Wind - Das Bündnis der Elemente (German Edition)
keine klare Absprache gewesen. Eher so etwas wie eine stille Übereinkunft, das Geschehene zu verdrängen und weiter um die Seelen zu kämpfen. In der Unterzahl waren sie auch schon vor Marks Verrat gewesen. Und dann war der Wächterzwerg aufgetaucht und hatte sie alle aus ihrem Dämmerzustand geholt. Er hatte ihnen ziemlich deutlich gesagt, was er von der ganzen Sache hielt und es war ihnen wie Schuppen von den Augen gefallen. Wie ein Schleier, den der Zwerg beiseite riss, um ihnen das Dahinterliegende zu präsentieren.
Aber Collin wusste nicht, ob ihm das, was sie hinter dem Schleier gefunden hatten, wirklich gefiel. Mark war nur knapp eine Woche bei den Windlern gewesen. Und dennoch musste es einen Grund für sein Fehlen gegeben haben. Etwas, das nicht sehr leicht zu vergessen war, sonst hätte er es schon längst getan.
Es war wie ein Stück von einem Mosaik, das man fand. Nur wusste er nicht, wohin das fehlende Teil gehörte. Was war, wenn Mark sie betrog, ihre Gutgläubigkeit ausnutzte und in Wahrheit für die Windler spionierte? Aber was sollten diese nun noch von ihnen wollen? Es gab nichts mehr bei ihnen zu holen. Selbst den Zylinder hatte Mark ihnen überlassen. Denn er hatte ihn zuletzt besessen. Gut möglich, dass Herr Austen bereits an seiner Maschine schraubte und ihrer aller Untergang vorbereitete.
Noch mehr beschäftigte ihn allerdings die Frage, was Mark gesehen hatte. Angenommen, er war kein Spion. Was war es, das ihn zu den Elementen zurückgebracht hatte? Es musste etwas Grauenvolles gewesen sein und Line hatte das Gefühl, nicht mehr lange im Dunkeln tappen zu müssen. Bald schon würde er es erfahren. Seine Augen wanderten zu der Uhr auf seinem Nachttisch. Es war fast drei Uhr morgens und er hatte noch überhaupt gar nicht geschlafen! Wütend knüllte er sein Kissen zusammen. Viel zu viele Gedanken rasten ihm durch den Kopf. Doch er brauchte den Schlaf. Morgen würde einiges zu tun sein und das ging nicht, wenn er vollkommen unausgeruht war. Bei dem Gedanken an morgen gruselte es ihn. Die Studierenden mussten in ihre Wohnung zurück, das war klar. Wenn seine Eltern nächsten Samstag auftauchten, würde es schwer zu erklären sein, wieso vier Studierende und ein Zwerg in Schlafsäcken auf ihrem Teppich schliefen. Das Gesicht seiner Mutter erschien vor seinem inneren Auge, in Anbetracht Grimbolds, der sich mit dem Küchenmesser den Bart rasierte. Unwillkürlich musste er grinsen. Fast sofort rief er sich zur Ordnung. Nein, die Elemente mussten hier raus. Doch in deren Wohnung wartete ein toter Hund, den man beseitigen musste. Es würde schwer werden. Collin wünschte sich, dass Mark nicht morgen schon aufbrechen und alles wieder herrichten wollte. Dann könnte er sich noch eine Zeitlang vor dem Grauen drücken.
Wieder verharrte er. Mark konnte ihnen gar nichts befehlen. Er war nicht mehr der Anführer der Elemente. Es war etwas, das er sich wieder erkämpfen musste. Keinesfalls würden sie ihm so vertrauen wie früher.
Erneut blickte er auf die Uhr. Eine weitere Stunde war an ihm vorbeigegangen, ohne dass er eingeschlafen war. Nun reichte es ihm. Sein trockener Hals forderte ihn auf, den warmen Schlafsack zu verlassen und sich etwas zu trinken zu holen. Und er fand, dass er danach sicher besser einschlafen würde.
Und so erhob er sich leise, um El nicht zu wecken. Das Schnarchen neben sich ließ ihn aber wissen, dass dem nicht so war. Er hatte gar nicht gewusst, wie laut das Feuer sein konnte, wenn es so tief schlief.
Er schlich in den Flur zum Treppenabsatz und stieg über Grimbold hinweg. Der Zwerg hatte den Schal seiner liebsten Fußballmannschaft umklammert und murmelte im Schlaf Kommandos.
„Flanke decken und dann nach rechts vorstürmen...“ Er drehte sich. „Kommt schon, ihr Weicheier. Bewegt euch, schließlich haben wir nicht so viel Zeit... Ja, meine Damen, ich gehöre zu ihnen...“ Es war unklar, ob er im Traum eine Schlacht führte oder ein Spiel austrug. Vermutlich beides.
Das Notlicht auf der Treppe war eingeschaltet. Sein Vater hatte es erst vor einem Monat aufgehängt, aus Angst, seine Familie würde im Dunkeln stürzen. Nun erfüllte das grünliche Licht die Stufen und leitete ihn sicher bis zum Flur. Dort wollte er außen durch die Diele am Wohnzimmer vorbei laufen, doch er sah einen Lichtschein. Verwundert warf er einen Blick auf die zwei Hügel zu seinen Füßen.
Nein, Sasha und Margarete lagen hier und schliefen seelenruhig. Sie waren dicht zusammen gerückt und
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