Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten
Aktion gestartet, die wir uns von ihnen erhofft hatten», fasste Bungo zusammen. «Aber wie es scheint, haben wir eins nicht bedacht: Sie waren im Besitz eines Leichnams mit Rangabzeichen, Uniform, gültigen Papieren, im Besitz einer vollständigen Identität. Vermutlich haben sie gemeint, wir wüssten nicht, was aus ihm geworden ist, der Leichnam trieb ja im Meer. Aus unserer Sicht galt Brinklow als vermisst, wahrscheinlich tot. Aber manchmal taucht ja einer wieder auf. Lebend zwar sehr selten. Als Gefangener vielleicht.»
«Dann glaubst du», sagte Peter, «dass der deutsche Geheimdienst jemanden in die Identität hat schlüpfen lassen, die wir ihm so bequem geliefert haben, und ihn dann hierher geschickt hat, um sich als Brinklow auszugeben?»
«Die Legende ist gut», sagte Kirk langsam. «Ein Mann, der aus seinem Flugzeug abgesprungen ist, sich den Knöchel gebrochen hat und auf Genesungsurlaub ist. Keiner wird auf die Idee kommen, ihn zu überprüfen. Jedenfalls nicht ich, so viel steht fest. Es ist mir nie die Frage in den Sinn gekommen, ob man auf seinem Stützpunkt Bescheid weiß oder dergleichen.» «Peter, er hat einwandfreies Englisch gesprochen», wandte Harriet ein.
«Das will nichts heißen. Ich habe auch mit ein paar preußischen Spitzen studiert. Es gibt allerlei Verbindungen zwischen uns und Deutschland.» «Sie glauben also», sagte Kirk, «was da bei mir im Leichenschauhaus mit durchgeschnittener Kehle liegt, ist kein britischer Flieger, sondern ein deutscher Spion.» «So weit können wir uns der Sache wohl gewiss sein», bestätigte Bungo. «Und das bringt uns in große Schwierigkeiten. Denn wir wissen nicht, was er hier gemacht hat. Wir sind ihm zu spät auf die Schliche gekommen.»
«Was wäre mit ihm geschehen, wenn Sie ihn rechtzeitig enttarnt hätten?», fragte Harriet.
«Er wäre an einen bestimmten geheimen Ort gebracht worden, wo man ihm angeboten hätte, komplett auszupacken und, wenn er das Zeug dazu gehabt hätte, sich ‹umdrehen› zu lassen und als Doppelagent tätig zu sein.»
«Und wenn er nicht geredet hätte? Sich nicht hätte umdrehen lassen?»
«Es gibt nur wenige, die widerstehen. Man versichert mir, es wird ihnen kein Haar gekrümmt, es ist alles Psychologie. Aber ein paar unerschütterlich Standhafte gibt es doch. Spione werden bei uns letzten Endes gehenkt», sagte Bungo.
«Es wäre sehr wichtig herauszubekommen, woran er gearbeitet hat. Warum er hierher gekommen ist, mit anderen Worten. Aber fragen können wir ihn jetzt nicht mehr», sagte Peter. «Noch wichtiger jedoch ist», meinte Bungo, «den Feind nicht wissen zu lassen, dass er tot ist. Wenn sie das wissen, setzen sie einen anderen auf seinen Auftrag an, und wir merken überhaupt nichts davon.»
«Tja, aber wie soll ich das geheim halten?», rief Superintendent Kirk verzweifelt. «Wir sind in George Withers' Garten auf eine Leiche gestoßen, und der war wie ein geölter Blitz in der Kneipe, um die Neuigkeit loszuwerden. Der Ort redet von nichts anderem mehr.»
«Glauben Sie, George Withers hat gesehen, um wen es sich bei dem Toten handelt?», fragte Peter. «Wohl kaum. Er hatte nur die Füße freigelegt, da hat er schon nach der Polizei geschrien.»
«Und Sie haben den Fundort dann abgesperrt und die Leiche wie üblich zugedeckt weggebracht?» «Alles genau nach Vorschrift, Mylord.»
«Dann wären also die Einzigen, die sicher wissen, wer gefunden wurde, die hier Anwesenden und Ihre Constables? Und auf deren Verschwiegenheit können Sie sich doch verlassen, wenn Sie sie darauf einschwören?»
«Die wissen, dass es sie ihren Job kostet, wenn sie etwas ausplaudern.»
«So weit, so gut», sagte Bungo.
«Weit wären wir ja wohl noch nicht», rief Kirk aufgeregt. «Es kommt eine Untersuchungsverhandlung auf mich zu, und ich muss jeden in der Angelegenheit befragen, und …»
«Genau. Das ist ein ernstes Problem», räumte Bungo ein. «Ich würde nicht davon ausgehen, dass ein feindlicher Spion in der Krone sitzt. Wenn es natürlich im Ort noch einen Komplizen gab, wird der schon seinen Bericht an den Betreuer losgeschickt haben. Wenn nicht, können wir noch etwas herausholen. Es wird keine Ermittlungen geben, Superintendent. Wir sorgen dafür, dass der Untersuchungsrichter lediglich die Identität feststellt. Ein R.A.F.-Offizier wird erscheinen, um die Leiche zu identifizieren. Der Paggleham Crier kann über die Verhandlung berichten, wird aber zufällig den Namen des Verstorbenen falsch schreiben.
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