Wind der Gezeiten - Roman
Bewegungen die Bartstoppeln abschabte. Sein Hinterkopf drückte sich dabei immer leicht gegen ihre Brüste, und der Geruch seines Haares stieg ihr in die Nase. Er wusch es regelmäßig und kämmte es mit ein paar Spritzern Bayrum glatt. Seine Hemden rochen nach Sandelholz, wofür sie verantwortlich war, weil sie Stücke davon in seine Wäschetruhe legte. Alles an ihm war ihr so vertraut. Sie hätte unter hundert Männern blind die Konturen seines Kopfes und seiner Schultern ertasten und sagen können, dass er es war.
Sie liebte ihn mit solcher Inbrunst, dass sie für einen Kuss hätte sterben mögen. Unwillkürlich gingen ihre Gedanken zu Akin, dessen Gefährtin sie im vorigen Jahr eine Zeit lang gewesen war. Eingefangen von dem seltsamen, heidnischen Voodoo-Zauber seines Volkes, hatte sie seine Visionen geteilt, eine fremde Magie, die mit seinem Tod erloschen war. Sie hatten zusammen geweint, als sie das Kind verlor, das sie von ihm trug, und er hatte ihr geschworen, sie nach Afrika zu bringen, in seine Heimat. Und sie hatte zugestimmt, weil sie wegwollte. Weg von William. Doch dann war alles anders gekommen. Sie hatte hilflos zusehen müssen, wie Akin auf dem Scheiterhaufen verbrannte, den Harold Dunmore aufgeschichtet und in Brand gesteckt hatte. Sie hatte Dunmore dafür erdolcht, ihren eigenen Vater, doch den Anblick der züngelnden Flammen und die gellenden Todesschreie von Akin war sie dadurch nicht losgeworden, ebenso wenig wie die Schuldgefühle. Hätte sie Akin nicht in seinen Fluchtplänen bestärkt und unterstützt, hätte er nicht den Aufstand angezettelt, der ihn letztlich das Leben gekostet hatte.
All diese Gedanken schossen ihr durch den Kopf wie aufgescheuchte Kolibris, während William näher kam.
» Verzeih « , sagte er. Seine Stimme war heiser. » Ich wusste nicht, dass… « Er stockte. Die Hose hing ihm tief auf den Hüften, der Gürtel hatte sich gelockert, als er vorhin das Hemd ausgezogen hatte. Sie sah nichts, was sie nicht schon vorher gesehen hatte. Wenn sie ihn rasierte, war sein Oberkörper häufig nackt, und sie hatte oft genug im Vorbeigehen mitbekommen, wie er in den Badezuber stieg, den die Hausdiener für ihn vorbereitet hatten. Doch diesmal war alles anders. Sie sah das leichte Gekräusel seiner Brustbehaarung und die ausgeprägten Bauchmuskeln zum ersten Mal auf eine Weise, dass es ihr den Atem verschlug. Vielleicht lag es auch an seinem Gesicht. Es war aufgewühlt, voller unverstellter Emotionen. Sehnsüchtige Begierde stand in seinen Augen, aber auch hilflose Wut, als schämte er sich dafür, dass er so fühlte.
Sein Blick glitt über ihren Körper, er erfasste alle Einzelheiten ihrer Nacktheit. Das war der Augenblick, in dem er sich hätte zurückziehen müssen, doch er tat es ebenso wenig, wie sie sich bedeckt hatte. Zögernd kam er näher, als wäre jeder Schritt eine Qual. Celia setzte sich ruckartig in Bewegung und ging ihm entgegen, denn sie wusste: Wenn er jetzt stehen blieb, würde er sich besinnen und weggehen. Doch sie täuschte sich. Seine Schritte beschleunigten sich, und einen Moment darauf war er bei ihr und riss sie in seine Arme. Sie küssten sich hitzig und mit solcher Gier, wie Celia es sich in ihren wildesten Träumen nicht hätte ausmalen können. Seine Hände fuhren über ihren Rücken, er umfasste ihre Hinterbacken und drängte sie rückwärts zu dem großen Stapel gebrauchter Bettwäsche, die neben dem Zuber lag. Eng umschlungen sanken sie darauf nieder. Er hörte nicht auf, sie zu küssen, streichelte ihr Haar, ihren Hals, ihre Brüste. Sie spürte die rauen Schwielen an seinen Händen und die köstliche Schwere seines Körpers auf dem ihren und hätte weinen können vor überschäumendem Glück. Er stützte sich mit den Ellbogen rechts und links von ihren Schultern auf, und sie spreizte die Beine, sodass sein Unterleib gegen den ihren drängte. Ungeduldig nestelte sie an dem Verschluss seiner Hose, die gleich darauf wie von selbst zur Seite glitt. Sein großes, hartes Glied sprang ihr entgegen, sie umfasste es mit beiden Händen, während er, seinen Mund immer noch auf dem ihren, scharf einatmete. Seine Zunge schmeckte nach der Melasse, die er in der Zuckersiederei probiert hatte, und auch ein wenig nach Pfeifentabak. Manchmal nahm er bei der Arbeit zwischendurch ein paar Züge. Er rauchte noch nicht lange, hatte aber zusehends Gefallen daran gefunden.
Sein Geschmack und sein Geruch machten sie wahnsinnig, sie keuchte vor Verlangen und führte die
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