Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten
Gleichwohl habe ich von allerhöchster Stelle grünes Licht für das Gespräch der hier Anwesenden erhalten. Aber ich muss Sie darauf hinweisen, dass alles strengster Geheimhaltung unterliegt. Eine Indiskretion liefe auf Hochverrat hinaus.»
«Bungo, ich glaube, wir beide sind die Einzigen, die wissen, worum es hier geht», sagte Peter. «Soll ich es erklären, oder willst du?»
«Ach, tu du, was nötig ist, alter Junge. Du bist der Detektiv.»
«Gut, also, los geht's. Superintendent, als Sie herkamen, um Harriet zu informieren, dass Sie Brinklow gefunden haben …»
«Da wussten Sie schon, dass er tot war! Noch ehe ich es Ihnen gesagt hatte. Ich kann mir aber nicht erklären, wie das möglich sein sollte, und niemand sagt es mir.»
«Ich habe den Namen wiedererkannt. Er wurde als Beispiel einer erfolgreichen Abwehraktion angeführt, und zwar auf der Manöverkritik nach meinem jüngsten Ausflug …»
«Bleib bei der Sache, Wimsey», mahnte Bungo. «Wenn ich mich nicht irre, hat es sich folgendermaßen abgespielt – Bungo wird mich korrigieren, wo ich mich täusche: Alan Brinklow flog einen Aufklärer, er war ein erfahrener und tapferer Pilot. Sein Flugzeug wurde über der Nordsee abgeschossen, und er musste mit dem Fallschirm aussteigen. Nachdem er jedoch stundenlang im Wasser getrieben war, starb er an Unterkühlung. Eins unserer Patrouillenboote, das in geheimer Mission unterwegs war, hat ihn herausgefischt. Als man den Leichnam fand, waren Brinklows sämtliche Papiere in den Taschen. Und zur gleichen Zeit war etwas im Gange – keine Angst, Bungo, mehr verrate ich nicht –, etwas von äußerster Wichtigkeit, worüber wir den Feind in die Irre führen wollten. Der Kapitän des Patrouillenboots entschloss sich, in Brinklows Taschen einige zusätzliche Papiere zu deponieren. Sie waren nicht sonderlich geschickt gemacht, weil sie in aller Eile an Bord fabriziert werden mussten, und man entschied sich für primitiv verschlüsselte Briefe, die Brinklow anwiesen, über einem besetzten Land abzuspringen und sich da und da hinzubegeben und einem Soundso Befehle zu überbringen. So weit in Ordnung, Bungo?»
Bungo nickte, und Peter berichtete weiter. «Das Patrouillenboot fuhr nah an die Küste und warf den Leichnam über Bord, in der Hoffnung, dass er an einem passenden Strand angespült würde. Und so kam es. Die Deutschen reagierten auf die gefälschten Befehle, die Brinklow bei sich trug. Man beglückwünschte sich gegenseitig und den Kapitän des Patrouillenboots zu diesem gelungenen Coup. Und nun … Ich war begreiflicherweise wie vom Donner gerührt, als ich hörte, dass Superintendent Kirk nicht nur nach Brinklow gesucht, sondern ihn auch noch in Paggleham unter der Erde gefunden hat. Weißt du, Harriet», fügte er mit missmutiger Miene hinzu, «ich fürchte, wir werden auf eine abgelegene Hebrideninsel ziehen müssen und fürderhin auf einem einsamen Felsen hausen. Wo immer wir aufkreuzen, scheinen unsere Nachbarn von Leichen heimgesucht zu werden.»
«Verstehe ich das also richtig», sagte Superintendent Kirk. «Sie sagen, der Bursche mit dem gebrochenen Knöchel, der die ganze Zeit in Paggleham gewohnt hat, war nicht der echte Brinklow?»
«Ausgeschlossen, so ist es», antwortete Bungo. «Und wer soll er, bitte schön, sonst gewesen sein?», rief Kirk. «Sie sagen mir de facto, dass ich die falsche Leiche habe. Was fange ich jetzt an?»
«Um genau dieses Problem zu lösen, sitzen wir hier zusammen, alter Knabe», antwortete Peter. «Was ist mit seinen Papieren?»
«Die habe ich hier, wie Sie wünschten, Mylord.» Kirk zog eine Mappe aus seiner Aktentasche und schüttete ein Häuflein Dokumente auf den Tisch. «Ich muss Sie bitten, nichts anzufassen», sagte er. «Fingerabdrücke.» «Bunter, wie steht es mit unserem Vorrat an Baumwollhandschuhen?», fragte Peter.
«Ich werde nachsehen, Mylord. Vor unserer Abreise hatten wir noch welche.»
Sie saßen um den Tisch und starrten auf den Inhalt von Brinklows Taschen. Harriets Blick lag auf einem ziegelfarbenen Faserplättchen an einer Schnur, in das der Name, eine Nummer und «RC» eingeprägt waren. Darum also haben wir ihn in der Kirche nie getroffen, dachte sie.
Eine Art Ausweis lag dabei, beschriftet mit «R.A.F. 1250».
Bunter kam zurück, legte ein Paar weiße Handschuhe auf den Tisch und sagte leise zu Harriet: «Lord St. George ist da, Mylady. Soll ich ihn bitten, im Arbeitszimmer zu warten?» «Ja, das wird das Beste sein.»
«Wo ist
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