Wind - Das Bündnis der Elemente (German Edition)
habe nur Hunger und Durst.“, meinte er. Dann löste er sich aus dem Griff seiner Mutter und zog sich auf einen der Holzstühle am runden Küchentisch. Sein Vater saß ebenfalls daran, in den Händen seine große Zeitung, die allmorgendlich gelesen wurde. Nun faltete er sie zusammen und sah seinen Sohn stolz an.
„Einen Menkel wirft doch so leicht nichts um, oder?“, fragte er und ignorierte den warnenden Blick seiner Frau. „Mein Sohn steckt das weg. Es ist ja nicht die erste Verletzung, die er sich zuzieht.“
Das stimmte. Collin war schon so oft in seinem Leben verletzt gewesen, dass er sich fast anormal fühlte, wenn er keinen Knochenbruch, keine Prellung oder Platzwunden hatte. Es lag nicht daran, dass er unvorsichtig war. Schon als kleiner Junge war er einfach zu neugierig gewesen, was ihm eben immer wieder zum Verhängnis geworden war.
„Vater hat recht.“, sagte er zu seiner Mutter, als sie ihm ein Toastbrot schmierte und ihm Orangensaft zu trinken gab. „Es geht mir gut und es ist ja weiter nichts passiert. Bitte, du darfst Elijah nicht verklagen.“
„Du hast eine Platzwunde. Und das nur, weil er am Barren nicht aufgepasst hat und du deshalb gefallen bist! Das hat er selber zugegeben.“, sagte seine Mutter. Nein, sie sagte es nicht, sie schnaubte es durch ihre Nase. „Dann darfst du doch nicht erwarten, dass ich das einfach so hinnehme!“
Collin rutschte unruhig auf seinem Platz hin und her. Sein Vater hatte sich hinter der Zeitung vergraben. Sein Sohn fühlte sich von ihm im Stich gelassen. „Nein, das nicht. Aber ich bin sicher, Elijah hat das nicht... mit Absicht getan.“ Er war sich dessen allerdings nicht sicher. Seiner Meinung nach hatte Elijah ihn ernsthaft fallen lassen, um ihn zu beseitigen. Dennoch fühlte er einen Stich, wenn er daran dachte. Der Student war ihm so sympathisch geworden seit gestern und er wusste nicht, woran das lag. Immerhin hatte er den verletzten Collin zum Arzt und dann auch nachhause gebracht, das hatte seine Mutter eben gesagt. Irgendwie fragte er sich, ob Elijah ihm tatsächlich Böses wollte. „Bitte, Mum, lass ihn doch in Ruhe.“, bat er seine Mutter. „Weißt du, Elijah ist sehr nett. Und... ich glaube, wir könnten sogar Freunde werden, wenn du ihn jetzt nicht verklagst.“
Frau Menkel kleckerte Marmelade auf ihr eigenes Brot und seufzte dann. „Na gut, Collin. Wenn du dir sicher bist, dass du das so willst. Dann werden wir dabei bleiben.“
„Wie schön, dass du zur Vernunft kommst.“ Sein Vater faltete die Zeitung zusammen und traute sich jetzt endlich weiter zu frühstücken. „So etwas kann schon passieren.“
Collins Blick wanderte auf die zwei Reisetaschen neben dem Tisch. „Wo wollt ihr denn hin?“, fragte er seine Eltern neugierig. „Ich meine, ihr habt mir gar nicht gesagt, dass ihr weg wollt.“
Seine Mutter trank einen Schluck Kaffee und blitzte seinen Vater an. Dieser seufzte resignierend. „Nein. Collin, das hat sich auch kurzfristig ergeben. Meine Schwester hat heute Morgen angerufen.“
Tante Bettina. Um Himmels willen! Wenn Tante Bettina heute vorbei kam, sollte er sich nicht im Haus aufhalten. Sie war von der Sorte, die sehr angenehm war, wenn sie weit weg war und man sie nur einmal im Monat anrufen musste. Seine Tante war der Typ Mensch, der immer über alles bestimmen musste. Er erinnerte sich noch sehr genau an Opa Gerhards siebzigsten Geburtstag, wo Tante Bettina zu ihnen gekommen war, um ihnen zu ,helfen‘. Das ganze Haus hatte nach Putzmittel gerochen. Alle hatten so lustige kleine Plastiktüten für die Schuhe bekommen, weil niemand das Haus wieder dreckig machen durfte. Weiterhin hatte sie sich um die Garderobe für Collin gekümmert und der war dem hellblauen Anzug mit den rosa Streifen nur knapp entkommen.
„Ich will nicht.“, sagte er deshalb sofort. Das Brot aus seinen Fingern fiel auf den Teller.
Sein Vater blickte ihn erstaunt an. „Nein, nein.“, sagte er dann. „Wir sagten ihr, du bist krank und könntest nicht mitkommen. Sie ist doch in die neue Wohnung gezogen und braucht Hilfe beim Umstellen der Möbel. Wir werden das Wochenende bei ihr übernachten und ihr zur Hand gehen. Du solltest hier bleiben und dich ausruhen. Wir lassen dir Bettinas neue Nummer da, so kannst du uns immer anrufen, wenn irgendetwas ist.“
„Der Kühlschrank ist auch voll.“, nickte seine Mutter. Dann deutete sie auf einen Zettel an der Pinnwand, durch den eine Nadel mit rotem Kopf gejagt war.
„Und das dort ist ein
Weitere Kostenlose Bücher