sein, der Einbrecher. Nun kann Legros nicht der Domestike gewesen sein, der als erster den Schmuck gestohlen hat, denn dieser Mann ist tot. Aber bevor er starb, könnte er Legros anvertraut haben, wo die Smaragde versteckt sind, sowie den Namen Crantons. Legros schreibt dann an Cranton und schlägt ihm vor, die Smaragde gemeinsam zu suchen. Cranton ist mißtrauisch und verlangt von Legros einen Beweis dafür, daß er wirklich etwas weiß. Legros schickt einen Brief, der Cranton zufriedenstellt, und Cranton wiederum besorgt Legros die notwendigen Papiere. Dann fährt Legros nach England und trifft Cranton. Gemeinsam ziehen sie los und entdecken die Juwelen. Daraufhin tötet Cranton seinen Komplizen, um alles für sich allein zu haben. Wie klingt das, Monsieur? Denn Cranton ist ebenfalls verschwunden.«
»Es wäre sehr gut möglich, Mylord. In diesem Falle wären sowohl die Juwelen als auch der Mörder in England – oder wo dieser Cranton sich aufhalten mag. Sie nehmen also an, daß dieser andere Tote, der Domestike, das Versteck des Halsbands jemandem anvertraut hat – wem?«
»Vielleicht einem Mithäftling, der nur kurz im Gefängnis war.«
»Und warum hätte er das tun sollen?«
»Damit dieser Mithäftling ihm die Mittel zur Flucht beschafft. Beweis dafür ist, daß der Domestike tatsächlich aus dem Gefängnis ausgebrochen ist, und hinterher hat man seine Leiche gefunden, in einem tiefen Loch, viele Meilen vom Gefängnis entfernt.«
»Aha – die Affäre beginnt Konturen anzunehmen. Und der Domestike – wieso hat man ihn tot aufgefunden, he?«
»Man nimmt an, daß er im Dunkeln in dieses Loch gestürzt ist. Aber allmählich fange ich an zu glauben, daß Legros ihn umgebracht hat.«
»Mylord, unsere Gedanken schwingen im Akkord. Denn, voyez-vous, diese Geschichte mit Desertion und Militärbehörden ist nicht wasserdicht. Hinter diesem Namenswechsel und der Angst vor der britischen Polizei steckt mehr als eine Fahnenflucht. Aber wenn der Mann ein alter Knastbruder war und obendrein einen Mord begangen hatte, versteht sich alles von selbst. Zweimal wechselt er seinen Namen, damit man seine Spur nicht einmal bis nach Frankreich verfolgen kann, denn er, Legros, hatte sich unter seinem richtigen englischen Namen nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis zur Armee gemeldet, und die Unterlagen Ihrer Armee könnten ihn ans Messer liefern. Nur, wenn er in der Armee war, ist es merkwürdig, daß er die Zeit gefunden haben soll, den Gefängnisausbruch seines Kameraden zu planen und einen Mord zu begehen. Nein, da ist noch immer einiges ungereimt, aber in groben Zügen ist der Fall schon klar und wird noch klarer werden, wenn wir weiter daran arbeiten. In der Zwischenzeit werde ich hier und in Belgien Ermittlungen anstellen. Ich glaube, Mylord, wir dürfen uns nicht auf die normalen Passagierrouten oder selbst auf die Häfen beschränken. Ein Motorboot könnte ohne weiteres die Fahrt an die Küste von Laincolne machen. Ihre Polizei wird auf Ihrer Seite ebenfalls Ermittlungen anstellen. Und wenn wir Legros' Schritte von seiner Haustür bis zu seinem Grab in Eng land erst kennen, dann wird Madame Suzanne auch etwas offener reden. Und nun, Mylord, bitte ich Sie, uns die Ehre zu geben und heute abend unser Mahl mit uns zu teilen. Meine Frau ist eine ausgezeichnete Köchin, sofern Sie sich zu einer cuisine bourgeoise, serviert mit einem trinkbaren vin de Bourgogne, herablassen mögen.
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