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Wimsey 11 - Der Glocken Schlag

Wimsey 11 - Der Glocken Schlag

Titel: Wimsey 11 - Der Glocken Schlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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hatte. So, so! Sie glauben also, Sie können solche Scherze mit der Polizei machen! Ich versichere Ihnen, Madame, Sie werden noch sehen, wie ernst die Sache ist. Sie haben Urkunden gefälscht, das ist ein Verbrechen!«
    »Monsieur, monsieur –«
    »Ist das Ihr Brief?«
    »Monsieur, da Sie ihn gefunden haben, kann ich es nicht abstreiten. Aber –«
    »Gut, Sie bekennen sich also zu dem Brief. So, und was soll das nun heißen, daß er hoffentlich nicht den Militärbehörden in die Finger gefallen sei?«
    »Ich weiß es nicht, Monsieur. Mein Mann – Monsieur, ich flehe Sie an, sagen Sie mir, wo ist mein Mann?«
    Kommissar Rozier schwieg und warf einen Blick zu Wimsey, der sagte:
    »Madame, wir haben Grund zu der Befürchtung, daß Ihr Gatte tot ist.«
    » Ah, mon dieu! Je le savais bien. We nn er noch lebte, hätte er mir geschrieben.«
    »Wenn Sie uns jetzt helfen, indem Sie die Wahrheit über Ihren Mann sagen, können wir ihn vielleicht identifizieren.«
    Die Frau stand da und sah vom einen zum andern. Schließlich wandte sie sich an Wimsey.
    »Sie stellen mir auch keine Falle, Mylord? Sie wissen genau, daß mein Mann tot ist?«
    »Los, los«, sagte der Kommissar, »das tut nichts zur Sache. Sie müssen die Wahrheit sagen, sonst wird es für Sie nur noch schlimmer.«
    Wimsey nahm aus der Aktentasche, die er bei sich hatte, die Unterwäsche, die man bei der Leiche gefunden hatte.
    »Madame«, sagte er, »wir wissen nicht, ob der Mann, der das getragen hat, Ihr Gatte war, aber bei meiner Ehre, der Mann, der die Sachen anhatte, ist tot, denn wir haben sie seinem Leichnam ausgezogen.«
    Suzanne Legros wandte die Sachen hin und her; ihre verarbeiteten Hände fuhren langsam über jede Naht und jeden Flikken. Und plötzlich, als hätte der Anblick irgend etwas in ihr zerbrochen, sank sie auf einen Stuhl, ließ den Kopf auf das geflickte Unterhemd fallen und brach in lautes Weinen aus.
    »Sie erkennen diese Wäsche?« fragte der Kommissar nach einer Weile in sanfterem Ton.
    »Ja, das sind seine Sachen. Ich hab sie selbst geflickt. Jetzt weiß ich, daß er tot ist.«
    »In diesem Falle«, sagte Wimsey, »können Sie ihm nicht mehr schaden, wenn Sie reden.«
    Nachdem Suzanne Legros wieder etwas zu sich gekommen war, machte sie ihre Aussage, und der Kommissar rief den Gendarm herein, der ein Stenogramm davon aufnahm.
    »Es stimmt, daß mein Mann kein Franzose oder Belgier war. Er war Engländer. Aber es stimmt auch, daß er auf dem Rückzug 1918 verwundet wurde. Eines Abends ist er auf unsern Hof gekommen. Er hatte viel Blut verloren und war ganz erschöpft. Seine Nerven waren auch sehr mitgenommen, aber das Gedächtnis hatte er nicht verloren. Er hat mich angefleht, ihm zu helfen und ihn zu verstecken, weil er nicht weiterkämpfen wollte. Ich habe ihn gepflegt, bis er wieder gesund war, und dann haben wir uns ausgedacht, was wir sagen sollten.«
    »Das war schändlich, Madame. Einen Deserteur aufzunehmen!«
    »Ich gebe es zu, Monsier, aber bedenken Sie meine Lage. Mein Vater war tot, meine beiden Brüder waren tot, und ich hatte keinen, der mir bei der Arbeit helfen konnte. Jean-Marie Picard, der mich heiraten sollte, war auch tot. Es gab nur noch so wenige Männer in Frankreich, und der Krieg hatte schon so lange gedauert. Und außerdem hatte ich Jean liebgewonnen, Monsieur. Und seine Nerven waren wirklich sehr angegriffen. Er konnte nichts mehr von Krieg hören.«
    »Er hätte sich bei seiner Einheit melden und Genesungsurlaub beantragen sollen«, sagte Wimsey.
    »Aber dann«, meinte Suzanne nur, »hätten sie ihn nach England zurückgeschickt und uns getrennt. Außerdem sind die Engländer so furchtbar streng. Sie hätten ihn vielleicht für einen Feigling gehalten und erschossen.«
    »Offenbar hat er Ihnen das zumindest eingeredet«, sagte Monsieur Rozier.
    »Ja, Monsieur. Er hat es geglaubt, und ich auch. Und da ha
    ben wir uns ausgedacht, daß er so tun soll, als wenn er das Gedächtnis verloren hätte, und weil seine französische Aussprache nicht sehr gut war, haben wir verabredet, daß wir so tun wollen, als wenn er durch die Verletzung auch die Sprache verloren hätte. Und seine Uniform und Papiere habe ich im großen Kochkessel verbrannt.«
    »Wer hat die Geschichte erfunden – Sie oder er?«
    »Er, Monsieur. Er war sehr klug. Er hat an alles gedacht.«
    »Auch an den Namen?«
    »Auch an den Namen.«
    »Und wie lautete sein richtiger Name?«
    Sie zögerte. »Seine Papiere waren verbrannt, und er hat mir nie etwas

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